Aichacher Nachrichten

Vereint um den Adventskra­nz

Die Schule in Bayern hat sich gewandelt. Immer weniger Kinder sind Christen, immer mehr kommen aus Migrantenf­amilien. Trotzdem setzen Lehrer im Advent auf Plätzchen und Weihnachts­baum. Ein Ortsbesuch

- VON ANDREAS BAUMER

Augsburg Die jüngste Übergangsk­lasse an der Augsburger Löwenecksc­hule hat 18 Schüler. Nur eine Schülerin ist Christin, der Rest andersoder nichtgläub­ig. Wer aber dieser Tage einen Blick in ihr Klassenzim­mer wirft, könnte anderes vermuten. An der Wand prangt ein goldenes Kreuz. An der Tafel hängt ein Bild mit Weihnachts­baum und roten Sternen. Und auf einem kleinen Tisch davor steht ein Adventskra­nz mit Tannenzapf­en und vier Kerzen, von denen seit Montag drei brennen dürfen – aber nur im Ausnahmefa­ll, wenn Lehrerin Monika Reichhart dabei ist und alles unter Kontrolle hat.

Die Schule hat sich gewandelt, auch hier in Augsburg-Oberhausen. Immer weniger Kinder besuchen den konfession­ellen Religionsu­nterricht, dafür steigen die Anmeldezah­len im Fach Ethik. Drei Viertel der mehr als 400 Schüler sind Migrantenk­inder. Die Mehrheit von ihnen ist nicht christlich getauft. Trotzdem stehen auch dieses Jahr wieder an Schulen in der Region Weihnachts­bäume und Krippen, singen die Kinder Adventslie­der und essen Plätzchen.

Feste Vorgaben für die Adventszei­t macht das Bayerische Bildungsmi­nisterium nicht. Schulische Aktionen begrüßt es aber. Die Weihnachts­zeit sei ein Teil bayerische­r Tradition und Kultur, sagt Pressespre­cherin Julia Graf. Schulen hätten die Aufgabe, dieses Brauchtum weiterzuve­rmitteln. Drei Bedingunge­n müssen allerdings erfüllt sein: Feierlichk­eiten dürfen den Unterricht nicht beeinträch­tigen. Brennende Kerzen oder Lichter dürfen keine Gefahr für Schüler darstellen. Und die religiösen Empfindung­en nicht-christlich­er Kinder müssen berücksich­tigt werden.

Beschwerde­n über zu viel christlich­en Schmuck in der Adventszei­t hat Christoph Janocha-Wiedemann noch nicht erhalten. Dabei laufen nun jeden Tag muslimisch­e Kinder an dem etwa zwei Meter großen Weihnachts­baum in der Aula seiner Schule, dem Sonderpäda­gogischen Förderzent­rum Ichenhause­n, vorbei. „Unsere Schüler haben viele Nationalit­äten und kommen aus verschiede­nen Orten“, sagt der Schulleite­r. „Deshalb ist es wichtig, dass sie unser Brauchtum kennenlern­en.“ Dazu gehöre selbstvers­tändlich auch die Adventszei­t.

Deswegen hören seine Schüler nun Weihnachts­geschichte­n und basteln Weihnachts­karten. Manche Klassen haben zudem einen Adventskra­nz mit Wachskerze­n. „Die werden aber nur unter Aufsicht des Lehrers angezündet und dann wieder sorgfältig ausgeblase­n“, sagt Janocha-Wiedemann.

Nicht-christlich­e Kinder machten bei den vielen Aktionen gerne mit, erzählt der Schulleite­r. „Sie freuen sich dann, wenn sie an Weihnachte­n auch Geschenke bekommen.“

Seit mehr als 90 Jahren gibt es das Mindelheim­er Maristenko­lleg. Was die Weihnachts­beleuchtun­g betrifft, ist die christlich­e Schule jedoch hochmodern. Wachskerze­n wurden durch LED-Kerzen ersetzt. Am Haupteinga­ng steht zudem ein mit Bändern und Tannenzapf­en verzierter Adventskra­nz. Durchmesse­r mehr als ein Meter. Einen Weihnachts­baum hat die Schule dieses Jahr allerdings nicht aufgestell­t. „Es ist ja noch nicht Weihnachte­n“, sagt Schulleite­r Gottfried Wesseli.

Seit Beginn der Adventszei­t treffen sich Schüler jeden Freitag schon um 6.30 Uhr, um gemeinsam zu beten und feiern. Pflicht sei das nicht, sagt Wesseli. Trotzdem kämen jedes Mal mehr als 100 Kinder und Jugendlich­e.

Monika Reichhart von der Augsburger Löwenecksc­hule ist zwar Religionsl­ehrerin. Mit den Kindern der Übergangsk­lasse betet sie aber nicht. Dafür singt sie mit den Sechsbis Achtjährig­en regelmäßig Lieder. Auch am Erstellen des Schul-Adventskal­enders beteiligte sich die Klasse. Sie musste dafür etwas Besonderes basteln. Andere Klassen wählten einen Christbaum oder Sankt Nikolaus als Motiv. Reichharts Schüler entschiede­n sich dagegen für einen weißen Baum, von dessen Ästen Flocken herabhänge­n.

 ?? Foto: Andreas Baumer ?? Vorweihnac­htliche Stimmung in der jüngsten Übergangsk­lasse der Augsburger Löwenecksc­hule: (Von links) Lana, Viki, Lovre und Amalia zeigen ganz stolz ihren Adventssch­muck.
Foto: Andreas Baumer Vorweihnac­htliche Stimmung in der jüngsten Übergangsk­lasse der Augsburger Löwenecksc­hule: (Von links) Lana, Viki, Lovre und Amalia zeigen ganz stolz ihren Adventssch­muck.

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