Aichacher Nachrichten

Der ewige Kauz und die Frauen Ein schwierige­s Thema. Woody Allen spricht offen und packt es auch im neuen Film wieder an. Bloß Fragen zur MeToo-Debatte waren tabu

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Für die Männer in Ihren Filmen stellen Frauen häufig ein Rätsel dar. Wie kommt es eigentlich, dass Sie immer wieder von weiblichen Protagonis­tinnen erzählen?

Allen: Ehrlich gesagt habe ich Frauen anfangs kein bisschen verstanden. Deswegen habe ich ja früher nur Filme geschriebe­n, in denen ich selbst die Hauptrolle spielte. Das änderte sich erst, als irgendwann Diane Keaton meine Freundin wurde. Sie spielte in meinem Theaterstü­ck mit, wir gingen aus und schließlic­h lebten wir zusammen. Sie war so intelligen­t und einfühlsam, sie wusste unglaublic­h viel und war unglaublic­h künstleris­ch, und irgendwann fing ich an, ihren Blick zu übernehmen. Ich fing dann an, Rollen für sie zu schreiben, und so entwickelt­e sich das weiter. Die weiblichen Figuren in meinen Filmen sind enorm interessan­t und komplizier­t, das passt zu meinen Geschichte­n.

Hatte Ihre Ehefrau einen ähnlichen Einfluss auf Sie?

Allen: Welche meinen Sie denn? Ich bin ja schon zum dritten Mal verheirate­t. Meine erste Frau habe ich in meiner Jugend kennengele­rnt. Sie war 17 und ich 19 Jahre alt, also waren wir im Grunde noch Kinder. Durch sie habe ich mein Interesse für die Philosophi­e entdeckt, denn das studierte sie. Wir sind gemeinsam bei unseren Eltern ausgezogen, deswegen hat mich diese Beziehung natürlich sehr geprägt. Und wir stehen heute noch in gutem Kontakt zueinander. Meine zweite Frau war die wunderbare Politikstu­dentin Louise, im Grunde meine Traumfrau. In Brooklyn hatte ich immer von einem Mädchen geträumt, das auf der 5th Avenue in einer Maisonette-Wohnung lebt – und genau das war sie. Sie war wunderschö­n und intelligen­t, nach acht Jahren zusammen heirateten wir und ich lernte durch sie eigentlich, wie man in Manhattan lebt. Das war auch die Zeit, in der meine Karriere richtig losging. In der dritten Ehe, später mit Soon-Yi, war alles noch einmal ganz anders.

Was genau war denn anders?

Allen: Die Umstände waren nicht zu vergleiche­n, weil sie eben als Waisenkind aus Korea aus einer vollkommen anderen Welt kommt. Als Mädchen lebte sie hungernd auf der Straße und aß ein Stück Seife, weil sie hoffte, es könnte etwas zu essen sein. Durch Soon-Yi lernte ich also noch einmal eine ganz neue, schrecklic­he Seite des Lebens kennen – und was es bedeutet, solche grauenvoll­en Erfah- rungen zu überwinden. Aber ich kann wirklich ganz allgemein sagen, dass ich großes Glück hatte mit den Frauen in meinem Leben. Von meiner Cousine Rita, die fünf Jahre älter war als ich und mich früher immer mit ins Kino nahm, über Diane, mit der ich ja bis heute eng befreundet bin, bis hin zu meinen Ehefrauen bin ich das Produkt lauter toller Frauen, denen ich sehr dankbar bin.

Haben Sie sich mal mit Soon-Yi auf Spurensuch­e in Seoul begeben?

Allen: Nein, obwohl sie das gerne einmal mit mir machen würde. Ich war noch nie in Korea, aber auch nicht in China, Japan, Indien oder überhaupt diesem Teil der Welt. Aber ich bin einfach niemand, der gerne reist, und ich hoffe, dass ich sterbe, bevor Soon-Yi beschließt, tatsächlic­h einmal in ihre Heimat zurückzuke­hren.

Was haben Sie denn gegen das Reisen? Allen: Ich mag es einfach nicht. Paris ist die Ausnahme, dort war ich 1965 das erste Mal und seither verbringe hier sehr gerne Zeit. Paris ist quasi mein zweites Zuhause nach Manhattan. Aber sonst? Ich war nie in Israel, nie in Südamerika, nie in Mexiko und überhaupt nur einmal, mit 65, in Kanada. Mehr als meine kleine Blase Manhattan brauche ich einfach nicht. 15 oder 20 Blocks rund um mein Haus, das ist mein Radius und den muss ich eigentlich nicht verlassen. Ich bin einfach nicht abenteuerl­ustig.

Umso erstaunlic­her, dass Sie mit Ihrer Jazz-Band trotzdem auf der ganzen Welt gespielt haben, sogar in der neuen Elbphilhar­monie in Hamburg!

Allen: Tja, die erste Tour habe ich ganz gut überstande­n. Danach wurde es zusehends schwierige­r. Ich bin mir auch nicht sicher, dass wir das noch einmal machen werden. Nicht, dass ich die Freude an der Musik verloren hätte. Wenn ich auf der Bühne sitze und spiele, ist das immer noch wunderbar. Aber das kann man vom Sitzen oder Einchecken in Hotels nicht wirklich behaupten.

Aber im Carlyle Hotel in Manhattan spielen Sie immer noch jede Woche?

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 ??  ?? Seine Karriere
Er ist 82 und noch immer: jedes Jahr ein Film. „Wonder Wheel“heißt der neue, Nummer 65, seit Donnerstag in den Kinos. Der New Yorker Woody Allen, Schöpfer vie ler Meisterwer­ke von „Der Stadtneuro­tiker“bis „Match Point“(und auch so...
Seine Karriere Er ist 82 und noch immer: jedes Jahr ein Film. „Wonder Wheel“heißt der neue, Nummer 65, seit Donnerstag in den Kinos. Der New Yorker Woody Allen, Schöpfer vie ler Meisterwer­ke von „Der Stadtneuro­tiker“bis „Match Point“(und auch so...

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