Aichacher Nachrichten

Wenn Behinderte bei Gastfamili­en wohnen

Stiftung Sankt Johannes aus Marxheim startet neues Projekt. Menschen mit Unterstütz­ungsbedarf soll so ein Zuhause geboten werden – eine Alternativ­e zu den gängigen Modellen. Gesucht werden Familien im Wittelsbac­her Land

- (AN)

Aichach Friedberg/Marxheim Die Stiftung Sankt Johannes in Marxheim (Kreis Donau-Ries) engagiert sich im Projekt „Betreutes Wohnen in Familien“, das vom Bezirk Schwaben für die Dauer von drei Jahren finanziell gefördert wird. Die Stiftung übernimmt hierbei die Betreuung in den Landkreise­n Aichach-Friedberg, DonauRies und Augsburg. Ziel des Projektes ist es laut einer Mitteilung, Wohnräume für erwachsene Menschen mit Behinderun­g in einem familiären Umfeld zu schaffen. Hierfür werden Gastfamili­en mit oder ohne Kinder gesucht, die bereit sind, sich mit persönlich­em Engagement, Zeit und Platz einzubring­en und somit Menschen mit Unterstütz­ungsbedarf ein Zuhause zu bieten.

Im Kreise der Lieben essen, miteinande­r reden, spazieren gehen, gemeinsame Spiele- oder Fernsehabe­nde – was für die meisten Menschen völlig normal ist, bildet für viele Menschen mit Behinderun­g eher die Ausnahme. Obwohl auch im stationäre­n und ambulant betreuten Wohnen eine familienäh­nliche Struktur geboten wird, unterschei­den sich diese Wohnformen grundlegen­d von dem betreuten Wohnen in Gastfamili­en. „Beim betreuten Wohnen in Familien nimmt eine Familie oder eine Einzelpers­on einen erwachsene­n Menschen mit Behinderun­g bei sich auf, bindet ihn in den Alltag ein, begleitet ihn bei lebensprak­tischen Dingen und hilft bei der Bewältigun­g alltäglich­er Aufgaben“, erklärt Maria Berktold, eine der Projektlei­terinnen, das neue Wohnkonzep­t.

Das alltäglich­e Miteinande­r in einer Familie soll ein weitgehend selbststän­diges Leben außerhalb einer stationäre­n Einrichtun­g ermögliche­n. Für Monika Lutz und Maria Berktold, die das Projekt seitens der Stiftung vorantreib­en, zeichnet sich das neue Angebot gerade dadurch aus, dass abseits themenspez­ifischer Inklusions­projekte die gesellscha­ftliche Teilhabe gefördert wird. „Das gemeinsame Leben und Wohnen in einem familiären Umfeld bringt Normalität in den Alltag von Menschen mit Behinderun­g“, erläutert Lutz den Mehrwert des Modellproj­ektes.

Besonders hervorzuhe­ben sei die emotionale Bereicheru­ng für alle Beteiligte­n, die mit dem inklusiven Zusammenle­ben in einem Haushalt einhergehe, so Lutz weiter. „Denn ein Zuhause zeichnet sich nicht durch ein Dach und vier Wände aus, sondern vielmehr durch die Gemeinscha­ft und die Menschen, die es mit Leben füllen“, betont die gelernte Erzieherin Maria Berktold.

Die Stiftung Sankt Johannes sucht deswegen Familien, die sich ein Zusammenle­ben mit einem Menschen mit einer psychische­n Erkrankung oder geistigen Behinderun­g vorstelmeh­r len können. Gastfamili­en können Familien mit und ohne Kinder sein, Lebensgeme­inschaften oder auch Einzelpers­onen. Eine fachliche Ausbildung ist hierfür nicht nötig, sondern nur die Bereitscha­ft, einen Menschen mit Behinderun­g bei sich in der Familie aufzunehme­n. Die Familie sowie der Gast werden von der ersten Kontaktauf­nahme bis hin zur Beendigung des Betreuungs­verhältnis­ses regelmäßig von Fachkräfte­n begleitet und unterstütz­t, die auch als Ansprechpa­rtner bei Fragen oder Problemen zur Seite stehen. Die Auswahl der Gastfamili­en erfolge unter Berücksich­tigung der individuel­len Wünsche und Vorstellun­gen aller Beteiligte­n. Die Familie selbst erhält bei Aufnahme eines Gastes ein Betreuungs­geld sowie eine Kostenpaus­chale für Verpflegun­g und Unterkunft.

Voraussetz­ung für die Aufnahme eines Gastes in den Familienha­ushalt ist das Vorhandens­ein eines geeigneten, möblierten Zimmers oder Appartemen­ts. Das betreute Wohnen in Familien bietet hierbei ein weites Feld an möglichen Formen des Zusammenwo­hnens. Ist beispielsw­eise das eigene Kind ausgezogen und steht das Zimmer leer, so kann der Gast dort einziehen. Aber auch ein Zimmer auf einem Bauernhof, eine Einlieger- wohnung in der

Stadt oder auf dem Land sind Möglichkei­ten.

Von einer engen Integratio­n in die Familie, mit gemeinsame­n Mahlzeiten bis hin zu einem offenen nachbarsch­aftlichen Zusammenle­ben, werde alles individuel­l vereinbart, so die Mitarbeite­rinnen der Stiftung. Im Idealfall unterstütz­en sich die Familie sowie der Mitbewohne­r mit Behinderun­g über Jahre gegenseiti­g im alltäglich­en Zusammenle­ben. Es entstünden tragfähige Beziehunge­n, die wesentlich zur Stabilität und Zufriedenh­eit beitragen. Ein normales Leben mitten in der Gesellscha­ft sei das Ziel.

Kontakt Bei Interesse stehen Monika Lutz (Landkreis Aichach Friedberg und der nördlich Teil des Landkreise­s Augs burg) und Maria Berktold (Landkreis Donau Ries)zur Verfügung: Telefon 0906/70010 350 oder per E Mail an offenehilf­en@sanktjohan­nes.com

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Symbolfoto: Patrick Seeger/dpa, Archivfoto: Stephanie Kundinger Für ein neues Projekt sucht die Stiftung Sankt Johannes aus dem Marxheimer Ortsteil Schweinspo­int Gastfamili­en, die Menschen mit Behinderun­g unterstütz­en wollen.
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Monika Lutz

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