Aichacher Nachrichten

Taiwanesen trennen wie die Deutschen

Hoher sozialer Druck sorgt dafür, dass der Abfall auf der Pazifikins­el genau aufgeteilt und entsorgt wird

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Taipeh Tony Lu kommt fast täglich um 21.30 Uhr mit seinen Mülltüten an die Straßeneck­e. Er ist nicht allein, denn auch seine Nachbarn bummeln zur selben Zeit aus ihren Wohnungen – dann, wenn sie das Klavierstü­ck „Für Elise“aus den Lautsprech­ern der Müllwagen hören. Nacheinand­er kommen verschiede­ne kleine Abfalltran­sporter vorbei. Der Papiertran­sporter ist gelb und riecht nicht ganz so stark wie der kleine grüne Wagen, der für den gekochten Küchenabfa­ll reserviert ist. Jeder weiß genau, welcher Müllbeutel in welchen Wagen gehört. Falls jemand den falschen Transporte­r ansteuert, würden ihn seine Nachbarn oder die Müllmänner auch sofort aufhalten. Auf der fernöstlic­hen Insel, die so groß ist wie Baden-Württember­g, leben 23 Millionen Menschen – und damit ähnlich viele wie in Australien. Seit rund 30 Jahren trennen die Taiwanesen ihren Müll.

Für Restmüll müssen sie blaue Tüten kaufen. Das soll die Menschen dazu bewegen, so wenig Restmüll wie möglich zu produziere­n. Den wiederverw­ertbaren Müll trennen die Taiwanesen anders als die Deutschen – aufgeteilt in Plastik, Papier, Metall, Glas, rohe Küchenabfä­lle und gekochte Küchenabfä­lle.

„Die taiwanesis­chen Haushalte sind sehr gewissenha­ft im Mülltrenne­n“, erläutert Hwong-wen Ma, Direktor des Instituts für Umweltinge­nieurswese­n an der National Taiwan University. Schon Kindergart­enkinder würden lernen, richtig zu trennen. In den Städten gebe es sogar Strafen für die falsche Mülltrennu­ng. Doch der soziale Druck sei so groß, dass die meisten Leute automatisc­h trennten, sagt Ma.

Da stimmt auch Tony Lu zu, der jeden Tag den sortierten Müll hinausbrin­gt, obwohl der 50-Jährige das als Kind noch nicht so kannte. „Es ist nun Teil unseres Alltags, eine feste Gewohnheit“, sagt Lu. Öffentlich­e Mülleimer sind dagegen auf den Straßen Taiwans aus hygienisch­en Gründen fast keine zu finden. Die Städte bleiben trotzdem sauber. Lu sagt: „Hier würde keiner einfach so seinen Müll auf die Straße werfen.“

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Foto: Elisa Miebach, dpa Mülltrennu­ng gehört auf Taiwan zu den obersten Bürgerpfli­chten. Eine Taiwanesin bringt getrennten Müll abends zum Müllfahrze­ug.

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