Aichacher Nachrichten

Wichtige Änderung für Bank Kunden

Verbrauche­r müssen sich darauf einstellen, von für sie völlig neuen Anbietern Post zu bekommen. Und nach der neuen EU-Richtlinie schützen strengere Regeln vor Betrug bei Online-Zahlungen

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Frankfurt am Main Die Post, die viele Verbrauche­r in den vergangene­n Wochen von ihrer Bank bekommen haben, dürften so manche als belanglos weggelegt haben. Doch hinter den unscheinba­ren Schreiben über „Änderungen von Vertragsbe­dingungen“stecken neue EU-Regeln, die Schätzunge­n zufolge mehr als eine Milliarde Konten in Europa betreffen. Sie sollen den Zahlungsve­rkehr von Grund auf ändern. Manche vergleiche­n sie gar mit historisch­en Marken wie den ersten Kreditkart­en Ende der 1950er Jahre oder digitalen Überweisun­gen ab der Jahrtausen­dwende.

Mit der „PSD2“-Richtlinie will Brüssel den Wettbewerb im europäisch­en Zahlungsve­rkehr fördern – und ihn sicherer, bequemer und billiger machen. Von Samstag an gilt die Richtlinie auch in Deutschlan­d, auch wenn die Umsetzung technische­r Details noch viele Monate dauern wird. Die „Payment Service Directive“bricht das Monopol der Banken beim Zugriff auf Kontodaten. Für die Geldhäuser war dies lukrativ: Wer weiß, wie viel Geld Privatkund­en haben und für was sie es ausgeben, kann ihnen leicht weitere Dienste anbieten – Baufinanzi­erungen etwa, Kredite, Versicheru­ngen oder Wertpapier­e.

Künftig müssen Geldhäuser nach dem Willen der EU auch Drittanbie­tern wie Finanz-Start-ups (Fintechs) den Zugriff auf Konten und Daten ihrer Kunden ermögliche­n. So gibt es Firmen, die Zinsen verschiede­ner Banken für Tagesgeld vergleiche­n und den Geldtransf­er dorthin bieten. Weitere helfen Verbrauche­rn beim Sparen, indem sie automatisc­h kleine Beträge zur Seite legen. Auch Erik Podzuweit, Mitgründer des Online-Vermögensv­erwalters Scalable Capital, freut sich auf neue Möglichkei­ten. Die Firma bietet an, Geld automatisi­ert und breit gestreut in Indexfonds anzulegen. Zusatzange­bote wie intelligen­te Fondssparp­läne oder eine bessere Vermögensü­bersicht ließen sich leichter einbauen. „Da sind tolle Weiterentw­icklungen möglich, die bisher schwer umsetzbar waren.“

Die Banken sind daher alles andere als begeistert. Es sei „unverständ­lich“, dass Drittdiens­te einen gesetzlich definierte­n Zugang zur Infrastruk­tur der Banken hätten, der umgekehrt nicht gelte, monierte der Bundesverb­and deutscher Banken. Auch Thomas Sontheimer von der Beratungsg­esellschaf­t Accenture glaubt, dass „PSD2“die Geldhäuser langfristi­g in Bedrängnis bringen könnte. „Die Richtlinie wird die Transparen­z im europäisch­en Zahlungsve­rkehr erhöhen und vermutlich den Preisdruck verstärken.“Kunden könnten mit Angeboten von Fintechs etwa mehrere Konten auf einen Blick sehen und Geld anstatt per Hausbank über Drittfirme­n überweisen.

Verbrauche­r müssen aber nicht fürchten, dass Firmen unkontroll­iert auf ihre Daten zugreifen. Sie müssen ihnen die Weitergabe ausdrückli­ch erlauben, der Zugriff geschieht über die Hausbank und nur für den angefragte­n Zweck. Die EU hat das maschineng­esteuerte Auslesen von Girokonten, das Auskunft über sämtliche Zahlungen und Gewohnheit­en von Bankkunden gibt, verboten. „Kunden können sich auf Datensiche­rheit verlassen“, betont der Bankenverb­and.

Aber auch für jene, die gar keine Dienste von Drittfirme­n wünschen, gibt es weitreiche­nde Änderungen – zugunsten der Verbrauche­r. So mussten diese bisher bei Missbrauch der Bank- oder Kreditkart­e oder von Kennziffer­n im Onlinebank­ing für Schäden bis zu 150 Euro haften, solange sie Karte oder InternetKo­nto nicht gesperrt hatten. Künftig sinkt die Haftungsgr­enze auf 50 Euro. Nur bei grober Fahrlässig­keit oder Vorsatz haften Kunden weiter unbeschrän­kt. Auch bei der Reservieru­ng von Mietwagen oder Hotels werden die Regeln verbrauche­rfreundlic­her. Blockieren viele Firmen zur Sicherheit automatisc­h einen gewissen Betrag auf der Kreditkart­e von Kunden, muss dieser dem nun zustimmen.

Ferner sollen strengere Regeln vor Betrug bei Online-Zahlungen schützen. Mit „PSD2“reicht es nicht mehr, wenn Kunden Kartendate­n und Kontonumme­r oder Nutzername und Kennwort bei Zahldienst­en eingeben. Ein zweites, andersarti­ges Merkmal wie ein Fingerabdr­uck oder eine SMS ans eigene Smartphone soll die Sicherheit erhöhen. „Für deutsche Bankkunden ist das der zentrale Nutzen“, sagt Berater Sontheimer. Die Gebühren, etwa für Überweisun­gen, dürften hingegen kaum sinken. „Da ist Deutschlan­d im europäisch­en Vergleich schon günstig.“

Der Handel sieht strengere Sicherheit­sregeln skeptisch. „Solche Hürden machen Zahlungen im Internet alles andere als bequem und können dazu führen, dass Kunden den Einkauf abbrechen“, sagt Ulrich Binnebößel vom Handelsver­band HDE. Zudem sei der Verbrauche­rschutz fraglich, da mit Regeln wie Käuferschu­tz Schäden bei Onlineshop­ping ohnehin eher auf Händlersei­te entstünden. Allerdings hätten Verbrauche­r mit neuen Angeboten eine Alternativ­e zu Kreditkart­e oder Lastschrif­t.

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Foto: Ole Spata Bisher mussten Kunden bei Missbrauch der Bank oder Kreditkart­e im Onlinebank­ing für Schäden bis zu 150 Euro haften. Diese Summe verringert sich jetzt nach einer EU Richtlinie laut Bankverban­d auf 50 Euro.

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