Verhafteter Pilger endlich wieder frei
David Britsch weiß nicht, warum er inhaftiert wurde. Aber er hat eine Vermutung
Berlin/Schwerin Nach fast neunmonatiger Haft in der Türkei ist der Deutsche David Britsch überraschend freigelassen worden und zu seiner Familie in Schwerin zurückgekehrt. Der 55-Jährige zeigte sich nach seiner Heimkehr erleichtert, übte aber gleichzeitig scharfe Kritik am Vorgehen der türkischen Behörden. Er sei wohl eine Art Geisel des türkischen Staates gewesen, sagte Britsch am Freitag in Schwerin.
Er habe für seine mehrmonatige Pilgerreise zu Fuß von Deutschland bis nach Jerusalem durchaus mit Schwierigkeiten gerechnet. „Aber nicht damit, dass ein Nato-Partner und EU-Beitrittskandidat so konsequent die Rechtsstaatlichkeit mit Füßen tritt“, betonte Britsch. Rechtlicher Beistand sei ihm lange verwehrt und bis zum Schluss auch kein Grund für seine Inhaftierung genannt worden.
Der Pädagoge und Mediator war nach eigenen Angaben am 21. November 2016 zu Fuß aufgebrochen. Anfang April endete die Pilgerreise aber abrupt an der türkisch-syrischen Grenze. In der Stadt Antakya wurde Britsch festgenommen und später in das Abschiebegefängnis in Askale im Nordosten gebracht, wo er bis zum Donnerstag einsaß.
Er betonte: „Ich bin ein unbescholtener Bürger, der sich weder in Deutschland noch in der Türkei jemals etwas zu Schulden hat kommen lassen.“Als Grund vermutet er die politischen Spannungen zwischen Berlin und Ankara seit dem Putschversuch 2016 und die türkischen Forderungen nach Auslieferung möglicher Gülen-Anhänger. „Erdogan hat ja ziemlich deutlich gesagt, dass er da ein Gegengewicht schaffen will“, erklärte Britsch. Deshalb seien mehrere Deutsche festgenommen worden.
Seine Freilassung war die zweite eines Deutschen in der Türkei in dieser Woche. Am Montag war die Ulmer Journalistin Mesale Tolu nach siebenmonatiger Untersuchungshaft auf freien Fuß gesetzt worden. Außenminister Sigmar Gabriel äußerte sich erleichtert über Britschs Freilassung.