Aichacher Nachrichten

Eine SPD Panne, die mehr sagt als tausend Worte

Die Partei spricht in einem Pressepapi­er bereits von „Koalition“, um dann wieder zurückzuru­dern

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Berlin Freudscher Fehler oder banale Panne? Die SPD betont seit Wochen, dass sie nur für „ergebnisof­fene Sondierung­en“mit der Union über eine Regierungs­bildung zur Verfügung stehe. Doch in dem von der SPD-Fraktionsp­ressestell­e zunächst verschickt­en Papier zum Spitzentre­ffen mit der Union tauchte als Punkt für die anstehende­n Sondierung­en auf: „Arbeitswei­se der Koalition.“Dies aber hätte den offizielle­n Beteuerung­en von SPDChef Martin Schulz widersproc­hen, man verhandle auch über andere Varianten als eine erneute GroKo, zum Beispiel über eine von der SPD tolerierte Minderheit­sregierung unter Führung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Als die SPD diese Version später korrigiert­e, amüsierte sich das politische Berlin bereits. In dem korrigiert­en Papier hieß der Punkt dann: „Arbeitswei­se der Regierung und Fraktionen.“Die SPD erklärte, die erste Version sei eine „nicht aktualisie­rte Fassung“gewesen.

Merkel hatte klargemach­t, dass sie nur über eine stabile Regierung verhandeln wolle – und damit über eine Große Koalition. Schulz steht aber massiv unter Druck, auch andere Varianten ins Spiel zu bringen. In der SPD gibt es nach dem Debakel bei der Bundestags­wahl eine große Ablehnung einer erneuten Großen Koalition. Sollte Schulz daher nicht auch über andere Varianten verhandeln, könnte es für ihn noch schwierige­r werden, beim Sonderpart­eitag am 21. Januar in Bonn die notwendige Zustimmung für Verhandlun­gen über eine Koalition mit CDU und CSU zu erzielen.

Immerhin wird bei den Vorsondier­ungen nicht so viel geplaudert wie bei den ersten Gesprächen über ein Jamaika-Bündnis: Nach dem Spitzenges­präch verzichtet­en die potenziell­en Partner demonstrat­iv auf Statements. Sie veröffentl­ichten lediglich eine schriftlic­he Erklärung: eine Seite mit dem straffen Zeitplan und den geplanten Themen. In der Erklärung war von einem guten Gespräch in „vertrauens­voller Atmosphäre“die Rede.

Der bayerische Noch-Ministerpr­äsident Horst Seehofer ließ sich beim Rausgehen nur wenig entlocken. „Wir können Weihnachte­n entspannt begehen und den Jahreswech­sel abwarten“, sagte er. SPDFraktio­nschefin Andrea Nahles nannte die Stimmung „gut“. SPDFraktio­nsgeschäft­sführer Carsten Schneider hält die Bildung einer Regierung bis Anfang April für möglich. „Ich gehe davon aus, dass wir das bis Ostern schaffen können“, sagte er im ZDF.

Ostersonnt­ag fällt 2018 auf den 1. April. „Ich bin mir sicher, dass die Kanzlerin auch weiß, sie wird jetzt sehr viel mehr eingehen müssen, (...) um eine stabile Regierung zu bilden mit der SPD“, sagte er. Schulz feierte am Mittwoch seinen 62. Geburtstag. Von Seehofer bekam der SPD-Chef auch ein Geschenk: einen bayerische­n Löwen aus Nymphenbur­ger Porzellan, wie zu hören war.

Ob es derart harmonisch weitergeht, bleibt abzuwarten. Ex-Bundestags­präsident Norbert Lammert geht nach einem Bericht der BildZeitun­g von einem Scheitern der Verhandlun­gen für eine Große Koalition aus. Der CDU-Politiker und Vorsitzend­e der Konrad-AdenauerSt­iftung habe im kleinen Kreis die Prognose ausgegeben, es werde eine vorgezogen­e Neuwahl geben ohne eine erneute Kandidatur Merkels. Er rechne mit einer schwarz-grünen Koalition. Allerdings kam das Dementi postwenden­d: Dieses „mir angedichte­te Zitat ist frei erfunden“, sagte Lammert später dem Sender N24 . Er habe nur gesagt, dass er das Zustandeko­mmen einer erneuten Großen Koalition „keineswegs als einfache Übung“betrachte. Er hoffe auf einen Erfolg der Gespräche zwischen Union und SPD, fügte der frühere Bundestags­präsident hinzu. Aber nichts gefährde das Zustandeko­mmen einer erneuten Großen Koalition mehr als „die regelmäßig­e Behauptung, dass sie zustande kommt“.

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Foto: M. Kappeler, dpa Hat der Mann wirklich gut lachen? Bei den Gesprächen mit der Union vielleicht nicht. Aber Martin Schulz feierte gestern seinen 62. Geburtstag.

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