AVV: Weit und Vielfahrer profitieren
Die Tarifreform des Augsburger Verkehrs- und Tarifverbunds ist seit wenigen Tagen in Kraft. Im Wittelsbacher Land sieht auch der Fahrgastverband Pro Bahn Verbesserungen. Einige aber zahlen künftig mehr
Aichach Friedberg Wer im Großraum Augsburg mit Bus oder Bahn fährt, muss sich umstellen: Die Tarifreform des Augsburger Verkehrsund Tarifverbunds (AVV) ist in Kraft. Er will damit mehr Kunden, vor allem Stammkunden, gewinnen. Preisgefüge und Tarifzonen wurden grundlegend überarbeitet. Einfacher und fairer seien sie nun, so AVV-Pressesprecherin Irene Goßner. Doch wie wirkt sich die Reform im Wittelsbacher Land aus?
Für fast 75 Prozent aller Fahrgäste gebe es Verbesserungen, sagt Goßner: weil ihre Fahrkarten günstiger werden oder sie weiter damit fahren können. Bisher waren die Tarifzonen um Augsburg herum zusätzlich in Segmente unterteilt, insgesamt in mehr als 60 Bereiche. Nun gibt es nur noch sieben ringförmige Zonen um Augsburg herum – ohne den Bereich Donau-Ries.
In der Stadt Augsburg wurden die bisherigen zwei Zonen zum Innenraum zusammengefasst. Vor allem dort gibt es viel Kritik. Wem bisher eine Fahrkarte für eine Zone reichte, der muss nun für den größeren Geltungsbereich mehr bezahlen – ob er ihn braucht oder nicht. Im Wittelsbacher Land hat die Reform dagegen offenbar eher Vorteile. Mit der Neueinteilung der Tarifzonen wurden manche Haltestellen anderen Zonen zugeordnet, zum Beispiel in Friedberg. Dort sind nun alle Fahrten innerhalb des Stadtgebietes in einer Zone möglich. Auch die beiden Haltestellen des Pöttmeser Ortsteils Osterzhausen liegen jetzt in der gleichen Zone.
Für manche wird’s günstiger: Wer zum Beispiel aus Aichach nach Augsburg fährt, brauchte bisher ein Umwelt-Abo (105 Euro im Monat) oder ein Umwelt-Abo Plus (115 Euro) für mindestens fünf Zonen. Das neue Mobil-Abo kostet mit 90 Euro weniger und gilt für den gesamten AVV-Raum (ohne DonauRies). Wer neun Euro mehr für das Mobil-Abo Premium Gesamtraum ausgibt, also 99 Euro, hat zusätzliche Vorteile (siehe Infokasten).
Weggefallen ist mit der Tarifreform außerdem die doppelte Befahrung: Wurde bisher eine Zone aufgrund der Routenführung zweimal befahren, wurde sie beim Preis auch zweimal gezählt. Bei der Verbindung von Osterzhausen nach Aichach waren deshalb sechs Preisstufen nötig. Nach dem neuen Tarif sind es maximal vier Preisstufen. Auch von Osterzhausen-Abzweigung nach Augsburg ist mit sechs Preisstufen eine weniger fällig als bisher. Wer von Wiesenbach (Markt Pöttmes) nach Augsburg pendelt, musste bisher sieben Preisstufen bei einer festgelegten Fahrtroute zahlen. Das Umweltabo dafür kostete 135 Euro, das neue Mobil-Abo für den Ge-
kostet 90 Euro bei freier Wahl der Strecke. Der Wegfall der „doppelten Befahrung“von Zonen gilt übrigens auch für Einzelfahrscheine.
Teurer dagegen wird es für Fahrgäste, die bisher nur zwei Zonen abonniert hatten, zum Beispiel für die Strecke von Igenhausen (Gemeinde Hollenbach) nach Aichach. Für diese Strecke kostete das Umwelt-Abo bisher 50,40 Euro, das Umwelt-Abo Plus 57 Euro. Das Mobil-Abo dagegen gibt es nur entweder für lediglich eine Zone oder aber für einen größeren Geltungsbereich. Bei der Verbindung von Igenhausen nach Aichach zum Beispiel wäre der Geltungsbereich Außenraum nötig, der das gesamte AVVGebiet – ausgenommen die Augsburger Innenstadt und das Zusatzmodul Donau-Ries – umfasst. Kostenpunkt: 75 Euro. Der AVV will damit auch einen Anreiz schaffen, öffentliche Verkehrsmittel nicht nur
für die Fahrt zur Arbeit, sondern auch in der Freizeit zu nutzen. Wer den größeren Geltungsbereich nicht braucht, für den wäre laut Goßner die reguläre Monatskarte eine Alternative. Für sie ist nun keine Kundenkarte mehr nötig. Für die zwei Zonen von Igenhausen nach Aichach kostet sie 65,70 Euro.
Umstellen müssen sich auch Senioren: Das Seniorenabo (für den Gesamtraum bisher 49 Euro), das ohne zeitliche Einschränkung galt, weicht wie das 9-Uhr-Spar-Abo und das Schnupper-Abo dem MobilAbo 9 Uhr. Das kostet 35 Euro für den Außenraum (also ohne Augsburg und Donau-Ries) oder 50 Euro für das Gesamtgebiet, gilt aber wochentags erst ab 9 Uhr. Aus Sicht des AVV ist das neue Ticket gerechter, weil es auch Fahrgäste unter 63 Jahren nutzen können. Sie sparen, weil sie bisher lediglich das 9-Uhr-SparAbo kaufen konnten, das bereits für drei Zonen 57 Euro im Monat kostesamtraum
te. Wer nur gelegentlich vor 9 Uhr den AVV benutzen will, dem empfiehlt der AVV, für solche Fahrten ergänzend eine Streifenkarte zu benutzen.
Aus Sicht des AVV hat dieses Abo den Vorteil, dass es auch Fahrgäste unter 63 Jahren nutzen können. Der Verkehrsverbund will mit diesem Angebot die Verbindungen vor 9 Uhr, wenn viele Pendler und Schüler unterwegs sind, etwas entlasten und die Kapazitäten besser steuern.
Der Fahrgastverband Pro Bahn steht der Tarifreform aufgeschlossen gegenüber. Sprecher Winfried Karg sieht im größeren Geltungsbereich und umfangreichere Mitnahmemöglichkeiten große Vorteile. Ebenso im Kurzstreckenticket, das nun über Zonengrenzen hinweg gilt. Anderes dagegen sei weniger nachvollziehbar. So sei eine Tageskarte für das gesamte Gebiet mit 13 Euro günstiger als eine Einzelfahrkarte für zwölf Zonen zu 17,40 Euro. Wer
sie löst, ist der Dumme. „So etwas gehört abgeschafft“, sagt Karg. Der Pro-Bahn-Sprecher warnt überdies vor zu großen Hoffnungen. Ein neues Preissystem allein werde nicht dazu führen, dass viele Pendler das Auto stehen lassen. Das Angebot sei ebenfalls ein wichtiger Faktor. Auf der Paartalbahnstrecke zum Beispiel seien morgens von Aichach aus sowohl in Richtung Augsburg als auch nach Ingolstadt mehr Kapazitäten notwendig. Im Zug um 7.39 Uhr von Aichach nach Augsburg seien ab Aichach die letzten Sitzplätze belegt. Wer später einsteigt, muss stehen. Erfreulich ist für Karg deshalb, dass der Freistaat Bayern ab 2021 hier Verbesserungen anstrebt (wir berichteten). So sollen einzelne Züge zwischen Augsburg und Aichach sowie Ingolstadt verstärkt werden. Geprüft werden soll außerdem ein ganztägiger Halbstundentakt zwischen Aichach und Augsburg am Samstag.