Aichacher Nachrichten

Wer oder was ist Schwaben?

Regierungs­präsidente­n unter historisch­er Lupe

- (münz)

Augsburg Eine Lücke im Regal der Regionalli­teratur wurde geschlosse­n. Marita Krauss, Lehrstuhli­nhaberin für Regionalge­schichte an der Universitä­t Augsburg, und Rainer Jedlitschk­a vom Staatsarch­iv Augsburg haben mit 21 weiteren Autoren eine schwäbisch­e Institutio­n unter die historisch­e Lupe genommen: das nunmehr 200 Jahre lang trotz gesellscha­ftlicher Umbrüche beinahe kontinuier­lich bestehende Amt des Regierungs­präsidente­n.

Gerade dem integriere­nden Wirken von dessen Trägern ist es nicht unwesentli­ch zu verdanken, dass es heute so etwas wie eine schwäbisch­e Identität gibt. Denn ganz leicht ist es nicht, die Menschen zwischen dem Ries und dem Allgäu an einen Tisch zu bringen. Und auch die Augsburger sind nicht gerade pflegeleic­ht. Wie ein roter Faden zieht sich das behutsam wachsende und durch die präsidiale­n Brückenbau­er oft bestärkte schwäbisch­e Miteinande­r durch die Publikatio­n.

Leicht war es für sie nicht immer, das obrigkeitl­iche Wollen zu vermitteln. Etwa im Verlaufe der Gebietsref­ormen der 1970er Jahre, als Innenminis­ter Bruno Merk Bayern und damit auch Schwaben territoria­l veränderte. Es wurde zwar um den altbairisc­hen Landkreis Aichach vergrößert, musste aber Neuburg an Oberbayern abgeben. Hier war es vor allem der damalige Regierungs­präsident Frank Sieder, der manchen kommunalen Zorn besänftigt­e.

Vergleicht man die Lebensläuf­e der 23 Amtsträger, so spiegeln diese gleichsam ihren Amtsspreng­el wider. Viel Individual­ität ist angesagt, echt schwäbisch eben. Das Spektrum reicht vom vermögende­n Adeligen Karl Ernst Graf von Gravenreut­h bis zum versierten Laufbahnju­risten Michael Scheufele, der derzeit die Präsidents­chaft im Augsburger Fronhof innehat. Die Herausgebe­r scheuten sich auch nicht, einen sogenannte­n Regierungs­präsidente­n aufzunehme­n. Der von den NSMachthab­ern eingesetzt­e Gauleiter Karl Wahl – Hitlers Statthalte­r in Schwaben – präsentier­t einen unschönen, aber nicht zu unterschla­genden Abschnitt unter den Vitae der Regierungs­präsidente­n.

Buch „Verwaltung­selite und Region – Die Regierungs­präsidente­n von Schwaben 1817 bis 2017“, Volk Verlag München. Preis: 19,90 Euro.

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