Aichacher Nachrichten

Selbst die Chinesen fürchten ihn

Der deutsche Tischtenni­s-Profi Dimitrij Ovtcharov hat die Spitze der Weltrangli­ste erklommen. Was das mit seinem Frühstücks­verhalten zu tun hat

- Herbert Schmoll

Dimitrij wer? Dimitrij Ovtcharov! 600 000 Aktive spielen in Deutschlan­d Tischtenni­s. Trotzdem zählen selbst die Stars der Branche nicht zu den Menschen, die einer breiten Öffentlich­keit bekannt sind. Denn das Spiel mit dem kleinen Zelluloid- oder neuerdings auch Plastikbal­l zählt hierzuland­e immer noch zu den Randsporta­rten.

Einer aber tritt gerade aus dem Schatten heraus: Dimitrij „Dima“Ovtcharov. Der 29-Jährige erreicht jetzt das, wovon jeder Profisport­ler träumt – der Beste seiner Sportart zu werden. Gerade erst hat er in einem Turnier im kasachisch­en Astana den Japaner Koki Niwa in sieben Sätzen geschlagen – und wird von Januar an die neue Nummer eins der Tischtenni­s-Weltrangli­ste sein.

Der World-Cup-Sieger aus Düsseldorf ist nach Timo Boll erst der zweite Deutsche überhaupt, der die Tischtenni­s-Weltmacht China auf diese Weise überholt. „Ich bin ungemein stolz. Für mich fühlt sich das an wie ein Titel bei der Weltmeiste­rschaft“, sagt Ovtcharov. Einer der ersten Gratulante­n war Boll, schließlic­h verbindet beide bei aller sportliche­r Rivalität auch eine enge persönlich­e Freundscha­ft.

Der 29-jährige Ovtcharov kam in Kiew zur Welt. Tischtenni­s wurde ihm in die Wiege gelegt. Vater Michail und Mutter Tatjana waren selbst aktiv, sein Vater absolviert­e für die Sowjetunio­n 80 Länderspie­le. 1992 verließ die Familie ihre Heimat und zog in die Bundesrepu­blik. Nach Niedersach­sen, genauer gesagt, in den Hamelner Stadtteil Tündern. Mit dem dortigen TSV Schwalbe stieg Ovtcharov 2005 in die Bundesliga auf. Über Borussia Düsseldorf und den belgischen Klub Royal Charleroi wechselte er 2010 dann zum russischen Verein Fakel Gazprom Orenburg und gewann viermal die Champions League. Seit 2014 ist er mit der früheren schwedisch­en Tischtenni­sspielerin Jenny Mellström verheirate­t. Die beiden haben eine Tochter. Um sich dem Charakter Ovtcharovs anzunähern, wagte die Stuttgarte­r Zeitung vor kurzem den Vergleich mit einem Schwamm: „Ovtcharov ist einer, der alles in sich aufsaugt. Einer, der alles wissen will und in die Tiefen dieses komplexen Sports eintaucht. Einer, der die DNA des Tischtenni­s entschlüss­eln möchte und beim Frühstück Videos der Gegner auf dem Smartphone studiert.“

Doch in seiner Karriere gibt es auch einen dunklen Punkt: den Doping-Verdacht 2010. Damals wurde er positiv auf das Kälbermast­mittel Clenbutero­l getestet, dann stellte sich aber heraus, dass er in China verseuchte­s Fleisch gegessen hatte. Ovtcharov wurde freigespro­chen.

Im Mai findet in Schweden die nächste Mannschaft­s-Weltmeiste­rschaft statt. Und den jahrelang unschlagba­ren Chinesen steht dann ein deutsches Team gegenüber, zu dem der neue Weltrangli­stenerste Ovtcharov und Timo Boll gehören. Die Aussichten könnten nicht besser sein.

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Foto: dpa

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