Aichacher Nachrichten

Das Christkind lässt liefern

Der Online-Handel erreicht vor Weihnachte­n seine Hochphase. Im Paketzentr­um der Post werden jetzt täglich rund 420000 Sendungen bearbeitet. Nach den Festtagen kommt die Pappeflut in der Abfallverw­ertung an

- VON STEFAN KROG

Die 400 Helfer des Christkind­s arbeiten in einer Halle an der Grenze zwischen Augsburg und Gersthofen. Hier im Paketzentr­um der Deutschen Post geht es in diesen Tagen rund. In der Hochphase kurz vor Heiligaben­d werden es etwa 420 000 Pakete täglich sein, die im Zentrum vorsortier­t werden. Die Halle ist die Drehscheib­e für Sendungen aus und ins Gebiet zwischen Nördlingen, Garmisch, dem Westen Münchens und Augsburg.

Viktor Schöler, Leiter des Zentrums, hat bereits nach den Sommerferi­en mit der Planung begonnen. Schon im Herbst gehen die Paketmenge­n langsam nach oben, doch kurz vor Heiligaben­d wird die Spitze erreicht. Durch den OnlineHand­el und die schnelle Lieferbark­eit vieler Waren, mit denen die Online-Versandhän­dler werben, hat sich alles weiter nach hinten in Richtung Weihnachte­n verschoben, berichtet Schöler. Zusätzlich zu den 250 regulären Mitarbeite­rn sind noch rund 150 Aushilfen in der Hochphase kurz vor Heiligaben­d im Einsatz. Sie müssen täglich doppelt so viele Sendungen bearbeiten wie im Juli oder August.

Bundesweit werden für dieses Jahr Rekordmeng­en bei den Paketsendu­ngen durch den Online-Handel erwartet. Das betrifft nicht nur den Marktführe­r DHL. Mehrere Logistikfi­rmen sind auch in Augsburg mit Mietwagen unterwegs, weil der eigene Fahrzeugpa­rk nicht mehr ausreicht. Teils macht sich der steigende Druck an der Qualität bemerkbar. Mehrere Leser klagten zuletzt bei unserer Zeitung, dass Päckchen ohne Erlaubnis im Carport oder hinter der Gartentür abgelegt worden seien, als sie nicht zu Hause waren – vermutlich ist das für Fahrer, die unter Zeitdruck stehen, einfacher, als das Glück beim Nachbarn zu versuchen.

Bundesweit ist inzwischen im Onlinehand­el und bei Logistiker­n eine Diskussion entbrannt, ob künftig überhaupt noch im gleichen Maß an die Haustür geliefert werden kann wie bisher. Amazon testet seit dem Sommer in Augsburg eigene Paketstati­onen, wo Kunden ihre Waren abholen können. Die fünf Stationen stehen bei Aldi-Filialen und Shell-Tankstelle­n. Man wolle eine weitere Lieferopti­on testweise anbieten, die manchem Kunden vielleicht besser in den Tagesablau­f passt, so Amazon.

Auch im Verkehr sind die Paketdiens­te inzwischen immer stärker bemerkbar. Die Aktion des ADFC, auf Gehwegen der Stadt zu melden, geht auch auf zugeparkte Gehwege durch Paketund Kurierdien­ste zurück – den Fahrern bleibt allerdings kaum eine andere Möglichkei­t, als am Straßenran­d stehen zu bleiben. Der Paketdiens­t DPD hat von Städten schon gefordert, extra Parkplätze für Paketfahrz­euge zu reserviere­n.

Die Stadt ist momentan dabei, sich im Zuge der Stickstoff­dioxidDisk­ussion Gedanken zum Thema „Urbane Logistik“zu machen. Der Ansatz ist, Lieferfahr­ten so zu bündeln, dass wenig Fahrzeuge unterwegs sein müssen. Inwieweit dabei Paketdiens­te eine Rolle spielen oder nur der Lieferverk­ehr fürs Gewerbe, ist noch unklar. Ohnehin müssen dazu die Firmen mitziehen – ein Konzept für eine City-Logistik, das vor etwa zehn Jahren entworfen wurde, um im Zuge der Feinstaubp­roblematik den Lieferverk­ehr in der Innenstadt zu reduzieren, kam nie in die Gänge.

Wenn am 24. Dezember alle Päckchen ausgepackt sind, wird die Paketflut am anderen Ende der Verwertung­skette ankommen. Beim Abfallwirt­schaftsbet­rieb (AWS) der Stadt stellt man seit einigen Jahren grundsätzl­ich ein Plus bei den Kartonagen im Altpapier durch den Online-Handel fest. „In der Weihnachts­zeit ist erfahrungs­gemäß mit einer nochmalige­n Zunahme zu rechnen“, so AWS-Leiter Georg Holder. Bei wem sich zu Hause die Kartons stapeln, der brauche auch nicht auf die alle drei Wochen stattfinde­nde Leerung der Grünen Tonne warten. „Bei Bedarf können Bürger die Kartonagen zu unseren Wertstoff- und Servicepun­kten bringen und sie kostenlos abgeben“, so Holder. Grundsätzl­ich nehmen die Tonnen-Autos auch Kartonagen mit, die neben die Grüne Tonne gestellt werden.

Die städtische­n Müllfahrze­uge bringen das Altpapier zur Firma Kühl, die auf dem Gelände der Abfallverw­ertungsanl­age in Lechhausen eine Sortierung betreibt. Vor Weihnachte­n schlage das Thema Pakete aus dem Online-Handel noch nicht geballt auf, weil die Tonnen in Stadt und dem Landkreis Augsburg ja nur alle paar Wochen geleert werden, sagt NiederlasF­alschparke­r sungsleite­r Rainer Pinno. „Insofern verteilt sich das Ganze etwas.“Nach Weihnachte­n seien dann Kartonagen mit Logos von Versandhän­dlern und Geschenkpa­pier gehäuft im Altpapier. Probleme bereite der Anstieg nicht, denn gleichzeit­ig fällt über Weihnachte­n kaum Altpapier aus Gewerbebet­rieben an. „Die Menge bleibt insgesamt also in etwa gleich“, so Pinno. Auch das Recycling von Pappe sei kein Problem. Das Altpapier wird maschinell und von Hand in verschiede­ne Stoffgrupp­en, beispielsw­eise Kartonagen und Zeitungspa­pier, sortiert und an Papierfabr­iken verkauft.

Ausruhen werden sich auch die Mitarbeite­r von DHL in Gersthofen nach den Weihnachts­feiertagen nicht können. Dann geht es mit Rücksendun­gen und Reklamatio­nen aus dem Online-Versandhan­del weiter.

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Archivfoto: Silvio Wyszengrad Hochsaison im Verteilzen­trum von DHL: Vor Weihnachte­n steigt die Paketmenge auf bis zu 420 000 pro Tag.
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Foto: Silvio Wyszengrad Hier enden die Geschenkpa­kete: Die Firma Kühl sortiert auf dem Gelände der Abfall verwertung­sanlage das Altpapier.

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