Lange verborgene Familiengeheimnisse
Der Augsburger Michael Hehl bringt „Die kanadische Reise“ins Kino. Im Liliom präsentierte er das einfühlsame Werk
Wie es einem jungen Franzosen ergeht, der sich in Montreal auf die Suche nach seinen Wurzeln begibt, erzählt Regisseur Philippe Lioret in seinem Film „Die kanadische Reise“. Das beeindruckende Porträt eines komplexen familiären Beziehungsgeflechts wird von der Münchner Produktions- und Verleihfirma Temperclayfilm in die deutschen Kinos gebracht. Im Liliom präsentierte Michael Hehl, aus Augsburg stammender Geschäftsführer der Verleihfirma, dieses ebenso geradlinig wie einfühlsam inszenierte Opus.
Die Geschichte von Mathieu (Pierre Deladonchamps), der getrennt von Ehefrau und kleinem Sohn in Paris lebt, vom Tod seines ihm völlig unbekannten leiblichen Vaters Jean erfährt und sich daraufhin nach Kanada begibt, um dort seine zwei Halbbrüder kennenzulernen, wartet mit überraschenden Wendungen auf. Die beiden Söhne Jeans erweisen sich als wenig vertrauenerweckend. Letztlich kann aber selbst der sich als Freund des Toten ausgebende Pierre (Gabriel Arcand), dessen Tochter Bettina (Cathérine De Léan) sich sehr zu Mathieu hingezogen fühlt, nicht verhindern, dass lange verborgene Familiengeheimnisse aufgedeckt werden.
„Die kanadische Reise“(„Le fils de Jean“) wurde im Liliom mit viel Applaus bedacht. Wie beim anschließenden Publikumsgespräch zu erfahren war, können manche der Besucher auf Erfahrungen zurückblicken, die gewisse Ähnlichkeiten mit dem bunten PatchworkGeflecht der Filmfiguren aufweisen. „Die Geschichte“, sagt Michael Hehl, „basiert zwar auf den erfolgreichen Romanen von Jean-Paul Dubois, aber Regisseur Philippe Lioret hat hier durchaus auch seine eigene Geschichte in den Film einfließen lassen.“
Von diesem also zumindest teilweise autobiografischen Aspekt, der gewiss nicht wenig zur Glaubwürdigkeit und erzählerischen Genauigkeit beigetragen habe, profitiert das mit kanadischen Landschaftspanoramen schön bebilderte Opus ebenso wie von seinen beiden Hauptdarstellern. Pierre Deladonchamps und Gabriel Arcand, die beide 2017 für den César nominiert wurden, überzeugen mit jederzeit glaubwürdigem und präzisem Spiel. Der Interpret des von Mathieus Wahrheitssuche zunächst nicht begeisterten Pierre, ein Bruder des Regisseurs Denys Arcand „ist in Kanada“, so Michael Hehl, „ein ganz berühmter Film- und Theaterschauspieler, hierzulande aber noch nicht so bekannt“. Letzteres könnte sich mit „Die kanadische Reise“ändern.
Der sehenswerte Film, der in Frankreich, wie der Verleiher mitteilt, „eine halbe Million Besucher in die Kinos gelockt hat“, hat mit seiner optimistisch gestimmten Auflösung durchaus das Potenzial, auch hierzulande ein Publikumserfolg zu werden.