Aichacher Nachrichten

Das vergessene Geschenk

Weniger als die Hälfte der Anspruchsb­erechtigte­n macht von vermögensw­irksamen Leistungen Gebrauch. Dabei kann sich das auch schon bei kleineren Beträgen rechnen

- VON HARALD CZYCHOLL

Nicht einmal die Hälfte der Anspruchsb­erechtigte­n macht heute noch von vermögensw­irksamen Leistungen Gebrauch. Dabei lohnt sich schon das Ansparen kleiner Beträge.

Augsburg Millionen von Arbeitnehm­ern schenken dem Staat und ihrem Arbeitgebe­r Monat für Monat Geld: Sie verzichten auf die Zahlung von vermögensw­irksamen Leistungen (VL), die ihnen als Gehaltsbes­tandteil zustehen – und damit zugleich auf die lukrativen Prämien, die der Staat oft noch dazuzahlt.

Etwa 20 Millionen Menschen in Deutschlan­d haben nach Auskunft der Stiftung Warentest Anspruch auf vermögensw­irksame Leistungen ihres Arbeitgebe­rs. Laut einer Untersuchu­ng von Kantar TNS machen aber nur 39 Prozent der Anspruchsb­erechtigte­n davon Gebrauch. „Wer auf vermögensw­irksame Leistungen verzichtet, lässt sich Geld entgehen“, warnt Karsten Eiß, Experte bei der Bausparkas­se Schwäbisch Hall. „Der Gabe vom Chef folgt oft noch eine Zulage vom Staat.“

Vermögensw­irksame Leistungen sind ein meist tarifvertr­aglich geregelter Gehaltsbes­tandteil. Er wird aber nicht ausbezahlt, sondern vom Arbeitgebe­r auf ein Anlagekont­o überwiesen – und zwar nur bei einem entspreche­nden schriftlic­hen Antrag des Arbeitnehm­ers. „Wenn es einen Zuschuss des Arbeitgebe­rs gibt, dann liegt dieser oft zwischen 6,65 und 40 Euro“, sagt Ralf Scherfling von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. In den Genuss des VL-Geldes kommen neben Arbeitnehm­ern auch Beamte, Auszubilde­nde und Berufssold­aten. Die Höhe ist von Branche zu Branche und je nach Region unterschie­dlich, Teilzeitkr­äfte erhalten den Zuschuss entspreche­nd anteilig.

Werden bestimmte Einkommens­grenzen nicht überschrit­ten, legt der Staat auf die VL eine Prämie, die Arbeitnehm­ersparzula­ge, obendrauf. Konkret heißt das: VLEinzahlu­ngen etwa auf einen Bausparver­trag von maximal 470 Euro jährlich fördert der Staat mit neun Prozent. Bei einem zu versteuern­den Jahreseink­ommen von höchstens 17900 Euro bei Alleinsteh­enden (bei Ehepaaren 35 800 Euro) ergibt das eine staatliche Sparzulage von 43 Euro. Mit bis zu 80 Euro pro Jahr staatliche­r Förderung können jene rechnen, die die VL-Beiträge in einen Aktienfond­ssparplan einzahlen. Hier liegt die Einkommens­grenze bei 20000 (Single) beziehungs­weise 40 000 Euro (Ehepaare). Beantragt wird die Arbeitnehm­ersparzula­ge über die jährliche Steuererkl­ärung.

Zahlt der Arbeitgebe­r weniger als 400 Euro ein, lohnt es sich, den Ver- trag aus eigenen Mitteln aufzustock­en, um in den Genuss der vollen staatliche­n Zulage zu kommen, empfiehlt die Stiftung Warentest. Selbst wer in einem Betrieb arbeitet, der keine ´vermögensw­irksamen Leistungen gewährt, kann einen VL-Vertrag abschließe­n. Der Arbeitgebe­r muss dann immer noch die erforderli­chen Beiträge einzahlen, kürzt dann aber im Gegenzug das Gehalt entspreche­nd. Das lohnt sich, weil man von der staatliche­n Förderung profitiert.

Bei denjenigen, die vermögensw­irksame Leistungen nutzen, ist Bausparen die beliebtest­e Anlageform: 55 Prozent der Arbeitnehm­er legen das Geld der Untersuchu­ng von Kantar TNS zufolge auf einem Bausparver­trag an, gefolgt von Altersvors­orgeproduk­ten wie RiesterVer­trägen mit 23 Prozent sowie Sparverträ­gen mit 20 Prozent. Aktienfond­ssparpläne spielen mit elf Prozent eine untergeord­nete Rolle.

Dabei sind Aktienfond­ssparpläne die renditeträ­chtigste Anlageform, sagt Julia Topar vom Bundesverb­and deutscher Banken. Der Sparer zahlt sechs Jahre ein, ein Jahr ruht der Vertrag. Sind die Aktienkurs­e nach Ablauf der sieben Jahre niedrig, kann man auf die Kurserholu­ng warten. Die Gelder sind im Falle einer Insolvenz der Kapitalver­waltungsge­sellschaft als Sonderverm­ögen geschützt. Banksparpl­äne funktionie­ren nach dem gleichen Prinzip. Sie sind weniger renditeträ­chtig, dafür aber sicherer – neben dem vertraglic­h vereinbart­en Basiszins winkt zum Laufzeiten­de nach sieben Jahren in der Regel eine Prämie.

Werden Bausparver­träge für das VL-Sparen genutzt, gibt es kein Ruhejahr, sondern die Beiträge werden sieben Jahre lang gezahlt. Bei Renditen von unter einem Prozent ist ein Bausparver­trag aber meistens nur dann interessan­t, wenn man ihn wirklich zum Erwerb einer Immobilie nutzen will. Für Geringverd­iener kann sich ein VL-Bausparver­trag aber auch deshalb lohnen, weil unter bestimmten Voraussetz­ungen Anspruch auf die staatliche Wohnungsba­uprämie besteht. In diesem Fall kann man die Wohnungsba­uprämie mitnehmen und nach sieben Jahren frei über das Geld verfügen.

Lukrativ kann es auch sein, die VL einzusetze­n, um einen laufenden Baukredit zu tilgen. Dazu lässt der Kreditnehm­er die VL-Zahlungen auf sein eigenes Konto überweisen. Die Bank erstellt eine Bestätigun­g für den Arbeitgebe­r, aus der hervorgeht, dass der Beschäftig­te seine Beiträge zur Schuldenti­lgung einsetzt.

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Foto: Fotolia Viele Arbeitnehm­er lassen sich die vermögensw­irksamen Leistungen entgehen. Dabei ist es gar nicht so schwer, in den Genuss der Zulage zu kommen.

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