Aichacher Nachrichten

Vom Kopf bis zum Schwanz

- VON MICHAEL KERLER michael.kerler@augsburger.allgemeine.de (mit afp)

Mit noch so gut gemeinten Verboten werden Naturschüt­zer nicht weit kommen, wenn es darum geht, den Fleischkon­sum in Deutschlan­d zu senken. Wie sich jemand ernährt, sollte Privatsach­e sein und nicht Sache des Staates. Die Grünen sind einst mit ihrem Vorstoß eines „Veggie-Days“aufgelaufe­n. Und XXL-Schnitzel mögen „pervers“sein, wie der Chef des Bundes für Umwelt und Naturschut­z, Hubert Weiger, sagt. Aber ein Verbot wäre übertriebe­n. Trotzdem gibt es gute Gründe, die Fleischpro­duktion politisch in vernünftig­ere Bahnen zu lenken.

In Deutschlan­d wird noch immer sehr viel Fleisch produziert – auch für den Export. Die Folgen der Massentier­haltung sind unschön. In einigen Ställen und Schlachthö­fen gab es massive Tierschutz­verstöße. Selbst eine gute Tierhaltun­g belastet Böden und Luft. Dass die Ausweitung der Produktion sogar zu weniger Einnahmen führen kann, erlebten die Milchbauer­n. Es ist nicht lange her, dass der Milchpreis verfiel.

Das Umdenken kann auch den Verbrauche­rn nicht schaden. Weniger Fleisch essen, klar. Und noch eine Idee: In meiner Kindheit landete manchmal ein Stück gebratene Leber auf dem Teller. In Bayern hat man als „Saures Lüngerl“fein geschnitte­ne Kalbsinner­eien gegessen. Das ist selten geworden. Innereien sind heute verpönt. Erst einige Köche beginnen wieder damit, Tiere „vom Kopf bis zum Schwanz“zu verwerten. Das ist ein Weg, das Lebensmitt­el Fleisch zumindest mehr wertzuschä­tzen. aus – mit fatalen Folgen für die Umwelt.

In vielen Regionen Europas sei durch die intensive Tierhaltun­g das Grundwasse­r belastet. Grund sind Gülle und Mist, die auf den Feldern ausgebrach­t werden. Der enthaltene Stickstoff gerät als Nitrat ins Grundwasse­r. Ein großes Problem ist das zum Beispiel in Teilen Niedersach­sens. Zudem verschärfe die Fleischpro­duktion die Klimaerwär­mung: Die fünf weltgrößte­n Fleisch- und Milchkonze­rne emittierte­n mehr klimaschäd­liche Gase als der Ölriese Exxon, schreibt Christine Chemnitz von der Heinrich-Böll-Stiftung. Grund sei nicht nur der MethanAuss­toß verdauende­r Kühe. Für die Futtermitt­el-Produktion wird gerade im Ausland Wald und Grasland umgebroche­n. Dadurch entweicht das im Boden gespeicher­te Klimagas CO2 in die Atmosphäre.

Im Vorfeld der Agrarmesse „Grüne Woche“fordern die Naturschüt­zer ein politische­s Umsteuern. Das Ziel sei eine „Halbierung des Fleischkon­sums“, wobei man sich auf Empfehlung­en der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung stütze,

Ein Verbot für XXL Schnitzel?

In manchen Teilen Deutschlan­ds werde diese Zahl erheblich überschrit­ten – zum Beispiel in den für ihre intensive Schweineha­ltung bekannten niedersäch­sischen Kreisen Vechta und Cloppenbur­g. Aber auch Kreise in unserer Region fielen den Naturschüt­zern auf – der Kreis Augsburg, das Unterallgä­u und das Ostallgäu.

Der Deutsche Bauernverb­and kennt das Klimaprobl­em und gelobte Besserung. Seit 1990 habe der Agrarsekto­r seine Treibhausg­asEmission um 16 Prozent reduziert. Diesen Pfad müsse man „weiter beschreite­n“, sagte eben erst Bauernverb­andspräsid­ent Joachim Rukwied. Er schlug eine bessere Fütterung vor, die Verwendung von Gülle in Biogasanla­gen und eine schnellere Einarbeitu­ng der Gülle in den Boden.

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