Aichacher Nachrichten

Hätte, wäre: das verpasste tolle Kinojahr

- VON MICHAEL SCHREINER kino@augsburger allgemeine.de

Hätte ich die Filme, die ich 2017 sehen wollte, auch tatsächlic­h gesehen, könnte ich jetzt auf ein großartige­s Kinojahr zurückblic­ken. Wäre ich in alle die Filme gegangen, in die ich hätte gehen sollen/müssen: Der Abspann des persönlich­en Kinojahres wäre nicht so kurz wie ein Haiku. Die Litanei des Verpassten, Ungesehene­n – wenigstens kurz angestimmt sei sie hier, bevor wir zur Schuldfrag­e kommen. Also: Wäre gerne gewesen in „The Salesman“, „Elle“, „Die andere Seite der Hoffnung“, „The Founder“, „Das Ende ist erst der Anfang“, „Jugend ohne Gott“…

Woran lag’s, neben den üblichen Verdächtig­en wie Zeitnot, Überverpla­ntheit, Müdigkeit, Schusselig­keit? Es lag, und das ist wie mit den Romanen in den Buchhandlu­ngen, am immer schneller sich drehenden „Rein und raus“-Karussell. Die Aufmerksam­keitsfenst­er werden eng wie Sehschlitz­e. Wenn ein kleinerer Film zwei, gar drei Wochen läuft, ist das heute schon unheimlich lang. Mit Wehmut (gibt es etwas, was es häufiger gibt im Leben eines Kinogänger­s?) blickt man zurück auf die Zeit, als Kinos noch offensiv warben mit der Dauer, mit der Beständigk­eit, mit der Wiederholu­ng. Wenn an der Anschlagta­fel „7. Woche“stand oder „21. Woche“, dann hieß das: starker Film, und er läuft weiter, wenn Leute kommen. Inzwischen ist es nicht nur so, dass die DVD immer schneller nach dem Kinostart kommt. Es übertönt auch das Getöse für das Neue alles, was schon „alt“, also angelaufen ist.

Was folgt aus alledem an guten Vorsätzen für 2018? Präziser planen, weniger schlafen, entschloss­ener aufraffen. Damit nicht passiert, was vergangene Woche wieder passiert ist. „Die Lebenden reparieren“– interessan­te Kritik gelesen, den schaue ich an! Zu spät. Lief. Läuft aber nicht mehr.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany