Auch Mieten will gelernt sein
Flüchtlinge und Bedürftige sind auf dem Wohnungsmarkt oft chancenlos. Wie eine preisgekrönte Schulung im Landkreis Augsburg das ändern soll
Landkreis Augsburg Eine günstige Wohnung zu finden, ist derzeit schwer – zumal, wenn die Bewerber anerkannte Asylbewerber, Geringverdiener oder Alleinerziehende sind. Da haben viele Vermieter Vorbehalte und wimmeln die Bewerber schon am Telefon ab. „Der erste Telefonkontakt ist schon die erste Hürde“, sagt Uwe Krüger. Er und Susanne Kern sind Mitglieder im Helferkreis für Flüchtlinge in Neusäß (Kreis Augsburg). Um Menschen bei der Wohnungssuche zu unterstützen und ihnen die Pflichten eines Mieters zu vermitteln, haben die beiden Ehrenamtlichen ein Schulungskonzept zur „Mieterqualifizierung – Fit für die eigene Wohnung“entwickelt. Damit sollen die Chancen von Benachteiligten auf dem hart umkämpften Wohnungsmarkt steigen.
Das fängt schon mit dem Telefontraining an. „Wer weiß, wie er im Gespräch bleiben kann, wenn der Vermieter gleich abblockt, kommt eher zu einem Besichtigungstermin“, erklärt Krüger. In dem Kurs geht es außerdem um die Frage „Wie bin ich ein guter Mieter?“, also Themen wie Hausordnung, Mülltrennung, Nebenkosten, Brandschutz, richtiges Lüften und Heizen. Gerade Zuwanderer aus anderen Ländern müssen erst lernen, wie in Deutschland die Gepflogenheiten sind. Am Ende des Kurses erhalten die erfolgreichen Teilnehmer ein Zertifikat.
Wenn die Wohnungssuche erfolglos bleibt, werden Flüchtlinge mit Bleiberecht in ihrer Asylunterkunft unfreiwillig zu „Fehlbelegern“. Das heißt, sie bleiben in den Gemeinschaftsunterkünften, weil ihnen nichts anderes übrig bleibt.
Kern und Krüger – im Hauptberuf Unternehmensberaterin und Bankkaufmann – entwickelten die Schulungsunterlagen mit einem dicken Arbeitsheft und einem Trainerleitfaden. Denn das Projekt stößt inzwischen in ganz Bayern und auch bundesweit auf großes Interesse. „Die Nachfrage hat sich explosionsartig entwickelt“, sagt Susanne Kern. Helferkreise, Kommunen, Landratsämter, Sozialverbände, Volkshochschulen und freie soziale Träger arbeiten inzwischen mit den Unterlagen und dem Schulungskonzept der beiden Neusässer, das diese gegen eine Schutzgebühr auf USBStick verschicken.
In den vergangenen Monaten waren die beiden Ehrenamtlichen in ihrer Freizeit viel unterwegs, um andere Kursleiter auszubilden, damit diese in ihren Orten Kurse zur Mieterqualifizierung abhalten können. So wurden seit April bundesweit 78 Trainer ausgebildet, sowie in rund 170 Kursen etwa 1800 Teilnehmer geschult. Inzwischen wurde das Projekt auch auf andere Gruppen wie etwa Hartz-IV-Empfänger und Haftentlassene ausgeweitet. Auch Firmen haben Interesse an dem Kurs, damit sie ihre Azubis fit für die Wohnungssuche machen können.
Für ihr ehrenamtliches Engagement erhielten Susanne Kern und Uwe Krüger den Schwäbischen Integrationspreis und werden vom Bayerischen Sozialministerium unterstützt.
www.mieterqualifizierung.de