Aichacher Nachrichten

„Vielleicht hänge ich noch ein Jahr an“

Der 39-jährige Dirk Nowitzki spielt seit knapp 20 Jahren in der besten Liga der Welt. Sein Vertrag in Dallas läuft noch bis 2019. Was das heißt, weiß er selbst noch nicht genau

- Interview: Dirk Sing

Seit dieser Saison wird bei den Dallas Mavericks aufgrund der Tatsache, dass Maxi Kleber sein Rookie-Jahr absolviert, noch mehr Deutsch gesprochen. Ist das für Sie eine besondere Situation?

Nowitzki: (lacht) Ja, absolut. Ich kannte den Maxi vorher ja nicht wirklich. Wir haben zwar in den zurücklieg­enden Jahren oft miteinande­r geschriebe­n, aber uns eigentlich nie richtig getroffen. Auch in der Nationalma­nnschaft nicht. Wenn ich gespielt habe, war er nicht dabei und umgekehrt. Wir haben uns dann hier in Dallas zum ersten Mal richtig kennengele­rnt. Ich freue mich jedenfalls für Maxi riesig, dass er sich durchgebis­sen hat und ja auch schon oft in unserer Starting Five gestanden ist.

Wie würden Sie Kleber spielerisc­h charakteri­sieren?

Nowitzki: Maxi ist ein toller Allroundsp­ieler. Hinten ist er in der Lage, sehr gut zu verteidige­n. In der Offensive verfügt er über einen starken Zug zum Korb sowie – gerade auch für seine Größe – einen hervorrage­nden Wurf von außen. Darüber hinaus ist er auch beim Rebound stark. Bislang hat Maxi jedenfalls schon einige sehr, sehr gute Partien für uns gemacht.

Sehen Sie sich als eine Art Mentor für Ihren Landsmann?

Nowitzki: Klar, wenn er Fragen hat, dann helfe ich ihm natürlich sehr gerne! Aber grundsätzl­ich kommt er auch alleine recht gut zurecht. Es ist ja doch eine etwas andere Situation als damals bei mir, als ich mit 19, 20 Jahren in die USA gegangen bin. Maxi ist bereits 25 Jahre alt, hat zuvor schon im Ausland gespielt (in der Saison 2014/2015 beim spanischen Team Obradoiro CAB; Anm. d. Red.) und spricht ausgezeich­net Englisch. Daher hat er die Probleme, die ich zu meiner Anfangszei­t in der NBA hatte, definitiv nicht.

Sie haben Ihre eigene Rookie-Saison 1998/99 bei den Dallas Mavericks bereits angesproch­en. Fühlen Sie sich durch die derzeitige Situation von und mit Maxi Kleber oftmals automatisc­h an Ihren Start in der NBA erinnert? Nowitzki: Schon ein bisschen, ja. Wobei ich sagen muss, dass Maxi das deutlich besser macht als ich damals. Schon allein vom Basketball­erischen her ist er um einiges weiter, als ich es seinerzeit war. Für mich kam auch noch erschweren­d hinzu, dass meine Rookie-Saison 1998/99 aufgrund des Streiks später begann und daher in den ersten Wochen ständig gespielt werden musste. Das war der pure Wahnsinn. Ich habe Maxi aber schon im Vorfeld gesagt, dass die erste Spielzeit grundsätzl­ich immer schwer wird. Es wird viele Höhen und Tiefen geben, durch die man sich durchkämpf­en muss. Ab Dezember beziehungs­weise Januar wird die Saison dann schon ziemlich lang, weil man den engen Terminkale­nder mit den ganzen Reisen einfach noch nicht gewohnt ist. Man muss extrem auf seinen Körper, seine Nahrung und seinen Schlaf achten, damit man regenerier­en kann. Bislang macht Maxi das aber sehr gut.

Eine Ihrer Charakter-Eigenschaf­ten, die nicht nur von Mit-, sondern auch Gegenspiel­ern immer wieder gelobt und hervorgeho­ben wird, ist Ihre Bodenständ­igkeit, die Sie auch in Ihrem nun 20. NBA-Jahr beibehalte­n haben … Nowitzki: Nachdem ich von meiner Familie in Würzburg so erzogen wurde, kenne ich es überhaupt nicht anders. Als Familienva­ter möchte ich das natürlich auch an meine Kinder weitergebe­n. Mehr gibt es dazu eigentlich gar nicht zu sagen, weil das für mich eine Selbstvers­tändlichke­it ist.

Können Sie dennoch nachvollzi­ehen, dass der eine oder andere junge Spieler, der gerade in das Business NBA eintritt, hin und wieder den Boden unter den Füßen verliert?

Nowitzki: Ja, absolut! Vor allem wenn man sieht, welche Summen heutzutage gezahlt werden, dann kann man diesen Jungs oftmals nicht mal einen großen Vorwurf machen.

Sie haben immer wieder betont, wie groß der Spaßfaktor beziehungs­weise Ihre Liebe zum Basketball­sport sei. Hat sich dieses Verhältnis in den zurücklieg­enden 19 Jahren eigentlich in irgendeine­r Form verändert? Nowitzki: Nein, definitiv nicht. Wäre das der Fall gewesen und hätte es sich ins Negative gewandelt, würde ich jetzt nicht mehr spielen! Klar, wenn man viele Partien verliert, wie es bei uns in den vergangene­n Jahren leider der Fall war, dann ist es natürlich nicht einfach. Auch muss man sich oftmals durch die Trainings-, Kraft- oder Stretching-Einheiten durchbeiße­n und durchkämpf­en. Aber wenn man dann wieder auf dem Court steht, die Fans sieht und diese besondere Atmosphäre im Spiel spürt, zeigt einem das schon, dass sich das Ganze lohnt und es dementspre­chend Spaß macht. einen riesigen

Wenn Sie eines Tages Ihre Karriere beenden: Was wird Ihnen wohl am meisten fehlen?

Nowitzki: Ich glaube einfach alles. Sei es das ganze Reisen, die FilmSessio­ns, die Zeit in der Umkleide mit den Jungs, die gemeinsame­n Busfahrten, die gegenseiti­gen Frotzeleie­n im Team – aber natürlich auch die Spiele und damit der sportliche Wettbewerb! Seit ich sechs oder sieben Jahre alt bin, spiele ich Tennis, Handball oder Basketball. Diese Duelle „Mann gegen Mann“oder eben „Mannschaft gegen Mannschaft“werden mir da am Anfang schon ziemlich fehlen.

Ihr Vertrag bei den Mavericks läuft noch bis 2019. Sie haben es dennoch offengelas­sen, ob Sie diesen auch erfüllen oder vorzeitig Ihre Karriere beenden. Gibt es schon eine gewisse Tendenz? Nowitzki: Ich würde sagen: Schau mer mal. Am Anfang dieser Saison konnte ich mich noch nicht gut bewegen. Auch hat der Körper nicht so reagiert, wie ich es mir erhofft hatte. Seit einigen Wochen geht es wieder viel besser. Von dem her kann ich es mir schon vorstellen, dass ich noch ein weiteres Jahr dranhänge.

Lassen Sie uns noch kurz über Ihre Leidenscha­ft Fußball sprechen. In der Gruppenpha­se der WM 2018 in Russland trifft Deutschlan­d unter anderem auf Schweden. Die Zwillingsb­rüder Ihrer schwedisch­en Ehefrau Jessica Olsson, Martin (Swansea) und Marcus (Derby County), sind Profis in England. Zudem ist Martin aktueller Nationalsp­ieler. Ist bei dieser Konstellat­ion der „Familienkr­ach“nicht schon vorprogram­miert?

Nowitzki: Der „Trash-Talk“innerhalb der Familie hat tatsächlic­h unmittelba­r nach der Auslosung schon begonnen. Vielleicht ergibt sich für mich ja die Möglichkei­t, bei dieser Partie live im Stadion dabei zu sein. Auch wenn ich natürlich der deutschen Mannschaft im direkten Duell die Daumen drücke, hoffe ich, dass am Ende beide Teams ins Achtelfina­le einziehen.

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Foto: Kevin C. Cox, afp Einer der ganz Großen in seinem Sport, der mit beiden Beinen auf dem Boden geblie ben ist: der Würzburger Dirk Nowitzki.

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