Selbstkontrolle mit Schwächen
Der Ärger der betroffenen Frauen ist nachvollziehbar. Im Jahr 2012 beschwerten sie sich beim Ärztlichen Bezirksverband – das ist die gesetzliche Berufsvertretung der Ärzte – über einen Augsburger Mediziner. Sie fühlten sich von ihm sexuell belästigt und missbraucht. Fünf Jahre später erfahren sie, dass sie Recht hatten mit ihrem Verdacht – und dass der Mediziner nach ihrer Beschwerde bei der Kammer noch jahrelang ungestört so weitermachen konnte. Rechtlich mag der Umgang mit der Beschwerde womöglich korrekt abgelaufen sein.
Ein besonders gutes Licht wirft es dennoch nicht auf die Selbstkontrolle der Ärzteschaft. Denn Fakt ist nun mal: Die Frauen fühlten sich damals nicht ernst genommen. Der Arzt konnte seine dubiosen Behandlungen erst einmal fortsetzen. Erst eine weitere Strafanzeige brachte den Fall schließlich Jahre später doch ins Rollen. Der Fall zeigt damit auch: Für Vorwürfe dieser Dimension ist der Ärztliche Bezirksverband wohl die falsche Adresse – obwohl er nach dem Gesetz zuständig ist für Beschwerden über Mediziner. Eine bei der Landesärztekammer angesiedelte Beschwerstelle, die auf Missbrauch spezialisiert ist, wäre zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. In Hessen gibt es das sei einigen Jahren. Und wer auf Nummer sicher gehen will, dass sein Verdacht genauer untersucht wird, sollte wohl lieber gleich zur Polizei gehen.