Im Brandfall wird’s hier gefährlich
Baar diskutiert über die Sanierung des fast 100-jährigen Schulgebäudes. In den Brandschutz will die Gemeinde schnell investieren. Geplant ist ein provisorischer Fluchtweg
Baar Das Architekten-Duo Kurt Hartmann und Cornelia Thümmel brachte in der Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend die Baarer Ratsmitglieder auf den neuesten Stand. In ihrer Präsentation beantworteten sie zwei Fragen zur Baarer Grundschule: Wie ist es um den Energiehaushalt der Schule und um die Brandschutzsicherheit eben dort bestellt? Hartmanns Fazit zur Energiesituation lautete: „Das Gebäude ist für sein Alter nicht schlecht, aber nicht mehr auf dem heutigen Stand.“Das Mindeste, in das die Baarer investieren müssten, sei eine Dämmung der Geschossdecke über dem zweiten Obergeschoss, neue Fenster inklusive Sonnenschutz und eine neue Heizung.
Das Haus wurde 1920 erbaut, die Substanz ist fast 100 Jahre alt. In den Jahren 1961/62 wurde das Gebäude erweitert, umgebaut und unterkellert. Die größten Wärmeverluste entstehen an den Außenwänden, an den Fenstern und an der Decke über dem zweiten Obergeschoss. Zudem werde, so schätzt Hartmann, die Betriebserlaubnis für die Nachtspeicheröfen vermutlich langfristig auslaufen.
Mit Blick auf die Nutzung des Gebäudes als Schule hat der Architekt drei Sanierungsvarianten vor- gestellt und mit einer Preisschätzung versehen. Variante 1 sieht vor, die Fenster samt Laibungen zu tauschen, einen Sonnenschutz anzubringen, die Eingangstür zu erneuern, die Kellerdecke und die Geschossfläche zum zweiten Obergeschoss zu dämmen sowie eine Pelletheizung und eine Lüftungsanlage zu installieren. Kostenschätzung: 283 000 Euro. Variante 2 ergänzt die erste Variante um eine Wärmedämmfassade und neue Fußböden in den Klassenzimmern im Erdgeschoss. Als Heizung wurde hier eine Gas-Brennwert-Heizung kalkuliert. Kostenschätzung: 400 000 Euro. Variante 3 setzt auf dieselben Sanierungsdetails wie Variante 2. Nur Fernwärme statt eine Gasheizung hat Hartmann in diese Kalkulation einfließen lassen. Kostenschätzung: 395000 Euro.
Zum groben Kostenrahmen lieferte Hartmann noch Informationen zu möglichen Förderprogrammen. Interessiert nahmen die Räte die Ausführungen zur Kenntnis. Diesen großen Aufgabenkomplex wollten sie im Anschluss an die Sitzung für sich durchdenken, darüber beraten und im nächsten Jahr einen Fahrplan aufstellen. Schneller musste sie hingegen reagieren, als Thümmel die Brisanz einer Nachrüstung beim Brandschutz deutlich machte: Es gebe Mängel beim ersten und einzi- gen Rettungsweg, der über das Treppenhaus führt. Eine Ausweichmöglichkeit gibt es (zumindest im Obergeschoss) nicht. Mithilfe von Grundrissen der Schule zeigte Thümmel, dass das nicht-abgeschlossene Treppenhaus einen Handlungsbedarf des ersten Rettungswegs auf den Plan rufe. Grundsätzlich können die Personen im Erdgeschoss über die Tür ins Freie gelangen. Auch sieht Thümmel die Möglichkeit, die Kinder aus dem Fenster ins Freie zu heben. Im Obergeschoss hingegen hätten die Kinder keine Chance einem Brand zu entkommen, wenn dieser sich beispielsweise bereits auf der Treppe ausgebreitet hätte.
„Es muss eine Sofortmaßnahme fürs obere Stockwerk geben“, forderte die Architektin und lieferte gleich eine Idee mit: Ein Gerüst, das vor den Fenstern der Klassenzimmer aufgestellt wird, bietet den Kindern – im Falle eines Brandes – die Möglichkeit, aus dem Schulhaus zu kommen. Auch eine kleine Brandmeldeanlage – vernetzte Rauchmelder im Haus – empfiehlt sie dringend. Mit diesen beiden Maßnahmen, die kurzfristig umgesetzt werden, wird gewährleistet, dass auch die Personen im Obergeschoss im Falle eines Brandes ins Freie gelangen und dass jeder umgehend von einer Rauchentwicklung erfährt. Langfristig soll das GerüstProvisorium aber einer anderen Lösung weichen. Entweder, es wird eine zweite Treppe an der Rückseite des Gebäudes angebracht, oder vor den Klassenzimmern wird ein Podest nebst Treppe errichtet. Eventuell wird das finale Konzept noch ein spezielles Dachfenster beinhalten.
Ganz sicher werden einige spezielle Türen nachgerüstet, die einem Feuer möglichst lange standhalten. Und noch eine Hiobsbotschaft hielt Thümmel am Ende ihres Vortrags bereit: Sie empfahl nachdrücklich, einen Elektro-Check zu initiieren. Sollte es zu einer Sanierung kommen, müsste nämlich auch die Elektronik im Haus auf den Prüfstand kommen.
Nach den Vorträgen gab es nur eine kurze Diskussion. Josef Schmidt hätte das Thema gerne im Kontext mit der gewünschten Krippe und dem Kindergarten gesehen. Martin Moser gab zu bedenken, dass mindestens 500000 Euro in ein 100 Jahre altes Haus investiert würden. Christine Winter-Bächer gab zu bedenken, dass die Investitionssumme kleiner wäre, wenn seit 1962 schrittweise und regelmäßig Sanierungsund Modernisierungsmaßnahmen stattgefunden hätten. Vertagt wurde das Thema vorerst auf das nächste Jahr.