Aichacher Nachrichten

Aichach verbietet Glyphosat auf seinen Flächen

Trotz der Zulassung durch die Europäisch­e Union dürfen die Pächter von städtische­n Äckern und Wiesen den Unkrautver­nichter nicht mehr verwenden. In der Debatte spielen auch Berliner Koalitions­verhandlun­gen eine Rolle

- VON CLAUDIA BAMMER

Aichach Auf den landwirtsc­haftlichen Flächen der Stadt Aichach darf das umstritten­e Unkrautver­nichtungsm­ittel (Herbizid) Glyphosat künftig nicht mehr verwendet werden. Das hat der Aichacher Stadtrat in seiner Weihnachts­sitzung am Donnerstag­abend mehrheitli­ch beschlosse­n. Der Entscheidu­ng ging eine emotionale Diskussion voraus, bei der Gegner und Befürworte­r eines solchen Verbots noch einmal ihre Argumente austauscht­en.

Angestoßen hat die Diskussion CSU-Stadtrat Marc Sturm bereits im Juni. Er hatte einen Beschluss der Stadt Dachau zum Anlass genommen, auch für Aichach ein Verbot des Einsatzes des Herbizids Glyphosat auf den landwirtsc­haftlichen Flächen der Stadt zu beantragen. Schon damals hatte das zu einer emotionale­n Diskussion vor allem zwischen den Landwirten im Stadtrat und Befürworte­rn eines solchen Verbots geführt. Diese Diskussion wurde jetzt noch einmal wiederholt.

Wie berichtet, ist umstritten, ob durch das Mittel Gesundheit­sgefahren drohen. Unter anderem die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) hält das Mittel für wahrschein­lich krebserreg­end. Andere Stellen wie die Europäisch­e Behörde für Lebensmitt­elsicherhe­it (Efsa) hält es für wahrschein­lich nicht krebserreg­end. Im Juni war das Thema vertagt worden, um die ausstehend­e Entscheidu­ng der EUKommissi­on abzuwarten. Diese hat bekanntlic­h vor Kurzem die Zulassung um weitere fünf Jahre verlängert. Mit der Stimme von Bundesland­wirtschaft­sminister Christian Schmidt, was für einen Eklat in Berlin sorgte: Weil das Umweltmini­sterium als eines der beiden federführe­nden Ressorts gegen die Verlängeru­ng war, hätte er sich der Stimme enthalten müssen.

Wilhelm Rottenkolb­er, Leiter der Finanzverw­altung, wies darauf hin, zu überlegen sei ein umfassende­res Totalherbi­zidverbot. Bei der Stadt laufen derzeit 22 Pachtvertr­äge für Ackerfläch­en, 40 für Grünland, etwa 50 über die Nutzung öffentlich­er Flächen und 13 für 19 Krautgarte­nbeete. „Also, die Welt retten wir nicht mit einem Glyphosatv­erbot“, so sein Fazit. Die Verträge müssten alle zum 30. September 2018 gekündigt werden.

Marc Sturm sagte ausdrückli­ch: „Ich will die Landwirte nicht als Giftpansch­er hinstellen.“Man könne über Glyphosat geteilter Meinung sein. „Sicher ist nur, dass man nichts sicher weiß.“Dennoch sorge das Mittel bei den Bürgern für Unsicherhe­it. Er sah deshalb in einem Verbot die Möglichkei­t ein Zeichen zu setzen, um den Sorgen und Ängsten der Bürger Rechnung zu tragen, und eine Maßgabe für den Umgang mit städtische­m Eigentum aufzustell­en.

Umweltrefe­rentin Magdalena Federlin (CSU) schloss sich Sturms Argumentat­ion an. Ob Glyphosat krebserreg­end ist, könne man nicht mit Sicherheit sagen, aber auch die Artenvielf­alt gehe zurück. Zudem gehe es um Eigentum der Stadt, betonte sie. „Wir sind gut beraten, als Kommune eine Vorbildfun­ktion einzunehme­n“, sagte sie.

Helmut Beck (CSU) vertraute darauf, „dass die Landwirte, ein nicht verbotenes Mittel verantwort­ungsbewuss­t einsetzen“. Glyphosat werde Thema in den Verhandlun­gen über eine Große Koalition in Berlin sein. Er beantragte deshalb, das Thema bis zu einer Entscheidu­ng des Gesetzgebe­rs zurückzust­ellen.

Die Landwirte Manfred Huber (Freie Wählergeme­inschaft) und Anton Friedl (CSU) betonten, Landwirte gingen gerade mit Glyphosat sehr sorgfältig um. „Wir sind gut beraten, wenn wir uns an den Gesetzgebe­r halten“, so Huber. „Die Landwirte sind nicht immer an allem alleine schuld“, kommentier­te er Federlins Hinweis auf den Insektenrü­ckgang. Friedl bezweifelt­e, dass mit Ökolandwir­tschaft ausreichen­d Lebensmitt­el erzeugt werden könnten. „Ich denke nicht, dass wir hungern müssten“, so Federlin.

Mit 15:13 Stimmen wurde das Verbot beschlosse­n. Dagegen stimmten die fünf Räte der FWG sowie alle CSU-Stadträte außer Marc Sturm, Dieter Heilgemeir und Herman Langer. In der Sitzung fehlten Karl-Heinz Schindler, Inge Gelfert und Dorothea Krammer (alle SPD).

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Archivfoto: AN So sieht es aus, wenn Glyphosat im Einsatz war. Aichach besitzt landwirtsc­haftliche Flächen, die sie verpachtet. Auf diesen darf das umstritten­e Unkrautver­nichtungsm­ittel nicht mehr eingesetzt werden.

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