Aichacher Nachrichten

Spätes Zeichen der Kanzlerin

Drei Stunden hört sie Anschlagso­pfern zu

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Berlin Ein Jahr haben sie auf dieses Zeichen warten müssen. Nun hat Angela Merkel sie ins Kanzleramt eingeladen und hört zu, wie sie von ihren Schicksale­n sprechen. Was die Gäste vereint: der Anschlag am 19. Dezember 2016, bei dem Anis Amri mit einem Lastwagen auf den Weihnachts­markt an der Berliner Gedächtnis­kirche raste, zwölf Menschen tötete und rund 70 Verletzte.

Nach massiver Kritik der Hinterblie­benen im Vorfeld gibt es viel Redebedarf. Die Gespräche dauern gut drei Stunden – eine Stunde länger als geplant. An elf Tischen im Kanzleramt sitzen etwa 80 Betroffene, Angehörige von Opfern und Menschen, die auf dem Berliner Breitschei­dplatz verletzt worden sind. Viele von ihnen haben immer noch mit Verletzung­en zu kämpfen, egal, ob körperlich oder seelisch. Nach einer kurzen Eingangsre­de geht Merkel von Tisch zu Tisch, spricht mit den Frauen und Männern über deren Schicksal, nimmt einzelne Anliegen auf und macht sich Notizen. Am längsten bleibt die Kanzlerin nach Angaben von Teilnehmer­n an jenen Tischen, an denen die Familien der Todesopfer sitzen.

In jeder der elf Runden sind Vertreter des Kanzleramt­s platziert, damit die Menschen direkte Ansprechpa­rtner der Regierung den ganzen Nachmittag über haben. Von intensiven Gesprächen ist im Anschluss die Rede. Angehörige und Opfer sprechen über ihre Erinnerung­en an die Tatnacht und die – nicht immer positiven – Erlebnisse mit den Behörden in den Monaten danach. Für den Herbst 2018 kündigt Merkel ein weiteres Treffen mit Betroffene­n an – dort soll Bilanz gezogen werden über das, was die Bundesregi­erung bis dahin an Änderungen umgesetzt habe.

Der Opferbeauf­tragte der Bundesregi­erung, Kurt Beck, gibt sich nach dem Treffen zufrieden. „Es war sehr gut, dass die Kanzlerin das gemacht hat, das hat zur Entspannun­g geführt.“Aber die Kanzlerin sagt auch: „Eins ist auch klar und mir auch bewusst: Dieses Leiden, diese völlige Veränderun­g des eigenen Lebens wird nicht gutzumache­n sein, und trotzdem zeigen wir Anteilnahm­e.“Anteilnahm­e zeigen – genau dazu hatten Hinterblie­bene Merkel in einem offenen Brief vor zwei Wochen aufgeforde­rt.

Der Jahrestag des Anschlags steht nun an diesem Dienstag an. Es ist eine Andacht geplant für die Hinterblie­benen, für die Verletzten und Helfer, ein Gedenkort wird eingeweiht. Merkel will dabei sein.

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Foto: dpa Eine provisoris­che Gedenkstät­te am Ber liner Breitschei­dplatz erinnert an die Op fer des Attentats vom 19. Dezember 2016.

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