Bitte zu Tisch!
Der große Esstisch ist das Zentrum des Familienlebens. Hier isst man nicht nur. Hier spielt, bastelt, redet, streitet und arbeitet man auch. Inzwischen sind richtig lange Tafeln wieder sehr angesagt. Wie viel Platz braucht man dafür?
Es ist angerichtet. An Weihnachten wird er zur Festtafel, unter dem Jahr spielt sich um ihn herum ein wesentlicher Teil des Familienlebens ab: der Esstisch. Bei den Einrichtungstrends verändert sich langsam wieder die Philosophie. Vom Minimalismus und der Einfachheit wandelt sich der Stil gerade in Richtung individuelle Gemütlichkeit. Wer derzeit durch Möbelhäuser geht, sieht häufiger als früher die klassische Tafel wieder im Fokus der Präsentationen. Um den schmalen, aber langen Esstisch hat sich so etwas wie ein kleiner Hype entwickelt.
Bis zu 3,60 Meter lange Möbel sind bei vielen Herstellern ein Standardartikel im Programm. Und inzwischen bieten auch Leuchtenund Stuhlhersteller Produkte an, die eine Tafel in Szene setzen. „Die Tafel passt in das große Thema Kommunikation“, erklärt die Landsberger Trendexpertin Gabriela Kaiser. „Hier kann die ganze Familie noch zusammenkommen.“Es wird gegessen und gelernt, gebastelt, genäht, gespielt. Hier tagt der Familienrat, hier wird auch mal hitzig dis- „Außerdem müssen viele Menschen inzwischen auch zu Hause mal arbeiten, das findet hier statt“, sagt Kaiser. Diese Entwicklung der Esstische zum Zentrum für die Familie hat dazu geführt, dass die Möbel immer größer werden. Und warum dann nicht gleich eine Tafel aufstellen?
Doch nicht jeder hat dafür Platz. Und selbst wenn die Tische an sich gut Platz im Esszimmer finden, heißt das noch lange nicht, dass aus Sicht der professionellen Raumgestaltung der Platz ausreichend ist, betont Kaiser. Die Erklärung: So ein großes, imposantes Möbel braucht auch Raum, um zu wirken. „Das ist vergleichbar: Luxusmöbel wirken nur deswegen so luxuriös, weil sie viel Platz haben.“
So sieht das auch die Oldenburger Einrichtungsberaterin Katharina Semling: „Eine Tafel braucht Platz zum Atmen, genauso wie ein gutes Bild. Daher sollte es relativ luftig um sie sein.“Doch die Designerin betont auch: „Es muss nicht gleich ein hallenartiger Raum sein. Aber drumherum etwas Luft macht wirklich Sinn.“Auch Trendexpertin Kaiser rät, kritisch zu bewerten, ob eine Esstafel wirklich sinnvoll ist – gerade in abgeschlossenen Esszimmern. „In offenen Wohnräumen gibt es dafür aber oft ausreichend Platz, weil sich die Wohnbereiche verschachteln und die Übergänge fließend sind“, ergänzt Kaiser. Den reinen Raumbedarf für einen Tisch kann man berechnen: Der Standard der Möbelindustrie lautet grundsätzlich, für jede Person an einem Esstisch 60 mal 40 Zentimeter Platz einzuplanen. Für eine Familie mit vier Personen hat der Tisch somit am besten ein Mindestmaß von 120 mal 80 Zentimeter.
Einrichtungsberaterin Semling rät allerdings zu 70 Zentimetern Breite und dazu 40 Zentimeter Tiefe für jede Person. „Damit ist genügend Abstand zum Nachbarn gegeben“, erklärt sie. „In der Tischmitte wird ein 15 bis 20 Zentimeter breiter Streifen für Schüsseln, Schalen und Terrinen benötigt, sodass eine Gesamtbreite von 90 bis 100 Zentimeter für einen Esstisch ideal ist.“Für die Tafel empfiehlt sie sogar 100 bis 120 Zentimeter Breite.
Dazu kommen natürlich die Maße der Stühle. Um bequem sitzen zu können, muss an der für die Esskutiert. gruppe vorgesehenen Fläche auch so viel Platz zur Verfügung stehen, dass zwischen Tischplatte und der Sitzfläche von Stuhl oder Bank ein Abstand von 27 bis 31 Zentimetern möglich ist. Das sieht die entsprechende Möbelindustrie-Norm vor.
Des Weiteren ist Raum zum Aufstehen in die Rechnung aufzunehmen, was durch ein Nachhintenschieben des Stuhls geschieht. Hier schlägt die Deutsche Gütegemeinschaft Möbel zusätzliche 30 Zentimeter vor. Und letztlich sollte es für die imposante Wirkung der Tafel ja noch mal etwas Luft um die Möbelgruppe geben: Semling empfiehlt 80 Zentimeter, mindestens sollten es aber 50 Zentimeter sein.
Wer weniger Platz hat, dem empfiehlt Kaiser alles eine Nummer kleiner: „Ein Tisch mit vier bis sechs Plätzen reicht im Alltag“, sagt die Stilberaterin. Und geht es nur darum, ab und an bei Familienfeiern und Essenseinladungen eine größere Gruppe am Tisch unterzubringen, sollte man ein Möbelstück mit Auszieh-Funktion kaufen.
Eine Esstafel braucht auch gute Begleiter: Aktuell modisch sind hier Stühle in einem anderen Stil als der Tisch. Zum Beispiel sehen zu dem leicht archaischen Charakter eines massiven Holztisches Stühle in Weiß und mit Chrom gut aus, findet Trendforscherin Kaiser. Ihr Tipp für den Winter: Auf die Sitzschalen ein Fell oder eine Decke legen, was das Sitzen an sich gemütlicher macht und zugleich ein weiterer Stilbruch auf dem eher clean wirkenden Stuhl ist. Außerdem rät die Einrichtungsexpertin im offenen Wohnraum auf jeden Fall zu einem Teppich und zu einer auffälligen Leuchte für die Möbelgruppe. „Gerade hier ist es nötig, Wohninseln zu schaffen – das gelingt mit Accessoires nach oben und unten.“
Angesagt sind bei den Leuchten über der Tafel Reihungen: also Konstrukte mit mehreren Einzelleuchten, die sich über die Länge des Tisches verteilen. „Das ist auch der Trend bei den Dekorationen: Man stellt nicht nur eine Vase auf den Tisch, sondern drei, vier in Reihe“, ergänzt Kaiser.
Der Raum zum Wirken macht Möbel erst wirklich luxuriös