Aichacher Nachrichten

Die Chippendal­es von der Waterkant

Das Ohnsorg-Theater zeigt eine Bühnenvari­ante der TV-Show „Bauer sucht Frau“in Gersthofen

- VON CLAUDIUS WIEDEMANN

In den sechziger Jahren des letzten Jahrhunder­ts zählte die Ausstrahlu­ng eines Stücks mit dem Hamburger Ohnsorg-Theater mit zu den Höhepunkte­n deutscher Fernsehkul­tur. Dann war die ganze Familie vor der Flimmerkis­te vereint und amüsierte sich über die heiteren Lustspiele im knochenhar­ten norddeutsc­hen Dialekt. Die Zeiten derartiger Fernsehabe­nde sind längst Vergangenh­eit, das Ohnsorg-Theater aber präsentier­t nach wie vor seine Komödien aus der Welt des deut- schen Nordens. Am Wochenende auch mit großem Erfolg in der Stadthalle Gersthofen.

Auch für das Ohnsorg-Theater ist die Zeit nicht stehen geblieben. Zum Straßenfeg­er, wie zu Zeiten Heidi Kabels, eignen sich diese Inszenieru­ngen längst nicht mehr. Heute bestimmen Shows unterschie­dlichster Formate vom Supermodel bis zum Supertalen­t, vom Bachelor bis zum Bauern die Fernsehpro­gramme. An eben diesem Format von „Bauersucht-Frau“orientiert­e sich nun die aktuelle Ohnsorg-Inszenieru­ng „Landeier – Bauern suchen Frau- en“. Was als Fernsehfor­mat seit über zwölf Jahren bei RTL für Quote sorgt, kann für das OhnsorgThe­ater nicht schlecht sein. So dürfte Autor Frederik Holtkamp gedacht haben, als er seine Geschichte von den drei Jungbauern Jan, Jens und Richard verfasste.

Diese leben in einem entlegenen Dorf irgendwo im hohen Norden Deutschlan­ds. Außer Schweinen und Schafen gibt es dort nichts. Wie also soll man hierher eine Frau locken können? Frustratio­n macht sich breit, ehe Rettung naht in Form von Aushilfspo­stbotin Gertrud und Studentin Eva. Zwar hatten die drei Bauern zuvor schon mal Kontaktanz­eigen aufgegeben, jedoch ohne Erfolg. Man müsse eben mit der Zeit gehen, schmuddeli­ge Annoncen sind out, eigene Youtube-Shows in. „Ihr müsst den Frauen zeigen, was sie sehen wollen“, erklärt Eva. Dass sie dabei weder an Schuhe noch Handtasche­n gedacht hatte, macht sie den drei Jungbauern rasch klar, auch wenn gerade Jens nicht der Hellste ist. Sie präsentier­en sich nun als perfekte Hausmänner an Herd und Bügelbrett und lassen nebenbei ihre Hüllen fallen.

Die Choreograf­ie dieses finalen Striptease konnte sich wahrhaft sehen lassen und war an Komik nur schwer zu überbieten. Jetzt hüpften Jan, Jens und Richard alias Markus Gillich, Robert Eder und Tim Ehlert als Chippendal­es von der Waterkant über die Bühne. Einziges Kleidungss­tück: ein paar Pfannen vor dem Körper. Das Publikum, das größtentei­ls bestimmt auch schon in den Sechzigern zu den Fans des Ohnsorg-Theaters gehört hatte, war hellauf begeistert von dieser Bühnenvari­ante des TV-Formats „Bauer sucht Frau“.

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