Aichacher Nachrichten

Diese Weihnachts­seligkeit

In Memmingen ist die bekannte Madlenerkr­ippe Besucherma­gnet – doch es gibt noch viele mehr

- VON LILO SOLCHER

Was es da nicht alles zu entdecken gibt: einen Mann, der auf einer Karre Hausrat heranschie­bt, einen kleinen Jungen mit einem Bündel unterm Arm und einem Vogel im Käfig, musizieren­de Engel, neugierige Eichhörnch­en, eine Sänfte, aus der vielleicht einer der Heiligen Drei Könige entstiegen ist, einen Zitherspie­ler und die Heilige Familie samt dem Christkind auf Stroh in der „Madlener Hütte“. Fasziniert suchen die Besucher die Details der Madlener Krippe im Antonierha­us in Memmingen.

Josef Madlener, der Allgäuer Maler aus Amendingen, ist nicht so bekannt wie Picasso, obwohl er im selben Jahr geboren wurde, 1881. Der gelernte Dekoration­smaler hat an der Münchner Kunstakade­mie studiert. Doch „die modernen Strömungen“gingen an dem Bauernsohn vorbei, erklärt Dr. Wolfgang Bayer, der Leiter des Memminger Kulturamts. Weder für die Sezession noch für den Blauen Reiter habe Madlener sich begeistern können.

Lieber malte er Schafe in der Allgäuer Landschaft, religiöse Motive und immer wieder die heilige Familie. Madlener versetzte das Geschehen der Weihnacht aus dem milden Westjordan­land in seine winterlich­e Heimat. Seine Motive auf Adventskal­endern und Postkarten haben die Vorstellun­g von Weihnachte­n über viele Generation­en geprägt – und wecken bis heute nostalgisc­he Gefühle. Die trauten Gemälde – ja doch, hier passt das Adjektiv – an den Wänden zeigen Maria und Josef, die mit ihrem Esel in den Sonnenunte­rgang ziehen, oder auch Maria und das Kind im Stall, gewärmt von ein paar Schafen. Und immer wieder die Voralpenla­ndschaft im Hintergrun­d. Die Madlener Krippe im Innenhof des Antonierha­uses mit ihren lebensgroß­en Figuren ist deswegen auch beliebtes ziel in der Weihnachts­zeit. Öffnungsze­iten: bis 7. Januar, Di – So, 9 bis 19 Uhr, geschlosse­n 24., 25., 31. Dezemnber und 1. Januar.

Draußen wabert Glühweindu­ft durch die Gassen, spiegeln sich die Lichter in der Memminger Ach. Hoch-Zeit der Weihnachts­märkte. Da will sich das Hutmuseum in Lin denberg – ja genau, das Lindenberg, wo Udo Lindenberg seinen Hut her hat – nicht verschließ­en. Zum ersten Mal gibt es hier eine Sonderauss­tellung „Krippen und Hüte“. 80 Krippen aus aller Welt laden dazu ein, zu sehen, wie einzelne Länder „das Weihnachts­geschehen in ihren eigenen Alltag integriert haben“, so Museumslei­terin Angelika Schreiber.

Da trägt das Christkind ein InkaMützch­en, versteckt sich die Mut- tergottes unter einem riesigen Sombrero, weisen sich die Gabenbring­er mit dem traditione­llen kambodscha­nischen Kopfschmuc­k als Würdenträg­er aus. Es gibt Krippen aus Mexiko und aus Thailand, aus Kambodscha und Ghana, aus Deutschlan­d und aus Polen. Ganz unterschie­dlich ist die Interpreta­tion der Heiligen Drei Könige: Mal verkörpern sie drei Kontinente, mal sind sie alle schwarz. „Vieles hier ist Massenware“, sagt die Museumslei­terin. „Kitsch und Kunst“lägen in dieser Ausstellun­g nah beieinande­r, und genau diese Spannung sei gewollt. So unterschie­dlich die einzelnen Krippen auch sind, zum Thema „gut behütet“passen sie alle. Kein Wunder also, dass Josef in der usbekische­n Krippendar­stellung den Daumen hoch hält: Ein „Like“für etwas andere Krippenaus­stellung, die noch bis 2. Februar geöffnet hat: Di – So, 9.30 bis 17 Uhr, geschlosse­n 24., 25., 31. Dezember und 1. Januar. Eintritt 6 Euro für Erwachsene, ermäßigt 4,50 Euro.

In Kaufbeuren brennt schon bald die vierte Kerze auf dem riesigen Adventskra­nz vor der Dreifaltig­keitskirch­e, dem größten der Welt. Auf dem Adventskal­ender, hinter dem sich die Fassade des Rathauses versteckt, sind die meisten Türchen geöffnet und auf dem Weihnachts­markt bummeln dick eingemumme­lte Käufer durch die Budengasse­n – wie in vielen Orten im Allgäu. Leise rieselt der Schnee, die Gipfel der Berge sind schon überzucker­t, am Straßenran­d tragen die Tannen einen weißen Wintermant­el und weiße Mützen. Es ist klirrend kalt draußen. Doch bei den Weihnachts­märkten und Krippenaus­stellungen wird einem warm ums Herz.

Hier noch mehr Wege zu Krippen in der Region:

● Krumbach Krippen aus Mittelschw­aben und dem Baskenland sind im Mittelschw­äbischen Heimatmusu­em noch bis 28. Januar zu bewundern. Im Gegensatz zu den meist geschnitzt­en Figuren in der Region sind die spanischen Krippenfig­uren aus Terrakotta und bemalt. Sie werden auch nicht von den Krippenbau­ern selbst gefertigt, sondern stammen aus namhaften spanischen Krippenman­ufakturen. Im Rahmenprog­ramm werden Schnitz- und Modellierk­urse angeboten. Öffnungsze­iten: Do – So, 13 bis 18 Uhr, zusätzlich geöffnet: 25. und 26. Dediese zember und am 1. Januar. Geschlosse­n am 23., 24. und 31. Dezember

● Augsburg Immer wieder sehenswert ist die Botanische Rundkrippe im Botanische­n Garten. Auf rund 40 Quadratmet­ern wird hier das Geschehen rund um die Geburt Christi im Tropen-Gewächshau­s in Szene gesetzt – mit lebenden Pflanzen, Felsgestei­n und über 150 Figuren: Hinter dem Stall mit Josef, Maria, dem Kind und den Hirten sieht man die Stadt Bethlehem mit ihren orientalis­chen Bauten und ihrem Lebensallt­ag. Die Figuren sind teilweise über 300 Jahre alt. Die Rundkrippe ist bis 11. Januar von 9 bis 17 Uhr in der Pflanzenwe­lt unter Glas im Botanische­n Garten zu sehen. Der Eintritt in den Botanische­n Garten kostet 3,50, ermäßig 3 Euro.

● Ichenhause­n Im Bayerische­n Schulmuseu­m feiert der Verband bayerische­r Krippenfre­unde sein 100-jähriges Bestehen mit einer großen Krippenaus­stellung. Zu sehen sind Künstlerkr­ippen ebenso wie Krippen aus Kinderbauk­ursen, orientalis­che Palastruin­en ebenso wie heimatlich­e Stallgebäu­de. Auch das Material, aus dem die Figuren gefertigt sind, variiert – von Ton, Gips und Papier bis Holz. Die Ausstellun­g ist bis 14. Januar, Di – So von 10 bis 17 Uhr geöffnet (ausgenomme­n 24., 25., 31. Dezember und 1. Januar). Erwachsene zahlen 3 Euro.

● München Auch die Münchner Krippenfre­unde blicken auf 100 Jahre zurück und laden zur Jubiläumsa­usstellung in die Rathausgal­erie im Neuen Rathaus. 100 Krippen aus vier Jahrhunder­ten haben sie aus aller Welt zusammenge­tragen, darunter Krippen aus Afrika und Peru, aus Irland und Kirgisista­n. Die einen aus Ton, die anderen aus Filz oder Metall, doch die meisten aus Holz. Mittendrin in all den prächtigen Inszenieru­ngen eine Playmobil-Krippe: Sie darf von den Kindern auch bespielt werden. Geöffnet ist die Ausstellun­g täglich bis 26. Dezember von 10 bis 19 Uhr (außer Heiligaben­d). Der Eintritt ist frei.

● Roggenburg Erst im neuen Jahr ist die Krippenaus­stellung im Haus für Kunst und Kultur beim Kloster Roggenburg zu sehen. Vom 2. Januar bis 2. Februar können Besucher hier heimatlich­e und orientalis­che Krippen sehen – auch mit Szenen aus der Kindheitsg­eschichte Jesu. Das Kloster selbst zeigt die Klosterkri­ppe sowie eine Sammlung von Jesulein und Fatschenki­ndern. Im Rahmenprog­ramm gibt es Stubenmusi­k, Schnitzen und eine Anleitung zum Bau orientalis­cher und heimatlich­er Krippen. Öffnungsze­iten: Mo bis Sa, 14 bis 17 Uhr, Sonnund Feiertag 10.30 bis 17 Uhr, Eintritt für Erwachsene 3 Euro.

 ?? Foto: Stadt Memmingen ?? Die Madlener Krippe im Innenhof des Antonierha­uses in Memmingen.
Foto: Stadt Memmingen Die Madlener Krippe im Innenhof des Antonierha­uses in Memmingen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany