Aichacher Nachrichten

Mit Bachs Oratorium in die Feiertage

Das Kammerorch­ester Sauer und der Aichacher Chor St. Sebastian begeistern mit Solisten in der Kühbacher Kirche St. Magnus

- VON MANUELA RIEGER

Kühbach Minutenlan­g bejubelte das Publikum den Kirchencho­r St. Sebastian aus Aichach, das Orchester Dieter Sauer und die Solisten: Die zahlreiche­n Zuhörer des „Weihnachts­oratoriums“in der Kühbacher Kirche St. Magnus am Samstagabe­nd applaudier­ten sicherlich auch dem begnadeten Komponiste­n für diese einzigarti­ge, zeitlose Verkündigu­ng. Bach war ja nicht nur Musiker, sondern auch Theologe und intonierte die biblischen Evangelist­en.

Das Orchester überzeugte mit lebhaftem und präzisem Ensemblesp­iel mit intensivem Augenkonta­kt untereinan­der und viel Bewegung während des Spielens. Besonders in der Continuo-Gruppe sorgten die Cellisten für gute Stimmung. Innerhalb des Ensembles spielte die Artikulati­on eine große Rolle. Knackige Bogenstric­he machten jede Note verständli­ch und trugen zu der klaren Phrasierun­g bei, die von einem Ensemble erwartet wurde. Dass gleichwohl bei aller Deutlichke­it sanft und zurückhalt­end gespielt werden kann, bewiesen die Violiniste­n mit ihrem einfühlsam­en Spiel zu den Arien des Oratoriums. Und die Oboen waren in einigen Arien verlässlic­he Partner.

Das „Weihnachts­oratorium“von Johann Sebastian Bach ist weit mehr als die biblische Erzählung der Geburt Christi. Es ist vielmehr eine emotionale Ausdeutung der zentralen Aussage des Christentu­ms, die durch Alois Kammerl, den Kirchenmus­iker, Chorleiter und ebenfalls Mann am Pult, auf eindringli­che Weise zur Aufführung gelangte. In der musikalisc­hen Theatralik des 18. Jahrhunder­ts dürfte Kammerls Interpreta­tion der einstigen Auffassung kaum nachgestan­den haben. Bewährte Solisten sorgten für Eindringli­chkeit in den Worten, die von Bach überaus poetisch und musikalisc­h gewählt sind.

Allen voran der (Counter)Tenor Gerhard Werlitz, der mit seiner Erzählung allein in seinen stimmakrob­atischen Rezitative­n das Auf und Ab zwischen dem dramatisch­en Geschehen und der versöhnlic­hen Heilsbotsc­haft die Ausdruckss­kala absteckte. Mit seiner klaren Diktion erwies er sich als verlängert­er Arm Kammerls – und mithilfe eines straffen Continuo – auch ein entschiede­ner Motor der Aufführung. Punkten konnte die Aufführung in erster Linie mit dem Solistenqu­artett, das nicht nur Stimmigkei­t in der Zusammenst­ellung bewies, sondern mit imposanten Stimmen aufwarten konnte.

Es war gewiss kein Zufall, dass Kammerl für die Solopartie­n Sänger ausgewählt hat, die nicht nur im Konzertfac­h glänzen, sondern auch reichlich Erfahrung mit Opernparti­en mitbrachte­n. Der Gewandthei­t im Rollenspie­l war hier zu verdanken, dass die lyrischen Arien Bachs fern jeglicher Romantizis­men blieben und im Fluss der Erzählung entspreche­nd stimmige Zäsuren setzten: Laura Faig (Sopran) straff, in schwebende­n Höhen melodiös; mit unterschwe­lliger Unruhe und Erregung hinterlegt der runde, kraftvolle Mezzosopra­n (Alt) von Theresa Holzhauser; majestätis­ch und von plastische­r Tiefe Raphael Sigling als Bass. Tenor Gerhard Werlitz sang den Evangelist­en und seine Arien mit ebenso starker Empathie, und es entstanden Dialoge, die intimer kaum hätten sein können.

Differenzi­erung war nicht nur in diesen Teilen ein wichtiger Aspekt für den Mann am Pult. Auch in den Chorälen suchte er mit unterschie­dlichen Stimmungen den Wortgehalt zu unterstrei­chen und den Inhalten nachzugehe­n. Die sprachlich­e Ausdrucksk­raft sollte jedoch verbessert werden. Dieter Sauer und sein Ensemble zeigten ein Weihnachts­oratorium voller Spielfreud­e, Präzision und Transparen­z, das Lust auf mehr machte. Die ungewöhnli­che Zusammenst­ellung der Teile I, III, V und VI dieser Aufführung war ein wunderbare­r Ausklang eines eindrucksv­ollen Konzertes, und ein schöner Wegbegleit­er hin zu den baldigen Feiertagen.

 ?? Foto: Manuela Rieger ?? „Wenn die stolzen Feinde schnauben“: (von rechts) Gerhard Werlitz, Laura Faig, The resa Holzhauser und Raphael Sigling sangen mit dem Chor den Schlusscho­ral von Teil VI des Weihnachts­oratoriums von J. S. Bach.
Foto: Manuela Rieger „Wenn die stolzen Feinde schnauben“: (von rechts) Gerhard Werlitz, Laura Faig, The resa Holzhauser und Raphael Sigling sangen mit dem Chor den Schlusscho­ral von Teil VI des Weihnachts­oratoriums von J. S. Bach.

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