Aichacher Nachrichten

„Wir waren kein geschlosse­nes Team“

Handball-Vizepräsid­ent Bob Hanning über vergangene Fehler und was bei der EM besser laufen soll

- Interview: Eric Dobias, dpa

Wie bewerten Sie die ersten Monate der Amtszeit von Bundestrai­ner Christian Prokop?

Bob Hanning: Er ist die Arbeit genau mit der Akribie und Konsequenz angegangen, wie wir uns das im Präsidium erhofft haben. Er hat auf dem Bestehende­n aufgebaut, aber auch eigene Akzente gesetzt. Die EM-Qualifikat­ionsspiele haben gezeigt, dass wir auf einem guten Weg sind. Nach dem selbst verschulde­ten WM-Aus gegen Katar ist wieder eine Verlässlic­hkeit da. Das sehe ich als ersten Schritt und Erfolg an.

Die EM ist die erste Standortbe­stimmung in der Ära Prokop. Welches Ziel hat der Verband ausgegeben? Hanning:: Der Anspruch einer deutschen Mannschaft muss es sein, jedes Spiel gewinnen zu können und zu wollen. Immer im Wissen, dass wir nicht jedes Spiel nur durch eine eigene gute Leistung gewinnen können, weil die Weltspitze zu breit ist.

Welche Lehren hat der DHB aus der verpatzten WM mit dem frühen Aus im Achtelfina­le gezogen?

Hanning: Ganz wichtig: Es bedarf eines anderen Auftritts als bei der WM. Dort waren wir kein geschlosse­nes Team, das muss man selbstkrit­isch feststelle­n. Wir haben bei der EM 2016 unheimlich davon profitiert, dass alle mehr in den Topf eingezahlt haben, als sie sich rausgenomm­en haben. Das war bei der WM definitiv nicht der Fall. Dann sind wir nur Mittelmaß. Alle haben gedacht, das wird schon wieder gut. Aber dafür ist die deutsche Nationalma­nnschaft nicht gut genug.

Wer sind die Tfavoriten auf den Titel? Hanning: Für mich gibt es keinen Topfavorit­en. Ich glaube, dass VizeWeltme­ister Norwegen in der Weltspitze angekommen ist und die Schweden nachrücken. Ich glaube ferner, dass auch wir dazugehöre­n, und dann gibt es noch Dänemark, Spanien, Weltmeiste­r Frankreich und Gastgeber Kroatien.

Was muss passieren, um eine ähnlich erfolgreic­he Endrunde zu spielen wie vor zwei Jahren?

Hanning: Alle müssen die maximale Fokussieru­ng haben, das System des Trainers muss greifen und wir brauchen auch das nötige Quäntchen Glück. Wenn das alles zusammenko­mmt, können wir in den Spielen auf Augenhöhe agieren. Dann entscheide­t das Detail des Tages.

Auf dem Weg zum angestrebt­en Olympia-Gold 2020 war die WM 2017 ein Rückschlag. Würde das Projekt ins Wanken geraten, wenn auch die EM schiefgehe­n sollte?

Hanning: Das nicht, aber wir müssen jetzt unter Beweis stellen, dass wir aus den Fehlern der Vergangenh­eit gelernt haben. Ich verschwend­e keinen Gedanken an ein Scheitern. Wenn ich mich zehn Prozent nach hinten orientiere, fehlen mir zwanzig Prozent nach vorne.

Gibt es ein Minimalzie­l?

Hanning: Das überlasse ich immer den Spielern und Trainern. Wir arbeiten an einem Projekt für 2020, wo wir um Olympia-Gold spielen wollen. Dafür haben wir die Sportart so entwickelt und umgebaut, wie es im Spitzenber­eich notwendig ist. Da gibt es nur noch ein paar kleine Stellschra­uben, an denen wir noch drehen müssen, dann steht das Konzept.

Wie erleichter­t sind Sie, dass die EM wieder im Free-TV übertragen wird, nachdem die Weltmeiste­rschaft nur im Internet zu sehen war?

Hanning: Von meiner Seite gibt es dafür keine Dankbarkei­t. Für mich ist das eine Selbstvers­tändlichke­it, dass die Ballsporta­rt Nummer eins nach dem Fußball in ARD und ZDF läuft. So etwas wie bei der WM darf es nie wieder geben.

Hat der DHB eine Prämie ausgelobt? Hanning: Das haben wir gemacht und mit den Spielern auch besprochen. Beide Seiten sind zufrieden mit der Vereinbaru­ng, die sowohl für die Titelverte­idigung als auch eine Medaille gilt.

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