Ein Leben zwischen Kripo und Kirche
Der Kühbacher Michael Gastl ist Polizist aus Leidenschaft. Neben seiner Arbeit absolviert er nun die vierjährige Ausbildung zum Diakon bei der Pfarreiengemeinschaft Aichach. Er tut das aus tiefer Überzeugung
Kühbach/Aichach Der Kühbacher Michael Gastl ist Polizeibeamter aus Leidenschaft. Als Kommissariatsleiter beim Kriminaldauerdienst in Ingolstadt hat er fast täglich mit Tätern und Opfern von Verbrechen zu tun. Für den Katholiken Gastl stehen dabei die Menschen im Vordergrund. Genauso wie in seinem zukünftigen Ehrenamt, für das er sich – mindestens sechs Stunden pro Woche – in den Dienst der Kirche stellen will. Neben seiner Arbeit als Kripobeamter durchläuft der verheiratete Familienvater derzeit eine vierjährige Ausbildung zum Ständigen Diakon im Zivilberuf bei der Pfarreiengemeinschaft Aichach. Gastl nennt dies „den anderen Teil meiner Berufung“.
Es war ein harter Schicksalsschlag, der ihn auf diesen Weg geführt hat, erklärt Michael Gastl. Nach der Totgeburt ihrer Zwillingsmädchen im Jahr 1997 hätten seine Frau und er eine schwere Zeit durchgemacht. Ihr starker Glaube habe ihnen dabei geholfen, diese Zeit zu überstehen, sagt der 50-Jährige. Für ihn war es der Auslöser, sich intensiver mit seinem Glauben zu beschäftigen. „Ich wollte dem katholischen Glauben auf den Grund gehen und wissen, welchen Sinn die verschiedenen Handlungen zum Beispiel in einer Messfeier haben“, sagt er. Das brachte ihn zu einem Fernstudium der Liturgie. Über dieses Studium eröffnete sich ihm ein Verständnis, das ihn fast logischerweise zu einem Theologiestudium führte. „Durch diesen Glaubenskurs erschloss sich mir wieder die Sinnhaftigkeit unseres Glaubens“, sagt Gastl rückblickend. „Der weitere Weg zum Ständigen Diakonat war für mich nur die Konsequenz, nämlich Jesus im Dienst am Mitmenschen nachzufolgen.“
Die wichtigste Aufgabe ist der Dienst am Mitmenschen
Den Dienst am Mitmenschen sieht Gastl als die wichtigste Aufgabe seiner zukünftigen Tätigkeit an. „Als Diakon habe ich die Möglichkeit, die Frohe Botschaft nicht nur in Worten, sondern auch in Taten an meine Mitmenschen zu bringen.“Wenn alles nach Plan verläuft, wird Gastl im Oktober 2019 vom Bischof im Augsburger Dom zum Ständigen Diakon geweiht werden.
Soeben hat Michael Gastl sein viermonatiges Praktikum bei der Caritas zu Ende gebracht. Dabei habe er viele Parallelen zu seinem Polizeiberuf erkannt, sagt er. „Ich habe viel Leid gesehen, aber auch erlebt, wie man mit etwas Aufmerksamkeit und Achtsamkeit Menschen Freude bereiten kann.“Soziale Arbeit mit der Rückbindung an Jesus Christus sei für ihn als Dienst der Nächstenliebe von enormer Bedeutung. Gerade der christliche Glaube helfe den Menschen, Schicksalsschläge eher zu verkraften.
Gastl ist überzeugt, dass sein Beruf als Kripobeamter mit den Auf- gaben als Diakon hervorragend zusammenpasst: „Jesus kümmerte sich auch um die Verzweifelten, Straftäter und Kranken.“Eines von zahlreichen Beispielen aus seinem Polizeileben: Seit einiger Zeit vernehme er nigerianische Flüchtlingsfrauen, die zur Prostitution gezwungen wurden, erzählt er. Auch hier sei für ihn das Verständnis für die Notsituation diakonisches Handeln. Reibungspunkte mit Kollegen sieht er wegen seiner kirchlichen Berufung nicht. Im Gegenteil – sie fänden seinen Weg interessant, erzählt er.
Michael Gastl ist bewusst, dass es auch kritische Stimmen zum Thema Kirche gibt. Er sagt dazu: „Die Institution Kirche ist eine Gemeinschaft von Menschen. Wie in jeder anderen Institution gibt es Verfehlungen Einzelner und Straftaten, die begangen werden.“Er selbst gibt sich pragmatisch: Als Polizist habe er einen Diensteid auf die freiheitlich demokratische Grundordnung, das Grundgesetz und die bayerische Verfassung abgelegt. Bei der Diakonweihe verspreche er der katholischen Kirche die Treue und seinem Bischof Gehorsam. Als Staatsdiener verfolge er Straftaten ohne Ansehen der Institution oder Person, als Kirchendiener helfe er Mitmenschen ohne Ansehen der Person.
In seiner langjährigen Zeit als Polizeiausbilder und -lehrer hat Michael Gastl viele junge Männer und Frauen, auch mit Migrationshintergrund, kennengelernt. Seiner Erfahrung nach ist es ein Irrtum zu glauben, dass die heutige Jugend keinen christlichen Glauben mehr habe. Es fehle den jungen Leuten vielmehr an Glaubensvorbildern, ist er überzeugt. Ihm stellt sich deshalb die Frage, wer denn die Fragen der Kinder dazu beantworte, wenn die Familien, Erzieherinnen und Lehrer nicht mehr im Glauben verankert seien.
Neben dem Polizeiberuf und der Ausbildung zum Diakon Zeit für die Familie und die Kinder zu haben, ist für Gastl nicht immer leicht. „Meine Familie und insbesondere meine Frau trägt diesen Weg mit, weil sie auch meinen Glaubensweg mitbegleitet“, betont Gastl. Wichtig sei für ihn aber die Reihenfolge: Familie, Beruf und dann Diakon. „Immer gelingt mir das nicht.“
Michael Gastl möchte durch seinen Weg und sein Glaubenszeugnis seine Mitmenschen motivieren. Er ist überzeugt, der Glauben helfe den Menschen, das Leben zu bestehen und nie die Hoffnung zu verlieren. Es sei nicht dumm und auch nicht weltfremd, im Glauben verwurzelt zu sein. Deshalb gebe es für ihn nichts Logischeres und Vernünftigeres, als an Jesus Christus zu glauben. Es klingt sehr glaubwürdig, wenn er sagt: „Ein Vorbild im Glauben bin ich sicher nicht, aber ich schäme mich auch nicht, mich zu Jesus und zur katholischen Kirche zu bekennen, sonst wäre ich auf dem Holzweg und nicht auf dem Weg zum Diakon.“