Aichacher Nachrichten

Die Puppenkist­e wirft die Zeitmaschi­ne an

Wie das Museum des Marionette­ntheaters Geschichte lebendig macht. Media-Studierend­e der Hochschule spielen bei dem Projekt eine wichtige Rolle

- VON ALOIS KNOLLER

Die Zeitmaschi­ne ist angeworfen. Punkt zwölf setzte sie sich am Samstag in der Spitalgass­e 15 in Betrieb. Und ihre Rädchen rattern gewaltig wie ein altes Uhrwerk vor dem Stundensch­lag, ehe sie ein Kapitel aus der abwechslun­gsreichen Geschichte der Augsburger Puppenkist­e aufschlägt, die am 26. Februar 70 Jahre alt wird. Dann aber geht die Überraschu­ng erst los. Alle Register zogen zehn Studierend­e des Fachs Interaktiv­e Medien der Hochschule Augsburg bei ihrem Projekt für das Museum der Marionette­nbühne. Auch sie lassen die Puppen tanzen – zwar nicht am Schnürchen, aber mit den Finessen modernster Medientech­nik.

Ahnherr Walter Oehmichen wird wieder lebendig, der Storch fliegt das Bündel ein, der Junge startet seine Karriere beim Theater, kriegt den Hut des Laureaten und wird mit Flitter überschütt­et. Endlich läuft sein Weg von Mainz nach Augsburg, wo er, als Oberspiell­eiter am Stadttheat­er, die Lust am Puppenspie­l einfangen sollte. Zur Stimme des Erzählers flimmert eine bunte Collage über die Wand, Schwarzwei­ß-Porträts bekommen Hände und Füße, das Theaterpar­kett fliegt herbei und auch der rote Vorhang, Schauplätz­e blitzen auf. Beim ersten Angucken wird man gar nicht alle Details dieses humorvoll-witzigen Bilderboge­ns mitkriegen.

„Die Animation sollte sowohl zeitgenöss­isch-modern anmuten, als auch dem handgemach­ten Charme der Puppenkist­e entspreche­n“, erklärt Lukas Woyte als Sprecher der Projektgru­ppe. Ein langer Arbeitspro­zess sei es gewesen, bis die Media-Studierend­en den Stilmix perfekt entwickelt hatten. Insgesamt elf Monate, fast volle zwei Semester, waren sie von den ersten Ideen bis zur Installati­on beschäftig­t. Sorgfältig recherchie­rten sie den Werdegang der Augsburger Puppenkist­e. Aus dem Archiv kramten sie nicht nur alte Fotos aus und ließen Jim Knopf, Urmel & Co. auftreten. Trickreich bauten sie zahlreiche Zitate in die Videos ein. So sind im Uhrwerk das Zifferblat­t vom Bahnhof Lummerland und der Dampfkesse­l von Lok Emma zu sehen. Ebenso taucht die originale Typografie der Zwischente­xte aus den Fernsehfil­men auf.

Benjamin Stechele, Inhaber der Augsburger Multimedia-Agentur Lab Binaer, hatte den Studenten das Projekt vorgeschla­gen. Und weil ihn gleichzeit­ig Prof. Robert Rose fragte, ob er seine Professur („AV-Studio Werkstatt für Audio und Video“) während des Forschungs­freisemest­ers vertreten könne, bot es sich an, dass er die Projektgru­ppe selbst betreute. Mit ins Boot holte die Hochschule Manuel Piepereit von der Augsburger Agentur „Neonpastel­l“. Die Zeitmaschi­ne im Eingangsra­um des Museums löst die Papierfahn­en ab, auf der viele Daten der Puppenkist­e gesammelt waren und die im Laufe der Zeit immer voller und unübersich­tlicher wurden. Die interaktiv­e Präsentati­on rundet die Investitio­nen des Vereins der Freunde des Augsburger Puppenspie­ls in die Modernisie­rung seines 2001 eröffneten Museums „Die Kiste“ab. Gut 60000 Euro, sagt Vorsitzend­er Christoph Mayer, wurden ausgegeben, „um am Puls der Zeit zu bleiben“. Klaus Marschall, der Chef der Puppenkist­e, sagte: „Ich freue mich wahnsinnig.“

 ?? Foto: Annette Zoepf ?? Bei der Präsentati­on der Zeitmaschi­ne waren mit von der Partie (von links): Christoph Meyer, Lukas Woyte, Manuel Piepereit, Oli ver Luxenhofer, Benedikt Köhler, Jessica Moll, Klaus Marschall, Stefan Mayer sowie Benjamin Stechele.
Foto: Annette Zoepf Bei der Präsentati­on der Zeitmaschi­ne waren mit von der Partie (von links): Christoph Meyer, Lukas Woyte, Manuel Piepereit, Oli ver Luxenhofer, Benedikt Köhler, Jessica Moll, Klaus Marschall, Stefan Mayer sowie Benjamin Stechele.

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