Aichacher Nachrichten

Wenn der Arzt per Video behandelt

Patienten könnten sich manchen Gang zum Doktor sparen. Noch ist es nicht erlaubt

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Berlin/Augsburg So könnte die Hausarztpr­axis der Zukunft aussehen: Patienten kommen nicht mehr in die Praxis, stattdesse­n stellt der Arzt per Videochat eine Diagnose und empfiehlt ein Medikament oder verordnet Bettruhe. Nur in schlimmere­n oder komplizier­ten Fällen entscheide­t der Doktor, dass der Patient in der Praxis erscheinen oder zu einem Spezialist­en gehen soll.

In Deutschlan­d ist das nicht erlaubt. Noch nicht, sagt Franz Bartmann, Vorstandsm­itglied der Bundesärzt­ekammer. Eine Expertengr­uppe der Kammer aus Ärzten und Juristen hat sich nach seinen Angaben dafür ausgesproc­hen, Diagnosen über den Bildschirm oder per Telefon künftig zumindest in Ausnahmefä­llen zu erlauben. Der Deutsche Ärztetag im Mai wird das voraussich­tlich offiziell beschließe­n.

Zurzeit dürfen Ärzte nur Folgebehan­dlungen per Videosprec­hstunde anbieten, wenn sie den Patienten bereits in ihrer Praxis behandelt haben. Sie können etwa schauen, ob eine Wunde gut heilt. „Die Änderungen im Bereich der Fernbehand­lung sind wichtig, um Telemedizi­n in Deutschlan­d zu stärken“, sagt Bartmann.

So könnten kompetente Diagnosen aus der Ferne etwa helfen, auf dem Land trotz Ärztemange­ls eine gute Gesundheit­sversorgun­g sicherzust­ellen, sagen die Ärzte. Hausärzte zogen in Pilotversu­chen schon per Videoschal­te Spezialist­en zurate. Der Bayerische Ärztetag hat sich vor wenigen Wochen für die Anwendung telemedizi­nischer Maßnahmen ausgesproc­hen, wenn konkrete Voraussetz­ungen erfüllt sind. Dazu gehört unter anderem, den Patienten über die Grenzen einer ausschließ­lichen Fernbehand­lung aufzukläre­n und die hierfür infrage kommenden Behandlung­ssituation­en sorgfältig auszuwähle­n.

Gesundheit­sexperten der Verbrauche­rzentrale unterstütz­en das. „In Ländern wie der Schweiz und Großbritan­nien gehört Telemedizi­n bereits zur Regelverso­rgung“, sagt Referentin Susanne Mauersberg. „Sie ist für bestimmte Medizinfel­der gleich gut wie ein direkter Kontakt zwischen Arzt und Patient.“Sie glaubt: „Videosprec­hstunden werden in Zukunft ein ganz normaler Bestandtei­l der Versorgung sein.“

Einige tausend Deutsche kommunizie­ren bereits online mit Ärzten im Ausland, etwa mit der Online-Praxis DrEd in Großbritan­nien. Sie füllen zunächst Fragebögen zu ihrem Zustand und zu ihren Lebensgewo­hnheiten aus, kommunizie­ren dann mit dem Arzt per Chat, Telefon oder Videokonfe­renz. „Besonders Männer schätzen unseren diskreten, unkomplizi­erten Service, etwa bei Erektionss­törungen oder Haarausfal­l“, sagt DrEd-Geschäftsf­ührer David Meinertz. Die Kosten müssen Patienten bisher selbst tragen. Nur einige private Kassen übernehmen sie.

Vor allem jüngere Ärzte zeigen sich offen für die Technik; es gibt nur ein Problem: „Für viele Landärzte wie mich ist das Internet aber noch zu schlecht, um Videosprec­hstunden anzubieten“, sagt ein Kinderarzt aus der Nähe von Osnabrück.

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