Boxerin Carolina Odenbach
Auf den ersten Blick wirkt Carolina Odenbach schüchtern und zurückhaltend. Dabei ist die 16-Jährige bayerischer Box-Champion. Wie ihr der Sport im Alltag hilft und welche Ziele die Mittelschülerin verfolgt
Aichach Boxsäcke hängen im kleinen Trainingsraum unter der Vierfachhalle in Aichach von der Decke. Es ist eng, die Luft nicht gerade gut. Wer kommt hier gleich rein? Ein muskelbepackter Kämpfer, vollgepumpt mit Adrenalin. Mike Tyson halt oder zumindest Rocky Balboa. Als sich die Tür öffnet, begrüßt einen kein Muskelprotz. Leise und eher zurückhaltend tritt Carolina Odenbach in den Trainingsraum. Die 16-Jährige ist freundlich und ein wenig schüchtern. Würde man ihr auf der Straße begegnen, käme einem nicht in den Sinn, dass die Aichacherin bayerische Box-Meisterin im Halb-Weltergewicht (bis 60 Kilo) ist.
Angefangen hat Odenbach vor zwei Jahren. Sie hatte zuvor schon verschiedene Sportarten ausprobiert, aber richtig fasziniert hat sie erst das Boxen. Das kannte sie von ihrem Vater Wjatscheslaw. Der hat früher selber geboxt und leitet jetzt die Boxabteilung des TSV Aichach. Die junge Sportlerin hat sich bisher gut gemacht und weiß, was sie im Ring draufhat. Das spiegelt nicht nur ihr jüngster Titel wider, sondern auch ihre Einstellung. „Ich will erfolgreich sein und Profi werden.“Kämpfe muss die Aichacherin gewinnen, wenn sie das schaffen will. Vater Wjatscheslaw erzählt: „Bisher hat sie 16 Kämpfe gemacht, ab 25 wird sie richtig routiniert sein.“Auf dem Weg nach oben sei Wettkampfpraxis das A und O, so Odenbach. Nur durch viel Sparring und Wettbewerbe bekomme man Erfahrung. Daher sind die Odenbachs viel unterwegs – und das nicht nur in Deutschland. Sie sind auch schon auf Wettkämpfe und Lehrgänge nach Tschechien und in die Schweiz gefahren. Momentan müsse sie sich jedoch erst einmal aufbauen und die Schule abschließen, so der Vater.
Dass es im Ring nicht immer leicht ist, weiß die 16-Jährige. „Bei der deutschen Meisterschaft habe ich es leider nicht geschafft“, erzählt sie. Gleich im ersten Kampf gab es eine Niederlage. „Da war ich schon sehr traurig.“Demotiviert habe sie das aber nicht. Im Gegenteil – sie trainiert schon für ihr nächstes Ziel. 2008 fährt sie auf vier Lehrgänge für die deutsche Meisterschaft. Ist sie dort gut, wird sie in ihrer Gewichtsklasse nominiert. Außerdem finden Anfang April die schwäbischen Meisterschaften in Lindenberg im Allgäu statt. Auch dort wird Carolina Odenbach antreten. Dafür trainiert die junge Boxerin hart. „Ich habe drei Mal Training und gehe mindestens ein Mal pro Woche Joggen“, erzählt sie. Wenn ein Kampf ansteht, trainiere sie aber auch schon mal jeden Tag. Für sie sei das kein Problem, auch deshalb, weil ihr die Erfahrungen aus dem Boxen auch im Alltag helfen. „Ich war früher sehr schüchtern und nicht so selbstbewusst. Seit ich boxe, ist das anders“, verrät die junge Aichacherin. Besonders in der Schule – sie besucht die Geschwister Scholl-Mittelschule in Aichach – haben ihr die Disziplin und das Durchhaltevermögen aus dem Boxen geholfen. Ihr Durchhaltevermögen war im Boxen von Anfang an gefordert. Denn ihr Vater Wjatscheslaw ist auch ihr Box-Trainer. „Das ist schon schwer“, sagt Carolina dazu. Aber trotzdem komme sie mittlerweile sehr gut damit klar. Das liegt vor allem daran, dass Vater und Tochter gleich von Beginn an klare Grenzen vereinbart haben. Wjatscheslaw Odenbach erzählt: „Am Anfang hatten wir eine kleine Krise. Nur weil ich als Trainer lauter wurde, hieß das ja nicht, dass ich sie nicht liebte. Das hat etwas gedauert.“Wichtig sei, so Odenbach, zu trennen zwischen dem Trainer und dem Vater, besonders weil immer Emotionen dabei seien. Im Training ist das Verhältnis zwischen Tochter und Vater ein ganz anderes. „Das ist nicht leicht für mich und nicht leicht für Carolina“, berichtet Odenbach. Lange werde er ohnehin nicht mehr ihr Trainer sein. „In zwei, drei Jahren werde ich sie abgeben. Vielleicht nach Augsburg zu den Brüdern Haan.“Den Augsburger Profi-Boxstall, bei dem auch Tina Rupprecht boxt, kennt Odenbach noch aus seiner eigenen Zeit als Kämpfer. Rupprecht verteidigte vor rund drei Wochen ihren Weltmeistertitel in der Kühbacher Stockschützenhalle (wir berichteten).
Trotz der anfänglichen Schwierigkeiten ist Carolina froh, dass ihre Familie so nah dran ist. „Es ist schön, zu wissen, dass sie da sind und mich unterstützen.“Carolinas Mutter ist genau wie ihr Vater bei jedem Kampf vor Ort. „Meine Mama ist voll dabei. Sie filmt alles.“Auch Schwester Violetta (zwölf Jahre) unterstützt sie bei ihrem großen Ziel. Trotz ihres jungen Alters weiß die 16-Jährige schon genau, was sie möchte: „Ich will zu Olympia und dann Profi werden.“Sieht man sie in den Boxsack schlagen, wird klar – das zurückhaltende Mädchen kann auch anders. Vor allem im Ring, wo sie sich selbstbewusst gegen ihre Gegnerinnen durchsetzt.