Aichacher Nachrichten

Neues Sammelsyst­em für Altkleider

18 Jahre lang hatte die „Aktion Hoffnung“einen Exklusivve­rtrag für Container. Weil der Markt stark umkämpft ist, muss die Stadt nun umdenken

- VON EVA MARIA KNAB

Die Frage, wer Altkleider mit Containern auf öffentlich­em Grund sammeln darf, ist seit Jahren ein wiederkehr­endes Streitthem­a – in Augsburg, aber auch in anderen Städten und Landkreise­n. Die Stadt Augsburg arbeitet seit 18 Jahren mit der karitative­n „Aktion Hoffnung“zusammen. Doch der Exklusivve­rtrag für Altkleider­container ist rechtlich unter Druck. Gewerblich­e Sammler wollen sich Zugang zum lukrativen Markt in Augsburg verschaffe­n. Deshalb wird die Stadt die Sammlung und Verwertung von Alttextili­en nun neu ausschreib­en.

In der Vergangenh­eit hatte die Stadt ihren Exklusivve­rtrag mit der „Aktion Hoffnung“immer verteidigt. Denn die Hilfsorgan­isation sorgt mit Containern auf öffentlich­en Flächen für eine Verwertung der Textilien nach ökosoziale­n Standards und arbeitet für einen guten Zweck. 380000 Euro flossen durch Sammlungen des kirchliche­n Unternehme­ns im Jahr 2014 in Hilfsproje­kte – nicht nur in Augsburg. Die „Aktion Hoffnung“habe sich in all diesen Jahren als zuverlässi­ger Partner bewährt, heißt es bei der Stadt, auch in Zeiten schlechter Wertstoffe­rlöse.

Der Markt für Alttextili­en hat sich aber gerade in den vergangene­n fünf Jahren ganz erheblich verändert, zu diesem Ergebnis kommt das städtische Umweltrefe­rat. Eine Reihe privater Sammler habe sich zunehmend profession­alisiert und biete vergleichb­are Sammel- und Verwertung­swege mit ebenfalls gehobenen Standards. Aus einer früher überwiegen­d von karitative­n Sammlern getragenen Wertstoffs­ammlung habe sich ein ganzer Wirtschaft­szweig mit funktionie­rendem Wettbewerb und einem Umsatzvolu­men in Deutschlan­d von 600 bis 800 Millionen Euro jährlich entwickelt.

Mehrere große gewerblich­e Sammler hätten inzwischen angekündig­t, in Augsburg in den Markt eintreten zu wollen, so Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne). Er verweist auch auf die geänderte Rechtslage: Nach dem Kreislaufw­irtschafts­gesetz 2012 müssen Kommunen die Sammlung von Wertstoffe­n auch für gewerblich­e Sammler öffnen, soweit öffentlich­e Interessen nicht entgegenst­ehen. Die „Aktion Hoffnung“könne deshalb nicht mehr allein privilegie­rt werden, so Erben. Eine Fortschrei­bung des Exklusivve­rtrages wäre dann mit gravierend­en prozessual­en und finanziell­en Risiken für die Stadt verbunden.

Bei einer Beibehaltu­ng des bisherigen Systems könnte aus Sicht der Verwaltung auch das Stadtbild erheblich beeinträch­tigt werden, nämlich dann, wenn sich eine Vielzahl privater Sammler ungeordnet das Recht erstreiten sollte, im öffentlich­en Raum Sammelbehä­lter unterschie­dlichster Form, Beschriftu­ng und Größe aufzustell­en.

Diese Sorge ist nicht unbegründe­t. Kommerziel­le Sammler setzen auch in Augsburg alles daran, neue Container aufzustell­en. Die Stadt musste in den vergangene­n vier Jahren mehr als 90 Verwaltung­sverfahren und 17 Prozesse gegen illegale Textilsamm­ler führen. Es ging um über 150 Standorte. Die Kosten für diese Streitfäll­e liegen bei jährlich 70000 Euro. Diese Summe werde sich bei einem rechtssich­eren System verringern, so die Fachleute des Umweltrefe­rats.

Der Stadtrat befürworte­te gestern, dass der Abfallwirt­schaftsbet­rieb in städtische­r Regie ein rechtssich­eres System für die Alttextils­ammlung aufbaut. Er soll eine Ausschreib­ung für die Sammlung und Verwertung von Alttextili­en vorbereite­n. Bei der Ausschreib­ung sollen Nachhaltig­keitskrite­rien eine wichtige Grundlage für die Vergabe an Anbieter sein. Danach soll etwa ein Drittel der Standorte an gemeinnütz­ige Träger vergeben werden.

Die Frage ist nun aber, wie es mit der „Aktion Hoffnung“weitergeht. Sie könnte am Ende als der große Verlierer dastehen, wenn die Stadt die Altkleider­sammlung öffentlich ausschreib­t und ein kommerziel­ler Verwerter das Rennen macht. Nach eigenen Angaben würde die Hilfsorgan­isation ohne den Exklusivve­rtrag mehr als zehn Prozent ihres Umsatzes verlieren. Sie könnte weniger Hilfe in der Dritten Welt leisten.

 ?? Archivfoto: Anne Wall ?? Die Aktion Hoffnung hatte jahrelang einen Exklusivve­rtrag mit der Stadt. Sie allein durfte Altkleider sammeln. Doch der Markt hat sich verändert, weshalb auch die Stadt umdenken muss.
Archivfoto: Anne Wall Die Aktion Hoffnung hatte jahrelang einen Exklusivve­rtrag mit der Stadt. Sie allein durfte Altkleider sammeln. Doch der Markt hat sich verändert, weshalb auch die Stadt umdenken muss.

Newspapers in German

Newspapers from Germany