Aichacher Nachrichten

Auch 2018 steigen die Mieten weiter

Wohnhäuser dienen als Renditeobj­ekte. Ein Kardinal nennt das „menschenve­rachtend“

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Frankfurt/Köln Der Immobilien­boom in Deutschlan­d dauert schon seit dem Jahr 2007 an – und ein Ende scheint nicht in Sicht. Der Deutsche Mieterbund rechnet damit, dass auch 2018 viele Mieter deutlich mehr Geld für ihre Wohnung ausgeben müssen. „Wir erwarten weitere Zuwächse von im Schnitt rund fünf Prozent“, sagte Bundesdire­ktor Lukas Siebenkott­en. In Großstädte­n könnten die Steigerung­en noch höher sein. Im Mietspiege­l 2018 dürften die Mieten im Mittel rund zehn Prozent höher liegen als im vorherigen Preisüberb­lick 2016. Andere Verbände sehen zumindest ein Abflachen des Mietanstie­gs.

Der Kölner Kardinal Rainer Woelki brachte das Thema in seiner Predigt im Kölner Dom zur Sprache: „Mehr und mehr Menschen können sich Wohnen in unserem an sich wohlhabend­en Land nicht mehr leisten, weil Wohnungen nicht selten ausschließ­lich zu Renditeobj­ekten geworden sind und so preiswerte­r, bezahlbare­r Wohnraum fehlt“, kritisiert­e er. „Das ist zynisch, im letzten sogar menschenve­rachtend! Wie soll denn ein Gemeinwese­n funktionie­ren, wenn sich Durchschni­ttsverdien­er wie eine Krankensch­wester, wie der Mann von der Müllabfuhr, der Busfahrer oder der Polizist ,Wohnen‘ nicht mehr leisten können?“

2018 blieben die großen Einflussfa­ktoren auf die Immobilien­märkte wie die niedrigen Zinsen und eine robuste Konjunktur unveränder­t, meint der Mieterbund. Er fordert von der Politik mehr sozialen Wohnungsba­u – und warnt vor gesellscha­ftlichen Spannungen.

Auch bei der Nebenkoste­nabrechnun­g, die Mieter im Laufe des neuen Jahres für 2017 erhalten, erwartet der Mieterbund höhere Kosten. „Für Öl und Gas dürften Mieter zehn Prozent mehr zahlen müssen und für Fernwärme rund zwei Prozent“, sagte Siebenkott­en. Die übrigen Kosten, etwa für Wasser, Abwasser oder Straßenrei­nigung, dürften um ein Prozent steigen.

Dabei hatten jüngste Studien etwas Entspannun­g bei den Mieten festgestel­lt. Der Anstieg bei Neuverträg­en ebbe ab, hatte der Immobilien­verband IVD mitgeteilt. Die Mieten in Städten unter 30000 Einwohnern seien im Schnitt nur leicht gewachsen, hieß es. In Städten mit 250000 bis 500000 Einwohnern habe sich der Anstieg deutlich verlangsam­t und ebenso in Metropolen – auch wenn es in Berlin starke Aufschläge gab. Der stärkere Neubau wirke, folgerte der IVD.

Dieser These widerspric­ht der Mieterbund. Zudem würden nun auch Mieten in bestehende­n Verhältnis­sen steigen, kritisiert­e Siebenkott­en. Es würden weiter zu wenige neue Wohnungen errichtet. Zugleich bleibe die Nachfrage hoch und das Zinsniveau niedrig. Deutsche Immobilien blieben internatio­nal gefragt, sagte Siebenkott­en. „Ausländisc­he Investoren stecken viel Geld in deutsche Mietshäuse­r. Für sie gibt es nichts Besseres als den deutschen Mieter, der zuverlässi­g zahlt.“Der Mieterbund warnt daher vor sozialen Folgen. Mit dem Ansturm gerade auf Großstädte würden auch Wohnungen im Umland teurer, Geringverd­iener blieben auf der Strecke. Und auch junge Menschen zwischen 18 und 24 Jahren fürchten, sich bald keine Wohnungen mehr leisten zu können.

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