Aichacher Nachrichten

Feuerwehr wehrt sich gegen Attacken

Rettungskr­äfte berichten von Beschimpfu­ngen und tätlichen Angriffen. Jetzt werben sie für mehr Respekt

- VON MICHAEL BÖHM

München Ob er als Feuerwehrm­ann schon einmal Opfer von Gewalt geworden ist? Friedhelm Bechtel muss keine Sekunde überlegen, um mit einem bestimmten „Ja“zu antworten – und mehrere Beispiele hat er auch sofort parat. Einmal wurden er und sein Kollege bei einem Einsatz in Augsburg von einem Mann gewürgt und zu Boden gerissen. Der Mann stand offenbar unter Drogen und wollte vermutlich verhindern, dass die beiden Feuerwehrm­änner das Rauschgift finden, das er in seiner Wohnung versteckt hatte. Ein anderes Mal war Bechtel gerade auf dem Weg zu einem Brand in einem Hotel in der Augsburger Innenstadt. Als er die Straße überqueren wollte, näherte sich ein Auto. Der Fahrer sah den Feuerwehrm­ann – und gab Gas. Nur mit einem beherzten Sprung auf die Seite konnte sich Bechtel retten. Der Autofahrer hielt daraufhin an, kurbelte das Fenster herunter und beschimpft­e den am Boden liegenden Brandamtma­nn, so lautet der offizielle Dienstgrad Bechtels bei der Augsburger Berufsfeue­rwehr.

„Das war heftig und so etwas will ich eigentlich nie mehr erleben“, sagt Bechtel im Gespräch mit unserer Zeitung. Neuerdings sagt er es aber auch im Kino. Denn der Augsburger ist einer der Hauptakteu­re in einem dreiminüti­gen Film der Deutschen Feuerwehr-Gewerkscha­ft (DFeuG), der gestern in München Premiere feierte. Unter dem Titel „Respekt? Ja, bitte“wollen die bayerische­n Brandschüt­zer auf ein Problem hinweisen, das offenbar immer größer wird: dass Rettungskr­äfte bei ihrer Arbeit behindert, beleidigt und sogar tätlich angegriffe­n werden. „Wir haben leider keine aktuellen belastbare­n Zahlen, aber eine Studie im Jahr 2014 hat gezeigt, dass in München jeder Feuerwehrm­ann rund zweimal im Jahr Opfer derartiger Übergriffe wird. Gefühlt ist diese Zahl in den vergangene­n Jahren immer größer geworden“, sagt Siegfried Maier, bayerische­r Landesgrup­penvorsitz­ender der DFeuG. Im Freistaat gebe es mehr als 320 000 Feuerwehrl­eute – 97 Prozent davon im Ehrenamt. Es könne nicht angehen, dass sie, „die nur Gutes tun wollen“, angegriffe­n werden.

Die Kampagne der Gewerkscha­ft und der Kurzfilm, der ab sofort im Internet sowie vier Wochen lang in bayerische­n Kinos – vorerst lediglich in München, Rosenheim, Aschaffenb­urg und Landshut – im Vorprogram­m laufen wird, soll auf die Problemati­k aufmerksam machen. Und er soll Politik sowie Justiz zum Handeln bewegen. Zwar gebe es bereits Gesetze, um Personen zu bestrafen, die Rettungskr­äfte angreifen. Oftmals würden die jedoch nicht umgesetzt, sagt Maier – wegen fehlenden öffentlich­en Interesses, wie es juristisch heißt. „Dafür fehlt uns das Verständni­s. Wer einen Retter attackiert, der gehört bestraft“, fordert der Gewerkscha­ftsChef. Der Augsburger Friedhelm Bechtel hält sich mit derartigen Parolen zurück. Die Aggressore­n seien seiner Erfahrung nach in den meisten Fällen Männer, die unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen stehen und dann „alles um sich herum vergessen“. Von dem Film, mit ihm in der Hauptrolle, erhofft er sich eine positive Wirkung: „Vielleicht können wir den ein oder anderen wachrüttel­n.“

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Foto: Screenshot Der Augsburger Feuerwehrm­ann Fried helm Bechtel wurde selbst schon mehr fach Opfer von Attacken.

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