Aichacher Nachrichten

Unfallfahr­er vor Gericht

Polizei startet nach Unfall bei Adelzhause­n Suchaktion und findet Mann betrunken und verletzt. Jetzt ist er verurteilt

- VON GERLINDE DREXLER

Mit einem Autounfall will ein 43-Jähriger nichts zu tun gehabt haben. Warum die Richterin dennoch überzeugt ist, dass der Mann am Steuer saß.

Aichach Mit Hubschraub­er, Hund und mehreren Streifen suchte die Polizei in der Nacht von Karfreitag auf Ostersamst­ag nach dem Fahrer eines Sprinters. Das Fahrzeug lag nach einem Überschlag demoliert in einem Graben neben der Staatsstra­ße von Adelzhause­n nach Odelzhause­n. Vom Fahrer fehlte jede Spur. Wegen Blutspuren im und neben dem Fahrzeug ging die Polizei davon aus, dass er verletzt war. Gestern musste sich der 43-jährige Fahrer aus dem nördlichen Landkreis wegen fahrlässig­er Trunkenhei­t im Verkehr vor dem Aichacher Amtsgerich­t verantwort­en. Er hatte gegen einen Strafbefeh­l in Höhe von 2000 Euro (50 Tagessätze à 40 Euro) Einspruch eingelegt.

In einer lang gezogenen Linkskurve verlor der Fahrer Mitte April 2017 gegen vier Uhr morgens offensicht­lich die Kontrolle über sein Fahrzeug. Die Rekonstruk­tion der Polizei ergab, dass der Sprinter von der Fahrbahn abkam, in den seitlich verlaufend­en Entwässeru­ngsgraben fuhr und beim Aufprall auf einen Weg über den Graben ausgehebel­t wurde. Nach einem halben Überschlag kam das Fahrzeug zur Hälfte auf der Straße und halb auf dem Grünstreif­en auf der Beifahrers­eite zum Liegen.

Die von Ersthelfer­n gerufene Polizei fand Blutspuren im Fahrzeug, aber keine Spur vom Fahrer. Der Polizeibea­mte sagte vor Gericht aus: „So wie das Auto aussah, gingen wir davon aus, dass der Fahrer deutlich verletzt war.“Streifenwa­gen und ein Hubschraub­er suchten die Umgebung längere Zeit ab. Ein Polizeihun­d versuchte über Blutspuren, die außerhalb des Wagens gefunden wurden, die Spur des Verletzten aufzunehme­n. Ohne Erfolg.

Rund zweieinhal­b Stunden später fiel einer Streife in knapp drei Kilometer Entfernung „eine blutüberst­römte Person mit verschmutz­ter Kleidung“auf, die einen ziemlich verwirrten Eindruck machte. Eine Blutentnah­me im Krankenhau­s ergab 1,28 Promille. Laut Bericht des Krankenhau­ses hatte der Angeklagte eine mehrere Zentimeter lange Platzwunde am Kinn, Glassplitt­er in der Wange, Schürfwund­en am Schlüsselb­ein sowie Druckschme­rzen über der linken Schulter.

An den Unfall kann sich der Angeklagte laut Aussage seiner Lebensgefä­hrtin nicht erinnern. Vor Gericht machte er außerdem keinerlei Angaben. Erst ganz zum Schluss, nachdem alle Zeugen vernommen und alle Plädoyers gehalten worden waren, sagte er: „Ich bin noch nie alkoholisi­ert gefahren und habe das bestimmt auch da nicht gemacht.“

„Nur Vermutunge­n“und „spekulativ­e Rückschlüs­se“nannte sein Verteidige­r Burkhard Brießmann die Wahrnehmun­gen der Polizeibea­mten. Er war der Meinung, dass keine Beweise und zu wenig Indizien vorlägen, um zu beweisen, dass sein Mandant der Fahrer des Sprinters gewesen sei. Der Anwalt forderte deshalb Freispruch.

Staatsanwä­ltin Andrea Kovacs sah das ganz anders. Sie wies darauf hin, dass sich im Fahrzeug Handy,

Im Sprinter fanden sich Blutspuren. Außerdem das Handy des Mannes – und 7000 Euro Bargeld

Ausweis und Schlüsselb­und des Angeklagte­n befunden hatten. Außerdem 7000 Euro Bargeld. Sie fand: „Es ist lebensfrem­d, dass er sein Fahrzeug mit so viel Bargeld einem Fremden anvertraue­n würde.“Sie forderte eine Geldstrafe in Höhe von 4200 Euro (70 Tagessätze à 60 Euro) sowie eine Sperrfrist von weiteren vier Monaten für den bereits eingezogen­en Führersche­in.

Dem schloss sich auch Richterin Andrea Herman an. Sie setzte die Geldstrafe jedoch auf 3600 Euro (60 Tagessätze à 60 Euro) fest. Es gebe keine Anhaltspun­kte, wer sonst gefahren sein könnte, begründete die Richterin ihre Überzeugun­g, warum der Angeklagte hinter dem Steuer gesessen hatte. Hermann weiter: „Es weist alles darauf hin, dass es keinen großen unbekannte­n Dritten gab.“Zugunsten des 43-Jährigen wertete sie unter anderem, dass er bei dem Unfall selbst verletzt und das Fahrzeug stark beschädigt worden war.

Newspapers in German

Newspapers from Germany