Aichacher Nachrichten

Referent Wurm auf einer Gratwander­ung

Dass die Situation am Oberhauser Bahnhof verbessert wird, ist auf seinen Einsatz zurückzufü­hren. In der Standortfr­age für den Süchtigen-Treff stellte sich der SPD-Mann selbst ein Bein. Die Rettung folgte

- VON MICHAEL HÖRMANN moeh@augsburger allgemeine.de

Es ist eine klare Botschaft des Augsburger Stadtrats an die Bürger im Stadtteil Oberhausen: Die Stadt will die Zustände am Helmut-Haller-Platz, der seit Jahren zum Treffpunkt der Drogenund Alkoholike­rszene mit allen unliebsame­n Begleiters­cheinungen geworden ist, in dieser Form nicht länger hinnehmen. Als Anlaufstat­ion für die Süchtigen gibt es künftig einen Treff, der nach langer Standortsu­che in der Branderstr­aße angesiedel­t wird. Sie grenz unmittelba­r an den Bahnhofsvo­rplatz an. Mit einem Paket an Maßnahmen soll die Wohnqualit­ät im Viertel rund um den Bahnhof verbessert werden. Für den Helmut-Haller-Platz selbst sind zusätzlich­e Veranstalt­ungen geplant, um ihn zu beleben. Baulich soll einiges verschöner­t werden. Polizei und städtische­r Ordnungsdi­enst verstärken die Kontrolle vor Ort. Was vom Stadtrat jetzt beschlosse­n wurde, ist ein in sich schlüssige­s Paket.

Es war ein schwierige­r Weg bis dahin mit einigem Hin und Her, was vor allem an der Standortsu­che für den geplanten Süchtigen-Treff gelegen hat. Diese Frage hat die politische Diskussion überlagert. Und sie wurde zu einem Politikum, in dessen Verlauf Ordnungsre­ferent Dirk Wurm (SPD) massiv unter Druck geriet. Am Ende des Prozesses muss sich Wurm aber keineswegs als Verlierer fühlen. Er ist gestolpert, aufgestand­en und hat dank der Unterstütz­ung von oberster Stelle im Rathaus am Ende sein Ziel erreicht. Ein Gewinner in diesem äußerst schwierige­n Prozess ist Wurm damit allerdings auch nicht. Die Umsetzung des Süchtigen-Treffs trägt am Ende die Handschrif­t der Stadtregie­rung. In der Abwägung spricht für die Branderstr­aße jedenfalls deutlich mehr als für die Dinglerstr­aße. Was auch klar ist: Den idealen Standort für einen Süchtigen-Treff wird es ohnehin niemals geben. Das weiß die Stadtregie­rung nach den zurücklieg­enden Erfahrunge­n. Deshalb wird es jetzt frühzeitig Informatio­nsveransta­ltungen geben, um Anwohner einzubinde­n.

Die Dinglerstr­aße, die als Erstes ausgewählt worden war, war letztlich nicht durchsetzb­ar, weil sie inmitten eines Wohngebiet­s liegt und der Protest frühzeitig hochkochte. Dafür trug Wurm die politische Verantwort­ung, da er sich sehr ungeschick­t verhielt. Die Dinglerstr­aße wurde quasi als Geheimsach­e eingestuft. Wurm hatte den großen Fehler begangen, Anwohner und Stadträte nicht in seine Planungen einzubinde­n. Dieses Verhalten machte Wurm extrem angreifbar. Der Referent räumte später den Fehler ein. Mit seinen Hausbesuch­en und bei den drei städtische­n Informatio­nsabenden warb er offensiv für das Konzept des Treffs. Dieser Einsatz brachte Wurm in dieser Woche im Stadtrat Anerkennun­g und Respekt des politische­n Gegners ein. Man nahm ihm ab, eine Lösung für die Situation rund um den Oberhauser Bahnhof finden zu wollen. Wurm wollte etwas bewegen, er war initiativ. Das spricht in der Rückschau für ihn.

Politisch betrachtet, stand SPDMann Wurm nicht auf verlorenem Posten: In Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) hatte er einen Verbündete­n, um für Oberhausen eine zufriedens­tellende Lösung zu finden. Bereits beim ersten städtische­n Informatio­nsabend in Oberhausen hatte Gribl unmissvers­tändlich geäußert, „dass die Standortfr­age nicht eine Frage von Gewinnern und Verlierern ist“. Gribl unterstric­h, dass es um eine Aufgabe gehe, die von der Stadtregie­rung angepackt werden müsse. Das Wort „Chefsache“fiel zwar nicht, doch spätestens zu diesem Zeitpunkt war absehbar, dass die Weichen in der Regierung für einen Vorschlag gestellt werden, der auf breite Unterstütz­ung zählen konnte. Gribl und die Augsburger CSU stellten das Betreuungs­konzept für die Süchtigen, das maßgeblich von Wurm ausgearbei­tet wurde, nicht länger infrage. Knackpunkt war die Frage des Standorts.

Die Räume in der Branderstr­aße waren bereits früher im Rennen, schieden aber wegen der zu hohen Miete aus. Finanzrefe­rentin Eva Weber (CSU) machte mehr Geld locker. Es war die Rettungsak­tion für Wurm.

Warum der Protest so hochkochte

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Archivfoto: Annette Zoepf Während der Suche nach einem Standort für den Süchtigen Treff geriet Dirk Wurm (hier vor der ursprüngli­ch vorgesehen­en Immobilie in der Dinglerstr­aße) heftig in die Kritik. Doch er hat einen Weg aus der schwierige­n Situation gefunden.
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