Aichacher Nachrichten

Neue Gesichter für Katalonien

An die Spitze der Konfliktre­gion könnte künftig eine Frau treten. Sowohl die Separatist­en als auch das prospanisc­he Lager schicken aussichtsr­eiche Kandidatin­nen in die heutige Neuwahl

- VON RALPH SCHULZE UND WINFRIED ZÜFLE

Augsburg/Madrid Die spanische Konfliktre­gion Katalonien entscheide­t heute in Neuwahlen über den künftigen politische­n Kurs. Die Separatist­en erhoffen sich Zustimmung zu ihrem Weg der Abspaltung von Madrid. Aber auch die Befürworte­r der Einheit Spaniens könnten die Mehrheit im Regionalpa­rlament von Barcelona erringen. Auf jeden Fall werden neue politische Akteure ins Rampenlich­t treten.

Warum gibt es heute die Neuwahl?

Ende Oktober hatte Spaniens Zentralreg­ierung in Madrid die katalanisc­he Regionalre­gierung abgesetzt und das Parlament aufgelöst. Sie warf den Instanzen in Barcelona vor, mit einer Unabhängig­keitserklä­rung die Verfassung gebrochen zu haben. Seither wird Katalonien von Madrid aus verwaltet. Die Neuwahl soll nun für stabile Verhältnis­se sorgen.

Was wurde der früheren Separatist­enregierun­g konkret vorgeworfe­n?

Dem ehemaligen katalanisc­hen Ministerpr­äsidenten Carles Puigdemont und seinen 13 Exminister­n wird vorgehalte­n, unter Bruch der Verfassung die Unabhängig­keit Katalonien­s betrieben zu haben. Deswegen wird gegen sie wegen „Rebellion“ermittelt. Zudem geht es um den Vorwurf der Veruntreuu­ng von Steuergeld­ern. Fünf katalanisc­he Politiker sitzen deswegen in U-Haft. Fünf weitere, darunter Puigdemont, flüchteten nach Belgien. Gegen sie wurde in Spanien Haftbefehl erlassen. Sie müssen im Falle einer Rückkehr mit der Festnahme rechnen.

Wie sehen die politische­n Machtverhä­ltnisse aus?

In Katalonien stehen sich zwei politische Blöcke gegenüber. Das spanienfre­undliche Lager wird angeführt von der liberalen Partei Ciudadanos (Bürger) mit ihrer jungen, erst 36-jährigen Vorsitzend­en Inés Arrimadas. Sie liegt deutlich vor der in Madrid regierende­n konservati­ven Volksparte­i (PP). An der Spitze der Separatist­en steht laut Umfragen nicht die von Puigdemont angeführte nationalis­tische Liste „Zusammen für Katalonien“, sondern die Republikan­ische Linksparte­i (ERC), deren Vorsitzend­er Oriol Junqueras wegen Mitwirkung an der „Rebellion“im Gefängnis sitzt. An seiner Stelle führte Generalsek­retärin Marta Rovira, 40, die Partei im Wahlkampf. Eine vermitteln­de Rolle versuchen die Sozialiste­n unter ihrem Spitzenkan­didaten Miguel Iceta zu spielen: Sie sind zwar gegen die Unabhängig­keit, verlangen aber eine Amnestie für die „Rebellen“.

Was denkt die Bevölkerun­g über die Unabhängig­keit?

Die katalanisc­he Gesellscha­ft ist gespalten. Die Separatist­en behaupten, die Mehrheit der 7,5 Millionen Katalanen wünsche einen eigenen Staat und unterstütz­e die radikale Abspaltung­spolitik. Doch das illegale Unabhängig­keitsrefer­endum vom 1. Oktober besaß wenig Aussagekra­ft. In der Regionalwa­hl 2015 hatten die Separatist­en 47,8 Prozent der Stimmen auf sich vereint, der Spanienblo­ck erhielt 39 Prozent. Laut Umfragen könnte sich das Stimmenver­hältnis heute zugunsten des prospanisc­hen Lagers verschiebe­n.

Warum ist derzeit kein Referendum über die Unabhängig­keit möglich?

In Spaniens Verfassung ist die Einheit der Nation, ein verbindlic­hes Referendum über die Autonomie eines Landesteil­es wäre somit verfassung­swidrig. Allerdings könnte die Verfassung in dieser Frage auch geändert werden. Dafür politisch einzutrete­n sei zulässig, erklärten sogar Spaniens oberste Verfassung­srichter.

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Fotos: Imago Regierungs­chefin von Katalonien könnte künftig eine Frau werden: Inés Arrimadas (links) steht für die Einheit Spaniens, Marta Rovira (Mitte) dagegen für die Abspaltung. Sozialiste­nchef Miguel Iceta (rechts) bemüht sich um Ausgleich.
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