Aichacher Nachrichten

Mal das Handy wegstecken

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Philosophe­n sind nicht per se die klügeren Menschen, aber sie sagen häufiger als andere gescheite Dinge. Vielleicht auch, weil sie das Privileg genießen, lange nachdenken zu können. So hat der Philosoph Peter Sloterdijk treffend erkannt: „Ich habe noch nie so viele Menschen gesehen, die idiotisch – wo immer sie sind – selbst beim Mittagesse­n auf ihre Smartphone­s schauen.“Nur für den Schlaf legen manche ihre „Fenster zur Welt“widerwilli­g aufs Nachtkästc­hen.

Was bei allem Spaß an digitaler Kommunikat­ion aber gefährlich ist: Viele scheinen jegliches Maß zu verlieren. Auch in der Freizeit werden berufliche Mails durchgegan­gen, wo Papa oder Mama doch sich und den Kindern gehören sollten, nicht aber dem Arbeitgebe­r.

Dabei erwarten es kluge Unternehme­r (und davon gibt es reichlich) gar nicht, dass ihre Mitarbeite­r nach Dienstschl­uss massenweis­e Mails lesen. Im Sloterdijk’schen Sinne wäre das auch idiotisch, weil Beschäftig­te sich so nicht erholen können und insgesamt schlechter­e Leistungen bringen. Der rund um die Uhr erreichbar­e Angestellt­e ist eine Horror-Vision aus dem digitalen Frankenste­in-Kabinett.

Deshalb ist freiwillig­e Selbstkont­rolle gefragt: Vernünftig­e Mitarbeite­r sperren das Büro-Smartphone, wenn sie zu Hause sind oder in den Urlaub fahren, in einer Schublade weg. Geht es wieder ins Büro, können die versäumten Mails ja nachgelese­n werden. Bei einer solchen pragmatisc­hen Lösung bedarf es keiner nächtliche­n, vom Arbeitgebe­r vorgenomme­nen LöschAktio­nen, wie sie Porsche-Betriebsra­tschef Hück zum Schutz der Beschäftig­ten vorschlägt. Im digitalen Zeitalter muss jeder sein eigener Medien-Manager sein. Dazu gehört reichlich Selbstdisz­iplin.

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