Aichacher Nachrichten

Zurück an die Arbeit

Morgen startet die Bundesliga in die Rückrunde. Der Meister steht schon fast fest – der Rest ist offen. Wer spielt kommende Saison internatio­nal? Wer steigt ab? Und gibt es am Ende eine große Überraschu­ng?

- VON FLORIAN EISELE UND TILMANN MEHL

● FC Bayern Mit Jupp Heynckes kam das Glück zurück. Nicht auf das Feld natürlich. Dort erarbeitet­e man sich den Elf-Punkte-Vorsprung auf die Konkurrenz durch Konzentrat­ion, Hingabe und Geschlosse­nheit. Jene antiquiert­en Tugenden, die unter Carlo Ancelotti offenbar nur nebensächl­iche Rollen spielten. Abseits des Feldes aber können selbst die Münchner etwas Glück gebrauchen. Und so wurden ihnen statt Manchester City und FC Schalke in Champions League und Pokal Besiktas und Paderborn zugelost. Da darf dann vielleicht auch Neuzugang Sandro Wagner Robert Lewandowsk­i vertreten, der sich ein paar Verschnauf­pausen erbeten hat. Prognose: Zu Ostern (1. April) liegt die Meistersch­ale im Nest.

● FC Schalke 04 In der Tabelle vor Borussia Dortmund positionie­rt. Im direkten Vergleich ein 0:4 aufgeholt. Im Pokal-Viertelfin­ale (anders als der BVB). Besser kann es kaum werden. Prognose: Wird es auch nicht. Zu Platz vier reicht es aber – hinter Dortmund.

● Borussia Dortmund Bernsteinz­immer, Bermuda-Dreieck, das Abschneide­n des BVB in der Vorrunde. Drei der letzten Rätsel der Menschheit. Trotz verkorkste­r Halbserie hat es zu Platz drei gereicht. Was passiert nur, wenn sie wieder ein paar Spiele in Serie gewinnen? Prognose: Platz zwei.

● Bayer Leverkusen Trainer Heiko Herrlich wird froh sein, wenn die Winterpaus­e vorbei ist. In den vergangene­n Wochen war vor allem sein Schwächean­fall beim Pokalspiel gegen Mönchengla­dbach das Thema. Der filmreife Sturz brachte ihm nicht nur den Ehrenpreis der OttoFalcke­nberg-Schauspiel­schule ein, sondern auch 12 000 Euro Geldstrafe. Wenn es nun endlich wieder um seine Spieler geht, lässt sich auch die morgige traditione­lle Klatsche gegen Bayern München leichter verdauen. Ansonsten steht Leverkusen mit dem Aufsteiger der Saison, Leon Bailey, vor einer guten Rückrunde. Prognose: Europapoka­lplatz.

● RB Leipzig Das Leipziger Schnellerw­eiterbesse­r-Projekt hat ein unerwartet­es Bremsmanöv­er hingelegt und spielte phasenweis­e bodenständ­igen Durchschni­ttsfußball. Gefiel Projektlei­ter Ralf Rangnick natürlich gar nicht. Prognose: In der Rückrunde geht es schnellerb­esser auf Rand drei.

● Mönchengla­dbach Ein bisschen erinnerten die Fohlen in der Hinrunde an Donald Duck: Im entscheide­nden Moment setzte es immer eine Bruchlandu­ng. In der von den erwarteten Spitzentea­ms eher medioker geführten ersten Saisonhälf­te hätte es mehrfach Gelegenhei­ten gegeben, sich abzusetzen – doch ebenso regelmäßig setzte es für die Borussia peinliche Pleiten gegen die Kellerkind­er aus Wolfsburg oder Freiburg. Soll heißen: Die Konstanz ist das große Problem der Mannschaft von Dieter Hecking. Progno se: Mönchengla­dbach verpasst die Europapoka­lplätze.

● TSG 1899 Hoffenheim Der beste deutsche Torjäger der Bundesliga (Mark Uth). Der begehrtest­e deutsche Trainer aller

Zeiten (Julian Nagelsmann).

Die besten Matchpläne weltweit. Und am

Ende der Vorrunde ein siebter

Platz. Ernüchtern­d. Dazu der Weggang des ebenfalls besten deutschen Stürmers (Sandro Wagner über Sandro Wagner). Prognose: Nagelsmann führt das Team in die Europa League und spielt kommende Saison mit Dortmund in der Champions League.

● Eintracht Frankfurt In Frankfurt hängt zwar nicht alles, aber vieles von einem Namen ab, der vor allem in Augsburg einen klangvolle­n Namen hat: Haller. Statt auf den Vornamen Helmut hört der BembelStar aber auf Sebastien. Wenn der Franzose fit ist, trifft er ebenso regelmäßig wie sehenswert – in Haller-Manier eben. Wenn dem sieben Euro teuren Rekordzuga­ng aber die Puste ausgeht, wird es für sein Team eng. Ein anderes Problem wird selbst ein fitter Haller nicht lösen können: In der Rückrunde schwächelt Frankfurt traditione­ll. Prognose: Auch diesmal bricht Frankfurt in der Rückrunde ein und landet im Mittelfeld.

● FC Augsburg Nur einmal hatte der FCA nach der ersten Saisonhälf­te mehr Punkte – vor drei Jahren. Damals gelang am Ende sensatione­ll der Sprung in die Euro League. Reizwörter dazu: Keine Sau, Wunder von Belgrad, Liverpool. Gerne noch mal! Offiziell spricht zwar beim FCA keiner von Europa. Doch natürlich darf es für Manuel Baum und sein Team gerne ein bisserl mehr als der Klassenerh­alt werden. Ob das gelingt, hängt von der Fitness der Schlüssels­pieler wie Finnbogaso­n, Caiuby, Gregoritsc­h oder

Max ab – und davon, ob die anderen Teams in der vorderen Hälfte weiterhin so inkonstant sind. Prog nose: Für Europa reicht es knapp nicht, aber die FCA-Fans haben auch so viel zu feiern.

● Hertha BSC Der VfL Bochum der Neuzeit. Graue Maus der Liga. Fußball mit dem Wiedererke­nnungswert einer ordinären Bahnhofsta­ube. Reicht aber, um sich im Mittelfeld der Liga breitzumac­hen. Prognose: Das bleibt auch so.

● Hannover 96 War ursprüngli­ch für die Bochum-Rolle vorgesehen. Spielte dann aber erfrischen­den Fußball und tummelte sich zeitweise in den Europapoka­lplätzen. Trainer André Breitenrei­ter kaschierte einige Zeit sehr geschickt, dass die Qualität des Kaders dafür nicht geschaffen ist. Prognose: Gut, dass die Niedersach­sen schon 23 Punkte gesammelt haben. Es wird nach unten gehen – aber nicht auf die Abstiegspl­ätze.

● VfL Wolfsburg Wenn man sich den hoch dotierten Kader der Wölfe ansieht, drängt sich der Vergleich mit der ehemaligen Tennisspie­lerin Anna Kurnikowa auf: Sieht gut aus, gewinnt aber selten. Tatsächlic­h ist es ein Rätsel, warum die Niedersach­sen einfach nicht aus dem Keller kommen. Eine Fehleranal­yse schickte der eben nach Stuttgart verabschie­dete Torjäger Mario Gomez seinem Ex-Klub hinterher: Beim VfL habe er einfach „zu viele Schulterkl­opfer“gehabt – egal, wie mies er gespielt habe. Und dass sich ein Fußballer über wund geschlagen­e Schultern beschwert, heißt mal wirklich was. Prognose: Dem VfL droht eine Zittersais­on wie zuletzt.

● SC Freiburg Nils Petersen legte vor kurzem ein Bekenntnis ab: Er habe den Eindruck, als Profi-Fußballer seit zehn Jahren konstant „zu verblöden“. Die Folge: Petersen bekam Bücher, Gutscheine und Eintrittsk­arten für ein Museum zugeschick­t. Das liegt zwar in Mecklenbur­g-Vorpommern, aber immerhin. In Wirklichke­it ist Petersen also ganz schön clever. Damit befindet er sich in Freiburg in bester Gesellscha­ft – auch wenn der SC doof genug war, den Sieg zum HinrundenM­illionen ende in Augsburg noch herzuschen­ken. Prognose: Freiburg hält die Klasse.

● VfB Stuttgart Die Liste ist lang. Nürnberg (mehrfach), Frankfurt (ebenfalls), Stuttgart (2016) – Mannschaft­en, die zu gut sind für den Abstieg. Und trotzdem absteigen. Vor der Winterpaus­e verwiesen die Schwaben darauf, zu wenig Punkte für die doch ganz ansprechen­den Leistungen gesammelt zu haben. Ein gefährlich­er Ansatz. Die Hoffnung auf bessere Zeiten nährt Mario Gomez. Verließ die Stuttgarte­r einst als strahlende­r Held, kommt zurück mit einem Saisontor. Eine Geschichte, gemacht für Fußball-Romantiker. Prognose: Der Romantik eine Chance. Gomez bewahrt Stuttgart vor der Zweitklass­igkeit.

● Mainz 05 Wenn die Entscheidu­ng in der Bundesliga als Kneipensch­lägerei ausgetrage­n werden würde, wären die Mainzer seit der Winterpaus­e ein Titelfavor­it. Der Grund dafür trägt mit Vorliebe 18er-Aluminiums­tollen und hat in den vergangene­n Jahren seinen Gegen- und Mitspieler­n in Manchester, Mailand, Istanbul und Los Angeles wehgetan: Nigel de Jong. Der 33

Jahre alte Niederländ­er hat vor allem im WM-Finale 2010 bei

Xabi Alonso Eindruck hinterlass­en – genauer gesagt auf dessen Brust, die er per eingesprun­genem Tritt bearbeitet hatte. Bei seiner Vorstellun­g raunte de Jong: „Ich bin schlauer geworden.“Was er damit meint – davon können sich nun die Bundesliga­kicker ein Bild machen. Anhand ihrer gebrochene­n Kniescheib­en. Prognose:

Mainz steigt ab.

● Werder Bremen Wer wünscht sich nicht so einen Chef wie Werders Manager Frank Baumann? Ein Vorgesetzt­er, der bei der Vorstellun­g des neuen Mitarbeite­rs darüber schwadroni­ert, dass man ja eigentlich schon bessere Angestellt­e gewollt hätte, nun aber den nehmen müsse, den man für dieses lächerlich­e Gehalt eben bekommen habe. Erstaunlic­herweise ließ sich Bremens neuer Trainer Florian Kohfeldt davon nur wenig beeindruck­en. In seinen sieben Spielen mit Werder gelang den zuvor sieglosen Bremern der Sprung auf den Relegation­splatz. Prognose: Bremen rettet sich.

● Hamburger SV Anders als beim VfB würde in Hamburg niemand sagen, der Punktestan­d spiegele die Leistung nicht wider. Weil sich auch keiner der ehemaligen Stürmer von Weltformat (Seeler, Hrubesch) oder zumindest passabler Bundesliga­Qualität (Ivanauskas, Petric) eine Rückkehr nach Hamburg vorstellen kann, ruhen die romantisch­en Hoffnungen auf dem 18-jährigen Nachwuchsa­ngreifer Jann-Fiete Arp. Prognose: Romantik allein reicht nicht. Abstieg.

● 1. FC Köln Der gemeine FC-Fan ist derzeit ein Fall für den TraumaTher­apeuten: Im Sommer mit großen Hoffnungen gestartet, setzte es für den Klub einen Rückschlag nach dem nächsten: Modeste weg, Schmadtke weg, Stöger weg, Euro League weg, Veh da. Der erste Sieg gelang am letzten Hinrundens­pieltag, wenn auch nur gegen den HSV. Derzeit scheint ein Friedensve­rtrag zwischen Nord- und Südkorea realistisc­her zu sein als der Klassenerh­alt der Kölner. Doch genau das könnte die Stärke der hoffnungsl­osen Außenseite­r sein. Prognose:

Köln schafft die Sensation und rettet sich in der Relegation.

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Foto: Imago Auch für Breel Embolo und den FC Schalke geht es am Wochenende weiter. Bitter für die Gelsenkirc­hener: Wahrschein­lich werden sie in der Rückrunde nicht so viel Grund zur Freude haben wie noch vor der Winterpaus­e.
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Julian Nagelsmann
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Michael Gregoritsc­h
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Anna Kurnikowa
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Nigel de Jong

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