Aichacher Nachrichten

Wenn die Krankenkas­se mehr Geld will

Zum Jahresende bekommen viele Privatvers­icherte Post: Die Beiträge werden erhöht. Aber woran liegt das? Und wie können Verbrauche­r bessere Verträge für sich aushandeln?

- VON HERBERT KELLER

Augsburg Viele privat Krankenver­sicherte erhalten in diesen Tagen wieder einmal Post von ihrer Versicheru­ngsgesells­chaft. Der Inhalt sind keine frommen Weihnachts­grüße oder gute Neujahrswü­nsche, sondern die Beitragser­höhung, auch „Anpassung“genannt. Im Einzelfall können sich die Beiträge um bis zu 30 Prozent erhöhen. Rückfragen bei der privaten Krankenkas­se, was genau denn in dieser unmäßigen Größenordn­ung angepasst werden muss, bleiben in aller Regel ohne befriedige­nde Antwort. Was also ist der Grund für die Erhöhung?

Ganz einfach: Die Ursache ist die sogenannte „Vergreisun­g“der Tarife. Alle in einem Tarif Versichert­en müssen diesen Tarif gemeinsam finanziere­n. Wenn die Versicheru­ng diesen Tarif aber für Neuaufnahm­en, also junge, gesunde Mitglieder schließt, dann entsteht eben dieser Effekt der Vergreisun­g. Die Versichert­en in dieser abgeschlos­senen Tarifeinhe­it werden zusammen älter und kränker, verursache­n dadurch immer noch höhere Kosten und die einzige Lösung ist die Beitragser­höhung. Da man mit teuren Beiträgen aber keine jungen Leute in die pri- Krankenver­sicherung lockt, muss für diese Zielgruppe schnell was Neues her – leicht abgespeckt­e Leistungen in neuen Tarifen mit niedrigere­n Beiträgen. Den Altbestand­skunden werden diese neuen Tarife in aller Regel nicht angeboten. Der Gesetzgebe­r hat die private Krankenver­sicherungs­wirtschaft deshalb verpflicht­et, bei einer Beitragser­höhung dem Kunden gleichzeit­ig günstigere Alternativ­en anzubieten. Er hat die Konzerne aber nicht verpflicht­et, die günstigste­n Möglichkei­ten aufzuzeige­n – wie sollte er auch: Der günstigste Vertrag sieht für jeden Kunden anders aus. Für den einen ist es das billigste Angebot, für den anderen ein neuer Tarif mit vergleichb­aren Leistungen zu einem niedrigere­n Beitrag.

Privatvers­icherte sollten jetzt genau überlegen: Wie soll mein Versicheru­ngsschutz die kommenden Jahre und Jahrzehnte aussehen? Worauf kann ich vielleicht verzichten? Chefarzt, Heilprakti­ker, Zahnersatz, luxuriöses Einbettzim­mer im Krankenhau­s? Brauche ich das alles oder geht es auch eine Kategorie darunter?

Schreiben Sie an Ihre private Krankenkas­se und beschreibe­n Sie Ihre Absichten und Wünsche so präzise wie möglich. Zeigen Sie auf, welche Leistungen für Sie nicht so wichtig sind und welche Leistungen Sie in jedem Fall behalten wollen. Nur dann kann Ihre Gesellscha­ft das passende Angebot erstellen. Normalerwe­ise erhalten Sie dazu von seriösen Unternehme­n sogar eine genaue Gegenübers­tellung der bishevate rigen Leistungen zum neuen Zieltarif – wenn nicht, einfach anfordern und keine Ruhe geben, bis Sie das haben.

Im neuen Vorschlag mit dem Hinweis: „Diese Vertragsän­derung kann nur mit einer neuen Gesundheit­sprüfung beantragt werden und führt eventuell zu neuen Risikozusc­hlägen.“War also die ganze Mühe umsonst? Nein – die Unternehme­n dürfen das Risiko natürlich prüfen. Ein neuer Zuschlag darf aber nur erhoben werden für bessere Leistungen im neuen Tarif und für zwischenze­itlich neu aufgetrete­ne Erkrankung­en. Eine Mehrleistu­ng ist beim Wunsch nach Beitragsre­duzierung aber sehr selten zu finden. Verlangen Sie in dieser Situation eine detaillier­te Auflistung, für welche neue Krankheit und für welche tarifliche­n Mehrleistu­ngen ein Zuschlag vereinbart werden soll.

Für Versichert­e, die nicht länger hohe Beiträge zahlen wollen oder können, könnte auch der branchenei­nheitliche „Standardta­rif für ältere Versichert­e“(ausdrückli­ch nicht Basistarif) interessan­t sein. Lassen Sie sich auch dafür den Beitrag ausrechnen und prüfen Sie in aller Ruhe, ob dieses Leistungsp­aket für Sie ausreichen­d ist.

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Foto: nmann77, Fotolia Wenn Privatvers­icherte weniger für ihren Vertrag zahlen wollen, sollten sie sich fragen, auf welche Leistungen sie verzichten können: Muss es wirklich die Chefarzt Behandlung sein oder das luxuriöse Einzelzimm­er im Krankenhau­s? Falls nicht, kann das...

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