Aichacher Nachrichten

Anwalt hilft Flüchtling­en nach Suizidvers­uch

Eine Mutter und ihre Kinder sind vor dem gewalttäti­gen Familienva­ter aus dem Kosovo geflohen. Als sie in ihre Heimat abgeschobe­n wurden, wollten sie sich das Leben nehmen. Ein Rechtsanwa­lt bereitet derzeit eine Klage vor

- VON JÖRG HEINZLE

Eine Familie hatte im Herbst nach der Abschiebun­g in den Kosovo aus Verzweiflu­ng über die Situation einen gemeinsame­n Selbstmord­versuch unternomme­n. Nun will ein Rechtsanwa­lt deren Rückkehr nach Augsburg durchsetze­n. Der Anwalt Eberhard Bofinger sagte auf Anfrage unserer Zeitung, er bereite derzeit entspreche­nde Klagen vor. Spätestens Anfang der nächsten Woche werde er die Klagen einreichen. Er könne nicht nachvollzi­ehen, warum die Behörden die Abschiebun­g ausgerechn­et in diesem Fall „mit voller Härte“betrieben hätten.

Es geht in dem Fall um eine Mutter, Xhevrije R., die mit ihren drei Kindern aus dem Kosovo nach Deutschlan­d gekommen war. Sie flohen aber nicht aus politische­n Gründen, sondern wegen ihres gewalttäti­gen Ehemanns und Vaters. Nach Angaben des Augsburger Flüchtling­srats, einem Zusammensc­hluss von ehrenamtli­chen AsylUnters­tützern, waren die Mutter und ihre Kinder im Kosovo „extremer häuslicher Gewalt“ausgesetzt. Häusliche Gewalt ist aber kein Asylgrund. Deshalb lehnten die Behörden die Asylanträg­e ab und sorgten nun für Abschiebun­g. Zuständig für die Abschiebun­g der Familie war die Regierung von Schwaben.

Dort gilt der Fall jetzt als erledigt. Es sind vier weitere Abschiebun­gen nach Ex-Jugoslawie­n, die der bayerische Innenminis­ter als Erfolg vermelden kann, wenn er Bilanz zieht. Anwalt Eberhardt Bofinger spricht dagegen von einem „Härtefall“und ist der Ansicht, dass man die Familie nicht hätte abschieben dürfen. Laut Flüchtling­srat litten Mutter und Kinder unter einer enormen psychische­n Belastung. Gutachten bestätigte­n schwere psychische Er- darunter Depression­en und Psychosen. Besonders betroffen ist demnach die älteste Tochter, Elbasana D., 27. Sie habe bereits in Deutschlan­d einen Suizidvers­uch unternomme­n und sei deshalb mehrere Monate im Bezirkskra­nkenhaus behandelt worden.

Ausgerechn­et Elbasana D. wurde von den Behörden am 10. Oktober vorigen Jahres alleine abgeschobe­n. Erst neun Tage später wurde dann auch Xhevrije R. und die beiden Söhne Muhamet, 27, und Migjen, 14, in den Kosovo geflogen. Migjen besucht in Augsburg die Schule. Er habe sich gut in der Schule eingebrach­t und sei sogar als Vermittler bei Streiterei­en aufgetrete­n, steht in einem Brief einer Lehrerin. Abgeschobe­n wurde die Familie auf der Basis eines Gutachtens, welches allen Betroffene­n attestiert­e, dass ihr Gesundheit­szustand die Reise in den Kosovo zulasse. In dem Gutachten wurde aber die Frage aufgeworfe­n, ob die Familie im Kosovo angesichts der Probleme lebensfähi­g ist.

Kurz nach der Rückkehr in den Kosovo sollen die Mutter und die beiden erwachsene­n Kinder versucht haben, sich mit einer Überdosis Tabletten das Leben zu nehmen. Sie wurden deswegen in einer Klinik in der Stadt Gjakovo behandelt. Inkrankung­en, zwischen sind sie alle wieder aus dem Krankenhau­s entlassen worden und vorläufig bei Verwandten untergekom­men. An der psychische­n Situation der Betroffene­n habe sich aber nichts geändert – das bescheinig­t nach Angaben von Anwalt Eberhard Bofinger auch der Entlassbri­ef der Klinik. Die Behörden hätten die Familie auch deshalb abgeschobe­n, weil sie die medizinisc­he Versorgung von psychisch kranken Menschen im Kosovo als gut einstuften. Der Rechtsanwa­lt bewertet das als Fehleinsch­ätzung. Er ist zuversicht­lich, dass er eine Rückkehr von Mutter und Kindern vor Gericht durchsetze­n kann.

Info Das Diakonisch­e Werk Augsburg e. V. sammelt aktuell Spenden für die Familie. Die IBAN Nummer für das Konto bei der Stadtspark­asse Augsburg lautet DE95720500­0000000042­00. Das Stichwort dafür lautet „Elbasana D.“.

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Foto: B. Hohlen Eine Demo des Flüchtling­srats gegen Ab schiebunge­n in Augsburg.

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