Aichacher Nachrichten

Sind Bayerns Hauptschül­er besser?

Eine Studie zeigt: Im Freistaat finden die meisten Mittelschü­ler eine Ausbildung­sstelle

- VON CHRISTINA HELLER

Augsburg Schaut man sich die reinen Zahlen an, könnte man meinen, Bayern macht es im Vergleich zum Rest Deutschlan­ds mal wieder am besten. Bei den Daten geht es um Hauptschül­er – genauer gesagt um die Anzahl der Jugendlich­en, die mit Hautschula­bschluss oder ohne Schulabsch­luss eine Lehrstelle finden. Und da steht Bayern besonders gut da: Etwa 70 Prozent der Schüler, die mindestens einen Mittelschu­labschluss haben, bekommen hier gleich nach der Schule eine Lehrstelle. Im bundesweit­en Durchschni­tt sind es 49 Prozent. So geht es aus dem Ländermoni­tor berufliche Bildung der Bertelsman­n-Stiftung hervor. Die nächstlieg­ende Schlussfol­gerung ist da: Bayerns Mittelschu­len bilden ihre Schüler viel besser aus. Aber stimmt das?

Nicht ganz, sagen die Autoren des Ländermoni­tors selbst. „Im Vergleich zu anderen Bundesländ­ern hat ein Hauptschul­abschluss in Bayern schon eine höhere Anerkennun­g“, sagt Lars Theis, der den Ländermoni­tor bei der Bertelsman­n-Stiftung betreut. Doch das ist nicht der einzige Grund, führt er fort: „In Bayern ist auch die Situation auf dem Ausbildung­smarkt sehr angespannt, deshalb tun sich Hauptschül­er dort leichter, eine Lehrstelle zu finden“, sagt er. Will heißen: Auf eine offene Lehrstelle kommen hier viel weniger Bewerber als in anderen Bundesländ­ern.

Ganz ähnlich sieht das Simone Fleischman­n, die Präsidenti­n des bayerische­n Lehrer- und Lehrerinne­nverbandes. „Die Ausbildung­ssituation bei uns in Bayern ist so exzellent, dass fast jeder, der eine Lehrstelle sucht, auch eine bekommt.“Das sei nicht immer so gewesen. Fleischman­n kann sich noch erinnern, als sie selbst Abschlussk­lassen an einer Mittelschu­le betreut hat: „Damals – vor zehn, zwölf Jahren – war es wirklich nicht so einfach, für jeden Schüler eine Lehrstelle zu finden“, sagt sie. Heute sei das leichter, auch weil in vielen Unternehme­n ein Umdenken stattgefun­den habe. Die Betriebe wüssten heute: „Wenn wir einen Mittelschü­ler nehmen und den unterstütz­en, dann ist der motivierte­r und er bleibt uns erhalten“, sagt sie. Das kann auch Oliver Heckmann bestätigen. Viele Betriebe in Schwaben würden gezielt nach Mittelschü­lern suchen, sagt der Leiter des Geschäftsb­ereichs Bildung bei der Industrieu­nd Handelskam­mer Schwaben. „Das ist der entscheide­nde Unterschie­d zu manch anderen Bundesländ­ern.“

Gleichzeit­ig ist von Betrieben zu hören, dass die Anforderun­gen an Auszubilde­nde steigen – gerade durch die Digitalisi­erung. Für manche Berufe, heißt es dann, werde man zukünftig nur noch sehr gute Realschüle­r oder Abiturient­en als Lehrlinge einstellen können, weil nur sie die notwendige­n Voraussetz­ungen mitbrächte­n. „Auf der einen Seite kann ich den Reflex bei Unternehme­n schon verstehen, einen Schüler mit extrem guten Noten einzustell­en“, sagt Fleischman­n. Ob das der richtige Weg sei, bezweifelt sie aber: „Ich habe so viel Kontakt zu ehemaligen Schülern. Und viele haben sich durch die Ausbildung so positiv entwickelt, dass sie jetzt zu den besten Mitarbeite­rn zählen.“

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Foto: dpa Fast jeder, der in Bayern eine Lehrstelle sucht, bekommt auch eine.

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