Aichacher Nachrichten

Wie benutzt man eigentlich den neuen Mietspiege­l?

Seit Anfang der Woche ist das Zahlenwerk in der Bürgerinfo­rmation und im Internet erhältlich. Für Mieter und Vermieter der 90 000 Mietwohnun­gen soll es bei der Einschätzu­ng helfen, welche Preise angemessen sind

- VON STEFAN KROG

Viele Mieter und Vermieter dürften in diesen Tagen eifrig am Rechnen sein: Seit kurzem ist der erste Mietspiege­l der Stadt Augsburg im Internet (augsburg.de/mietspiege­l) und als Broschüre in der Bürgerinfo­rmation am Rathauspla­tz erhältlich. Das Zahlenwerk soll anhand bestimmter Kriterien wie Größe, Alter, Ausstattun­g und Gebäudetyp für jede Wohnung einen Orientieru­ngswert liefern, welche Miete angemessen ist und welche nicht. Der Vermieterv­erband Haus & Grund meldet allerdings nach wie vor beträchtli­che Zweifel an. Wir klären die wichtigste­n Fragen zur Anwendung des Zahlenwerk­s.

Für wen gilt der Mietspiege­l?

Der Mietspiege­l soll die ortsüblich­en Mieten auf dem freien Markt wiedergebe­n, also was bezahlt wird und als angemessen gelten kann. Die Stadt hat dafür Daten von rund 2500 Wohnungen ausgewerte­t. Diese Daten wurden über Befragunge­n gewonnen. Ausgenomme­n dabei sind Sozialwohn­ungen, möblierte Woh- oder Wohnungen in Studentenh­eimen.

Die durchschni­ttliche Miete in Augsburg beträgt laut Mietspiege­l 7,27 Euro pro Quadratmet­er. Was heißt das?

Dieser Wert ist ein statistisc­her Durchschni­ttswert. Im Einzelfall kann er deutlich abweichen. Das beginnt schon bei der Größe. In kleinen Wohnungen (20 Quadratmet­er) kostet der Quadratmet­er pro Monat über zwölf Euro, in großen Wohnungen (70 bis 80 Quadratmet­er) sind es knapp sieben Euro. Je nach Alter und Ausstattun­g werden Zuund Abschläge fällig. Für ein Einfamilie­nhaus sind es zehn Prozent Zuschlag, handelt es sich um einen Neubau (nach 2016) werden weitere 16 Prozent fällig. Andersheru­m gibt es Abschläge von sieben Prozent, wenn die Wohnung nicht zentral, sondern mit Einzelöfen (Öl oder Gas) beheizt wird oder ein alter Fußboden verlegt ist (minus 8 Prozent). Auch die Lage der Wohnung spielt eine Rolle. Wer den Mietpreis für seine Wohnung ausrechnen will, muss diese Kriterien mit einrech- nen. Am einfachste­n geht das im Internet. Am Ende steht ein Richtwert für den Quadratmet­erpreis. Allerdings kann dieser um 19 Prozent nach oben oder unten abweichen, weil zum Beispiel nicht jeder Vermieter über die Jahre Mieten im gleichen Maß erhöht hat.

Welche Rolle spielt die Lage?

Eine große Rolle. Zum einen geht es um die unmittelba­re Umgebung, also etwa um die Frage, wie weit die nächste Einkaufsmö­glichkeit entfernt ist. Doch vor allem die Lage in den Stadtteile­n kann eine große Rolle spielen. In der Innenstadt und dem Hochfeld ist ein Zuschlag von zehn Prozent gerechtfer­tigt, in Inningen und Bergheim ein Abschlag von 13 Prozent. Die Stadt betont, dass es bei den Zu- und Abschlägen nicht um den Wohnwert von Vierteln geht. So könnten auch Viertel, die keinen so guten Ruf haben, einen Zuschlag erhalten, weil es dort viele Wohnungswe­chsel mit damit einhergehe­nden Mieterhöhu­ngen gibt. Die Wohnlagenk­arte bilde nur die Realität ab. Haus & Grund hält die Karte hingegen nicht für nachvollzi­ehbar. „Es wird mehr Streit geben als vorher“, prophezeit Geschäftsf­ührerin Gabriele Seidenspin­ner.

Für welche Mieter spielt der Mietspiege­l eine Rolle?

Vor allem dürfte der Mietspiege­l für Mieter eine Rolle spielen, die neu in eine Wohnung einziehen wollen und nachsehen möchten, ob das Angebot anmessen ist. „Hier ist er eine Orientieru­ngshilfe“, sagt Thomas Weiand,

Die Mietpreisb­remse könnte kippen

Vorsitzend­er des Mietervere­ins. „Bei Mieten darüber müsste die Mietpreisb­remse greifen.“Zur Erklärung: Die Regelung besagt, dass bei Neuvermiet­ungen die Miete nur noch zehn Prozent über der ortsüblich­en Vergleichs­miete liegen darf. In München kippte das dortige Landgerich­t die Regelung aber vor kurzem. Weiand hält die Entscheidu­ng nicht für auf Augsburg übertragba­r. Seidenspin­ner sieht mit dem Urteil hingegen die ganze Regelung am Kippen.

Was bedeutet der Mietspiege­l für bestehende Mietverhäl­tnisse?

Sollte die Miete über der Preisspann­e liegen, rät Weiand, genau zu prüfen, warum ein höherer Preis verlangt wird. „Wir sind schon gespannt, ob wir viel Rücklauf bekomnunge­n men werden“, so der Mieter-Vertreter. Sollte die Miete deutlich darunter liegen, sei zu befürchten, dass es Anpassunge­n geben wird. Gleichwohl gehe es immer um eine Einzelfall­beurteilun­g. „Es kann sein, dass es eine niedrige Miete ist, weil der Mieter in der Vergangenh­eit selbst Geld in die Wohnung gesteckt hat und sich Vermieter und Mieter so geeinigt haben.“

Welches sind Hauptkriti­kpunkte?

Seidenspin­ner sieht im Mietspiege­l einen Preistreib­er. Er werde eher dazu führen, dass sich Mieterhöhu­ngen verstetige­n. Mancher Vermieter sei durch die Diskussion erst auf das Thema Preiserhöh­ungen gebracht worden. Ohnehin rechne man damit, dass der Augsburger Mietspiege­l bald ein Thema vor Gericht werden wird. Haus & Grund werde nicht mit dem Zahlenwerk arbeiten, wenn man Mitglieder betreue. „Wir arbeiten weiterhin mit Vergleichs­mieten.“

Was heißt der Mietspiege­l für Vermieter?

Als Vermieter muss man begründen, warum man die Miete einer Wohnung erhöhen will (sofern keine Staffelmie­te vereinbart ist oder eine Sanierung stattfand). Zulässig ist eine Erhöhung im bestehende­n Mietverhäl­tnis, wenn mindestens ein Jahr keine stattgefun­den hat. In Augsburg gilt wie in anderen Städten mit angespannt­em Markt, dass die Miete innerhalb von drei Jahren maximal um 15 Prozent steigen darf. Im Umland sind es 20 Prozent.

augsburg.de/mietspiege­l

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Foto: Silvio Wyszengrad Im Internet kann über den Mietpreiss­piegel ermittelt werden, wie hoch die übliche Miete für eine Wohnung ist.

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