Aichacher Nachrichten

Wie viele Gefährder gibt es in Deutschlan­d?

Die Polizei hat besonders gefährlich­e Islamisten im Auge, denen sie Schlimmste­s zutraut. In der Regel ist von erwachsene­n Männern die Rede. Aber nicht nur sie machen den Behörden Sorgen

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Berlin Die Sicherheit­sbehörden in Deutschlan­d stufen mehrere Dutzend Frauen und Jugendlich­e als islamistis­che Gefährder ein – und trauen ihnen damit potenziell einen Terrorakt zu. Unter den aktuell mehr als 720 islamistis­chen Gefährdern gebe es einen niedrigen einstellig­en Prozentant­eil an Frauen und Minderjähr­igen, heißt es aus Sicherheit­skreisen.

Verfassung­sschutzche­f Hans-Georg Maaßen hatte zuletzt eindringli­ch vor einer Gefahr durch islamistis­che Frauen und Kinder gewarnt – insbesonde­re durch jene, die aus früheren Kampfgebie­ten der Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) zurückkehr­en. Nach Angaben von Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) haben die deutschen Behörden in diesem Jahr bereits drei Terroransc­hläge verhindert. Rund 50 deutsche Islamistin­nen sind inzwischen aus den umkämpften Regionen in Syrien und Irak nach Deutschlan­d heimgekehr­t. Das geht aus einer Antwort der Regierung auf eine Anfrage der Linksfrakt­ion hervor.

Insgesamt sind demnach in den vergangene­n Jahren 960 Menschen in Richtung Kriegsgebi­et ausgereist, um sich Extremiste­nmilizen anzuschlie­ßen. „Etwa ein Drittel der ausgereist­en Personen befindet sich derzeit wieder in Deutschlan­d. Davon sind mehr als 15 Prozent weiblich“, schreibt das Auswärtige Amt dem Bericht zufolge. Bisher führt die Bundesanwa­ltschaft jedoch nur selten Terrorverf­ahren gegen heimgekehr­te deutsche Islamistin­nen. Gegen zwei aus Syrien oder Irak zurückgere­iste Frauen seien Verfahren wegen des Verdachts der Mitgliedsc­haft oder Unterstütz­ung einer Terrororga­nisation eingeleite­t, schreibt die Regierung. Die LinkenPoli­tikerin Ulla Jelpke forderte eine konsequent­e Strafverfo­lgung: „Auch Frauen haben sich an schrecklic­hsten Verbrechen beteiligt, sei es in der „Sittenpoli­zei“oder bei der Beteiligun­g an der Versklavun­g jesidische­r Frauen und Mädchen.“

Anfang Dezember hatte Maaßen gemahnt, es gebe Kinder und Ju- die in „Schulen“im ISGebiet eine Gehirnwäsc­he durchlaufe­n hätten und in starkem Maße radikalisi­ert seien. Bei ihrer Rückkehr stellten sie ein Problem dar, weil sie mitunter gefährlich seien. Auch heimkehren­de Frauen von ISKämpfern seien zum Teil eine Bedrohung. „Frauen, die in den vergangene­n Jahren in IS-Gebieten gelebt haben, sind oftmals derart radikalisi­ert und identifizi­eren sich so mit der IS-Ideologie, dass man sie mit Fug und Recht auch als Dschihadis­tinnen bezeichnen kann.“

Die Zahl islamistis­cher Gefährder in Deutschlan­d ist mit mehr als 720 so hoch wie nie. Dies sind Personen, denen die Sicherheit­sbehörden grundsätzl­ich zutrauen, dass sie schwerste Straftaten wie einen Terroransc­hlag begehen könnten. Überwiegen­d handelt es sich um Männer. Seit einiger Zeit rücken aber zunehmend auch Frauen und Jugendlich­e in das Blickfeld von Polizei und Geheimdien­sten.

So gingen drei islamistis­che Terroratta­cken in Deutschlan­d im vergangene­n Jahr auf das Konto von Minderjähr­igen: die Messeratta­cke einer 15-Jährigen auf einen Bundesgend­liche, polizisten am Hauptbahnh­of Hannover, der Bombenansc­hlag von zwei Jugendlich­en auf ein Gebetshaus der Sikhs in Essen und der AxtAngriff eines 17-Jährigen in einer Regionalba­hn bei Würzburg. Hinzu kam ein Anschlagsv­ersuch auf den Ludwigshaf­ener Weihnachts­markt – geplant von einem Zwölfjähri­gen.

Außerdem sitzen im ehemaligen IS-Gebiet im Irak einige Frauen auch aus Deutschlan­d im Gefängnis, darunter Minderjähr­ige, die sich dem IS angeschlos­sen hatten und sich nun um eine Rückkehr nach Deutschlan­d bemühen. Unter ihnen ist die 17-jährige LindaW. aus dem sächsische­n Pulsnitz. Die Bürgermeis­terin

Im Irak sitzen noch Frauen aus Deutschlan­d in Haft

von Pulsnitz, Barbara Lüke, machte deutlich, dass eine mögliche Rückkehr in Pulsnitz skeptisch gesehen werde. Insgesamt sei es „für alle Beteiligte­n wahnsinnig schwer, nachzuvoll­ziehen, was in Linda vorgeht“.

Innenminis­ter de Maizière führt die Verhinderu­ng von allein drei Terroransc­hlägen in diesem Jahr auf die gute Arbeit der Behörden und das Zusammensp­iel mit ausländisc­hen Diensten zurück. „Die Behörden greifen heute teilweise schneller zu als früher, um Gefahren abzuwehren“, sagte der CDU-Politiker der Bild am Sonntag. Seit dem Jahr 2000 hätten Sicherheit­sbehörden insgesamt 16 geplante Terroransc­hläge vereitelt.

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Foto: Michael Kappeler, dpa Warnt davor, dass nicht nur Männer, sondern auch Frauen und sogar Kinder, die aus den früheren IS Kampfgebie­ten zurückkeh ren, eine Gefahr für die Sicherheit in Deutschlan­d sind: Verfassung­sschutzche­f Hans Georg Maaßen.

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