Mit Bachs Oratorium in die Feiertage
Das Kammerorchester Sauer und der Aichacher Chor St. Sebastian begeistern mit Solisten in der Kühbacher Kirche St. Magnus
Kühbach Minutenlang bejubelte das Publikum den Kirchenchor St. Sebastian aus Aichach, das Orchester Dieter Sauer und die Solisten: Die zahlreichen Zuhörer des „Weihnachtsoratoriums“in der Kühbacher Kirche St. Magnus am Samstagabend applaudierten sicherlich auch dem begnadeten Komponisten für diese einzigartige, zeitlose Verkündigung. Bach war ja nicht nur Musiker, sondern auch Theologe und intonierte die biblischen Evangelisten.
Das Orchester überzeugte mit lebhaftem und präzisem Ensemblespiel mit intensivem Augenkontakt untereinander und viel Bewegung während des Spielens. Besonders in der Continuo-Gruppe sorgten die Cellisten für gute Stimmung. Innerhalb des Ensembles spielte die Artikulation eine große Rolle. Knackige Bogenstriche machten jede Note verständlich und trugen zu der klaren Phrasierung bei, die von einem Ensemble erwartet wurde. Dass gleichwohl bei aller Deutlichkeit sanft und zurückhaltend gespielt werden kann, bewiesen die Violinisten mit ihrem einfühlsamen Spiel zu den Arien des Oratoriums. Und die Oboen waren in einigen Arien verlässliche Partner.
Das „Weihnachtsoratorium“von Johann Sebastian Bach ist weit mehr als die biblische Erzählung der Geburt Christi. Es ist vielmehr eine emotionale Ausdeutung der zentralen Aussage des Christentums, die durch Alois Kammerl, den Kirchenmusiker, Chorleiter und ebenfalls Mann am Pult, auf eindringliche Weise zur Aufführung gelangte. In der musikalischen Theatralik des 18. Jahrhunderts dürfte Kammerls Interpretation der einstigen Auffassung kaum nachgestanden haben. Bewährte Solisten sorgten für Eindringlichkeit in den Worten, die von Bach überaus poetisch und musikalisch gewählt sind.
Allen voran der (Counter)Tenor Gerhard Werlitz, der mit seiner Erzählung allein in seinen stimmakrobatischen Rezitativen das Auf und Ab zwischen dem dramatischen Geschehen und der versöhnlichen Heilsbotschaft die Ausdrucksskala absteckte. Mit seiner klaren Diktion erwies er sich als verlängerter Arm Kammerls – und mithilfe eines straffen Continuo – auch ein entschiedener Motor der Aufführung. Punkten konnte die Aufführung in erster Linie mit dem Solistenquartett, das nicht nur Stimmigkeit in der Zusammenstellung bewies, sondern mit imposanten Stimmen aufwarten konnte.
Es war gewiss kein Zufall, dass Kammerl für die Solopartien Sänger ausgewählt hat, die nicht nur im Konzertfach glänzen, sondern auch reichlich Erfahrung mit Opernpartien mitbrachten. Der Gewandtheit im Rollenspiel war hier zu verdanken, dass die lyrischen Arien Bachs fern jeglicher Romantizismen blieben und im Fluss der Erzählung entsprechend stimmige Zäsuren setzten: Laura Faig (Sopran) straff, in schwebenden Höhen melodiös; mit unterschwelliger Unruhe und Erregung hinterlegt der runde, kraftvolle Mezzosopran (Alt) von Theresa Holzhauser; majestätisch und von plastischer Tiefe Raphael Sigling als Bass. Tenor Gerhard Werlitz sang den Evangelisten und seine Arien mit ebenso starker Empathie, und es entstanden Dialoge, die intimer kaum hätten sein können.
Differenzierung war nicht nur in diesen Teilen ein wichtiger Aspekt für den Mann am Pult. Auch in den Chorälen suchte er mit unterschiedlichen Stimmungen den Wortgehalt zu unterstreichen und den Inhalten nachzugehen. Die sprachliche Ausdruckskraft sollte jedoch verbessert werden. Dieter Sauer und sein Ensemble zeigten ein Weihnachtsoratorium voller Spielfreude, Präzision und Transparenz, das Lust auf mehr machte. Die ungewöhnliche Zusammenstellung der Teile I, III, V und VI dieser Aufführung war ein wunderbarer Ausklang eines eindrucksvollen Konzertes, und ein schöner Wegbegleiter hin zu den baldigen Feiertagen.