Aichacher Nachrichten

Auge in Auge mit dem weißen Tiger

Robano Kübler dirigiert beim „Moskauer Weihnachts­circus“vier Wildkatzen durch die Manege. An den Feiertagen wollen das besonders viele Menschen sehen. Dieses Jahr haben Zirkusfans sogar die Qual der Wahl

- VON JÖRG HEINZLE

Die Anspannung ist mit Händen zu greifen. Als die Tiger in den Gitterkäfi­g in der Manege kommen, wird es ganz still im Publikum. Auch die Zirkus-Mitarbeite­r hängen mit ihren Blicken jetzt an Tierlehrer Robano Kübler, 27. Die Tiere, zwei Sibirische und zwei Bengalisch­e Tiger, wirken flauschig, fast kuschelig. Es sind aber Raubtiere. Obwohl die Auftritte mit den Tigern sein Alltag sind, muss Robano Kübler sich jetzt voll und ganz auf seine Tiere konzentrie­ren. Ein Tiger scheint an diesem Tag etwas aufmüpfig zu sein. Immer wieder faucht er in Richtung des Dompteurs.

Robano Kübler weiß, wie er damit umgehen muss. Es ist eine Mischung aus Gelassenhe­it, aber auch Bestimmthe­it, die er in der Manege im Umgang mit seinen Tigern zeigt. Die Tiere springen über Podeste und stellen sich auf die Hinterbein­e – eine Dressur, für die es jahrelange Arbeit mit den Tieren braucht. Als der letzte der vier Tiger die Manege wieder verlassen hat, wischt sich der Dompteur noch demonstrat­iv den Schweiß von der Stirn. Natürlich ist das auch Show, aber es scheint auch echte Erleichter­ung zu sein, dass wieder mal alles gut gegangen ist.

Die Tiger gehören zu den Höhepunkte­n des „Moskauer Weihnachts­circus“, der noch bis zum 7. Januar seine Zelte auf dem Riedinger-Areal aufgeschla­gen hat. Bereits zum vierten Mal hintereina­nder ist die Zirkus-Familie Frank damit an Weihnachte­n in Augsburg. Direktor Fernando Frank, 50, sagt, es fühle sich ein bisschen an wie ein Zuhause. Schließlic­h hat er schwäbisch­e Wurzeln. Er wurde in Babenhause­n geboren. Während seine Eltern mit dem Zirkus reisten, lebte er als Kind bei der Großmutter in dem kleinen Ort Tafertshof­en und besuchte dort Schule. Sein „Moskauer Circus“ist ein deutsches Zirkusunte­rnehmen. Aber viele der Artisten stammen aus Osteuropa. Etwa Konstantin Bessegonov, der nicht nur auf mehreren gestapelte­n Rollen balanciert, sondern darauf auch noch Seil springt. Auch das Orchester – fünf Musiker, die live die Nummern begleiten – kommt aus Moskau, ebenso wie der Clown Charlie Rigetti.

Dass exotische Tiere noch immer die Besucher anziehen, zeigt sich auch abseits des rund zweieinhal­b- Programms. Viele Kinder wollen auf den Elefanten klettern und sich fotografie­ren lassen. Tigerbaby Lilli, das sich noch streicheln lässt, ist genauso eine Attraktion bei den Kleinen. Und für die Jungs gibt es einen als Spiderman verkleidet­en Artisten, der an Gummiseile­n spektakulä­r durch die Luft wirbelt. Das Programm zusammenge­stellt hat in diesem Jahr ein echter Augsburger: Michael Wagner, im Hauptberuf angestellt bei einer Krankenkas­se. Er ist seit Kindesbein­en ein Zirkusdie fan – und jetzt beim Weihnachts­zirkus als Produzent und Pressespre­cher eingestieg­en. „Die Augsburger sind ein treues Zirkuspubl­ikum“, sagt er. Viele Stammgäste kämen jedes Jahr in das Viermastze­lt.

In diesem Jahr haben zirkusbege­isterte Augsburger sogar die Qual der Wahl. An der Messe hat noch ein zweiter Zirkus die Zelte aufgebaut. Es ist „Barnums großer Weihnachts­circus“. Organisier­t wird er von der Zirkusfami­lie Kaiser. Chef Markus Kaiser und seine Frau Natastündi­gen lie kennen den Raum Augsburg gut. Im Sommer waren sie mit ihrem Familienzi­rkus in der Region unterwegs. Bei ihnen steht die ganze Familie in der Manege. Tochter Emma ist am zweiten Weihnachts­feiertag rund eine Stunde vor der Nachmittag­s-Vorstellun­g schon geschminkt. Vater Markus sitzt noch in Jeans und Pulli im Wohnwagen. Später wird er in der Manege einen dunklen, mit Pailletten besetzten Anzug tragen und die Pferde dirigieren.

Für den Weihnachts­zirkus haben die Kaisers zusätzlich­e Artisten engagiert. Denn Weihnachte­n wird für die Zirkusse immer wichtiger. Die Menschen haben Zeit, die Vorstellun­gen sind jetzt oft besser besucht als unterm Jahr. Obwohl es dieses Jahr zwei Weihnachts­zirkusse in der Stadt gibt, sind bisher beide mit dem Zuspruch zufrieden. Vitalie Rosca hat in Rumänien an der dortigen Variante der TV-Show „Das Supertalen­t“teilgenomm­en. Jetzt präsentier­t er sich im Zirkus Barnum als „stärkster Mann der Welt“. Er zieht einen Mercedes-Kleinbus durch die Manege. Das ganze Gewicht lastet auf einem Schwert, das gegen seinen Oberkörper und seinen Hals drückt.

Die Zirkusfami­lie Kaiser hat auch einen besonderen Bezug zu Augsburg. Sohn Miguel wurde am zweiten Weihnachts­feiertag 1998 hier im Klinikum geboren. Auch damals gastierten sie über die Feiertage in der Stadt. Jetzt steht Miguel als echter Augsburger in der Manege. Info Der „Moskauer Weihnachts­circus“steht noch bis 7. Januar auf dem Rie dinger Gelände (bei der „Rockfabrik“). Vorstellun­gen täglich um 16 und 19.30 Uhr. Ticket Nummer: 0177/6096410. „Barnums großer Weihnachts­circus“gastiert bis 7. Januar bei der Messe. Be ginn ist ebenfalls täglich um 16 und 19.30 Uhr. Am Neujahrsta­g haben beide Zirkusse Ruhetag.

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Fotos: Annette Zoepf Fast auf Augenhöhe: Der Dompteur Robano Kübler zeigt seine Sibirische­n und Bengalisch­en Tiger derzeit beim „Moskauer Weihnachts­circus“. Auch ein Tigerbaby hat er dabei.
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Zieht in „Barnums Weihnachts­circus“als „stärkster Mann der Welt“einen Kleinbus durch die Manege: der rumänische Superta lent Teilnehmer Vitalie Rosca. Leichter und luftiger geht es dagegen bei einer Artistiknu­mmer in der Zirkuskupp­el zu.
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Er fasziniert vor allem die Jungs: Spiderman wirbelt im „Moskauer Weihnachts­circus“an Gummiseile­n durch die Luft. Die Truppe „Flying Souza“beeindruck­t mit waghalsige­n Sprüngen am Trapez – sogar mit verbundene­n Augen.
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