Abschied eines Unvollendeten
Die hat gestern Mittag das Karriereende von Tomas Rosicky vermeldet. Eine bemerkenswerte Nachricht, zumal selbst eingeweihte Kreise nicht zweifelsfrei hätten sagen können, ob der 37-Jährige bis dahin überhaupt noch eine Karriere hatte. Wir haben ihn aus den Augen verloren – was nicht hätte passieren dürfen.
Weil aber nichts im Leben ungesühnt bleibt, war die Nachricht von Rosickys Karriereende nicht nur Nachricht, sondern auch Strafe. Schmerzhaft empfundene Erinnerung an einen Unvollendeten, der nie einen großen Titel gewonnen hat.
Vielleicht hätten wir in ein paar Jahren gefragt, was ist eigentlich aus diesem kleinen Tschechen geworden? Wie hieß er gleich? Na der, dem jedes Trikot zu groß war, diesem schmalbrüstigen Hungerhaken, den in küstennahen Stadien der Wind bedrohte, den sie Mozart nannten, der wie ein Schmetterling den Ball umflatterte und in seinem jugendlichen Körper mehr Fußballgenie versammelte als sonstwo eine komplette Mannschaft?
Ach der! Keine Ahnung, was aus dem geworden ist. Hat sich davongeschlichen. Es hätte einen dann wieder einmal gewundert, wie sich ein solcher Zauberlehrling, der dreimal Fußballer des Jahres seines Heimatlandes war, der Borussia Dortmund die Rekordablöse von 25 Millionen Mark wert war, der 105-mal für Tschechien und zehn Jahre für den FC Arsenal gespielt hat, sich derart in Nichts auflösen kann. Über dieses Staunen wären die alten Bilder wieder aufgetaucht, in denen dieser Ballstreichler und leichtfüßige Stratege die großen Fußball-Bühnen der Welt betreten hat, eine Karriere lang gejagt und zur Strecke gebracht von rauen Verteidigerbeinen. Zur Freude aller, die ein Herz für die Kleinen und eine Schwäche für Ästhetik haben, hat sich Rosicky immer wieder aufgerappelt, den Ball gestreichelt und umflattert. So ging das fast zwanzig gemeinsame Jahre lang. Jetzt ist Schluss. Gut, dass wir vom Ende erfahren haben. Sbohem, Zauberlehrling!