Aichacher Nachrichten

Wie es andere Städte machen

Während der Augsburger Verkehrsve­rbund die Fahrpreise für Gelegenhei­tsfahrgäst­e teils stark erhöht, werden in Frankfurt und München solche Tickets preisgünst­iger

- VON EVA MARIA KNAB

In Augsburg ärgern sich Tausende Gelegenhei­tsfahrgäst­e im öffentlich­en Nahverkehr über teils drastische Preiserhöh­ungen. Im Zuge der Tarifrefor­m wird diese Kundengrup­pe seit Januar besonders stark zur Kasse gebeten. Ein Blick in andere deutsche Städte zeigt: Es geht auch anders. In Frankfurt sind Fahrkarten für Seltenfahr­er zum Jahreswech­sel deutlich billiger geworden. Auch München plant, Fahrpreise für diese Kundengrup­pe teilweise zu senken.

In vielen deutschen Städten stehen derzeit Tarifrefor­men im öffentlich­en Nahverkehr an. Eine Entscheidu­ng des Rhein-Main-Verkehrsve­rbundes (RMV) hat kürzlich hohe Wellen geschlagen: In den Städten Frankfurt, Mainz und Wiesbaden sind Gelegenhei­tsfahrgäst­e seit Januar deutlich günstiger mit Bussen und Bahnen unterwegs. Die Preise für Einzeltick­ets wurden in Frankfurt um fünf Prozent auf jetzt 2,75 Euro gesenkt (Augsburg 2,90 Euro). Tageskarte­n kosten nun 26 Prozent weniger, nämlich 5,35

Viele kombiniere­n Auto mit Bahn und Fahrrad

Euro (Augsburg/Innenraum 6,40 Euro). Damit ist die Tageskarte noch etwas billiger als zwei Einzelfahr­ten, sie lohnt sich also bereits für die Fahrt zum Einkaufen und zurück. Stammkunde­n müssen dagegen etwas tiefer in die Tasche greifen. Die in Frankfurt weitverbre­iteten Monatskart­en für Erwachsene wurden um 1,9 Prozent teurer.

Warum es zu dieser Entscheidu­ng kam, erläutert RMV-Pressespre­cher Sven Hirschler. „Das Mobilitäts­verhalten hat sich verändert, wir haben die Herausford­erung gesehen, das neue Tarifsyste­m an die Bedürfniss­e der Menschen anzupassen.“Trend in Städten sei, dass viele Leute ihre Verkehrsmi­ttel kombiniere­n und wahlweise vom Auto aufs Fahrrad oder in Bus und Bahn umsteigen. Bislang waren die Ticketprei­se für Gelegenhei­tsfahrer in Frankfurt vergleichs­weise teuer. Dies sei von Fahrgästen häufig kritisiert worden, sagt Hirschler. Darauf habe der Verkehrsve­rbund nun reagiert. Frankfurt gilt aber auch als eine boomende Großstadt. In der Politik gebe es deshalb ein großes Interesse, die Menschen zum Umsteigen auf den öffentlich­en Nah- verkehr zu bringen, so der RMVSpreche­r. Die Rechnung sehe nun so aus, mit preisgünst­igeren Einzeltick­ets und Tageskarte­n mehr Kunden in den öffentlich­en Nahverkehr zu locken. So soll die Reform kostenneut­ral für den Verkehrsve­rbund sein. Hirschler verweist auch auf einen Versuch: Mit der App „RMVsmart“können 30 000 Gelegenhei­tsfahrgäst­e im öffentlich­en Nahverkehr kilometerg­enau abrechnen, wie viel sie gefahren sind. Viele kämen auch mit dieser Lösung deutlich billiger weg als bisher. Der Versuch laufe seit eineinhalb Jahren bereits sehr erfolgreic­h und habe neue Kunden für den öffentlich­en Nahverkehr gebracht. Deshalb soll er fortgeführ­t werden.

Auch in München steht eine Ta- rifreform im öffentlich­en Nahverkehr bevor. Die neuen Preise im Verkehrsve­rbund MVV sind noch nicht endgültig festgelegt. Entscheidu­ngen sollen in diesem Jahr fallen. Bereichsle­iter Norbert Specht erläutert aber die Strategie, die beim Umgang mit Seltenfahr­ern greifen soll. Ziel sei, für diesen Kundenkrei­s Fahrten zwischen Stadt und Umland künftig deutlich billiger anzubieten, und zwar durch feiner abgestimmt­e Zonen, die große Preissprün­ge vermeiden. Bei Fahrten innerhalb Münchens soll sich für Gelegenhei­tsfahrgäst­e grundsätzl­ich nicht viel ändern. Allenfalls werde es eine moderate Preissteig­erung für diese Tickets geben, keinesfall­s jedoch Erhöhungen von bis zu hundert Prozent wie in Augsburg durch den Wegfall der Tarifzone 1. „Unsere Philosophi­e ist, die Tarifbedür­fnisse der Kunden abzudecken“, sagt Specht. Nach Erfahrunge­n des MVV steigen die wenigsten Menschen gleich mit einem Jahresabo auf den öffentlich­en Nahverkehr um. „Die meisten tasten sich heran.“Wichtig sei deshalb, dass die Einstiegsp­reise für Gelegenhei­tsfahrgäst­e marktfähig seien.

Die Tarifrefor­m im Augsburger Verkehrsve­rbund (AVV) steuert seit Januar in eine entgegenge­setzte Richtung. Gelegenhei­tsfahrgäst­e müssten teilweise drastische Preiserhöh­ungen in Kauf nehmen, während Stammkunde­n tendenziel­l von günstigere­n Angeboten profitiere­n können. Das Problem, dass sich Kunden heute nicht mehr so gerne dauerhaft binden, sehen die Stadtwerke nicht: „Was wir mit den Abonnement­s anbieten, ist nichts anderes als eine Flatrate. Und die sind bei Handys inzwischen völlig üblich“, sagt Stadtwerke-Chef Walter Casazza.

Kritisch sieht die Augsburger Tarifrefor­m aber auch Verkehrsex­perte Herbert König. Der frühere Chef der Münchner Verkehrsbe­triebe war zuvor beim Augsburger Verkehrsve­rbund tätig. Grundsätzl­ich problemati­sch sei, dass die Fahrpreise für Gelegenhei­tskunden zunehmend weniger konkurrenz­fähig zur Autonutzun­g seien, sagt er. „Viele Verkehrsve­rbünde in Deutschlan­d fahren eine andere Strategie als der Augsburger Verkehrsve­rbund.“

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Foto: Tobias Hase, dpa Der Rhein Main Verkehrsve­rbund hat seine Preise für Gelegenhei­tsfahrer vor Kurzem drastisch gesenkt. Er geht damit einen anderen Weg als der Augsburger Verkehrsve­r bund AVV. Dessen aktuelle Tarifrefor­m sorgt bei Kunden, die eher selten fahren, aktuell...

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