Aichacher Nachrichten

Sie hat den kleinen Fluss im Blick

Seit rund 18 Jahren engagiert sich Hildegard Wessel für das Projekt Ecknachtal. Es ist ein ganz normales Tal, findet sie. Und damit schon eine Seltenheit in der heutigen Zeit

- VON ULRIKE EICHER

Adelzhause­n Es ist einfach ein ganz normales kleines Tal, findet Hildegard Wessel. So, wie man sich ein solches Tal eben vorstellt: mit Wiesen, Auwäldern, Hängen und einem gewundenen Flüsschen. Etwas Besseres könnte es ihrer Meinung nach gar nicht geben. „Denn so was ist ja eine Seltenheit geworden“, sagt die 78-Jährige. Deshalb setzt sie sich seit fast zwei Jahrzehnte­n für den Erhalt und die Pflege dieses Tals im Landkreis Aichach-Friedberg ein, durch das die Ecknach fließt. Dafür wird sie nun mit der Silberdist­el unserer Zeitung geehrt.

Hildegard Wessel lebt in Adelzhause­n. Nicht weit von ihrem Haus entfernt schlängelt sich die Ecknach durch einen Wiesengrun­d. Zum Naturschut­z kam die frühere Übersetzer­in wie die Jungfrau zum Kind. Als die Familie in den 1970er-Jahren nach Adelzhause­n zog, unternahm sie viele Erkundungs­touren in der Gegend und begann, sich für das Tal zu interessie­ren. 1992 bewarb sich Wessel als ehrenamtli­che Naturschut­zwächterin bei der Naturschut­zbehörde. Eine Nachbarin hatte ihr den Tipp gegeben. Inzwischen ist sie die dienstälte­ste Naturschut­zwächterin im Team und betreut als solche die Gemeinden Adelzhause­n, Sielenbach und Eurasburg.

Doch nicht nur das: 1999 hat sich der Arbeitskre­is „Bayern-Netz-Natur – Projekt Ecknachtal“gegründet. Hildegard Wessel wurde mit ins Boot geholt und ist seit der ersten Stunde ehrenamtli­che Projektkoo­rdinatorin. „Ich schaue, dass der Laden zusammenbl­eibt“, sagt sie resolut. Träger des Arbeitskre­ises sind die Kommunen Aichach, Sielenbach und Adelzhause­n, durch deren Gebiet die Ecknach fließt. Viele andere Akteure sind auch mit dabei, darunter die Regierung von Schwaben, der Landkreis Aichach-Friedberg, verschiede­ne Fachbehörd­en, der Landschaft­spflegever­band, die Projektgru­ppe Bayern-Netz-Natur beim Umweltmini­sterium, Naturschut­zverbände und Landwirte.

Für Wessel geht es als Koordinato­rin darum, den Überblick zu behalten. Auch mal auszugleic­hen, wo unterschie­dliche Interessen aufeinande­rtreffen. Dabei kam es in den gut 18 Jahren hin und wieder auch zu Konflikten, erinnert sich die 78-Jährige. Doch hielten sich diese meist in Grenzen – denn alle Beteiligte­n hätten ja ein gemeinsame­s Grundinter­esse: „Wir wollen das Ecknachtal erhalten, die Natur fördern und aufwerten und als Naherholun­gsgebiet stärken. Und wir wollen neue Biotope schaffen.“Das Ganze sei ein Gemeinscha­ftsprojekt, betont sie – gerade auch im Hinblick auf die Silberdist­el: „Wir haben das alle zusammen geleistet.“

Viel ist in Sachen Renaturier­ung schon getan worden seit der Gründung, sagt Wessel. Die Flur wurde bei Sielenbach und Heretshaus­en mit Rücksicht auf die Natur bereinigt, Gräben wurden aufgeweite­t, Quellen kartiert, Beton-Sohlschale­n aus dem Flussbett entfernt und Pufferzone­n zu Landwirtsc­haftsfläch­en angelegt. Dem Grasfrosch und den Molchen geht es gut im Tal, Wasseramse­ln haben sich angesiedel­t ebenso wie der seltene Dunkle Wiesenknop­f-Ameisenblä­uling. So konnte das Gebiet um die Ecknach, die bei Landmannsd­orf (Gemeinde Adelzhause­n) entspringt und nach rund 15 Kilometern bei Aichach in die Paar mündet, als Wiesental erhalten bleiben. „Und darüber bin ich einfach heilfroh“, sagt Wessel stolz.

Dass es den Arbeitskre­is nach so langer Zeit immer noch gibt, erstaunt Wessel selbst am meisten, gesteht sie: „Aber es gibt auch immer noch was zu tun, das nimmt kein Ende.“Und was einmal erreicht wurde, das müsse nun gepflegt werden. Die 78-Jährige, die schnellen Schrittes unterwegs ist, wenn sie runter bis zur Ecknach läuft, ist gerne draußen. Sie möchte mit eigenen Augen sehen, was sich so tut am Flüsschen. Und sie will die Natur genießen. Am liebsten geht sie zur Quelle, einem von Erlen gesäumten Sumpf. „Das ist für mich ein zauberhaft­er Ort, sehr geheimnisv­oll, mit einem wunderschö­nen Licht“, sagt sie. Da wirkt die sonst so energische Frau fast ein bisschen verträumt.

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Foto: Ulrike Eicher Nicht unweit ihres Hauses in Adelzhause­n fließt die Ecknach: Für Hildegard Wessel ist der Fluss zu einer Lebensaufg­abe geworden.

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