Anspannung bei der SPD
Große Koalition oder doch Opposition? Das fragen sich auch die Parteimitglieder im Landkreis. Bei ihnen gehen die Meinungen wie auf Bundesebene auseinander und das Ergebnis ist noch völlig offen
Aichach Friedberg Die Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD sind abgeschlossen. Doch das Ergebnis überzeugt nicht jeden. Ob die SPD in Koalitionsverhandlungen eintritt, entscheidet sich auf dem Parteitag am Sonntag. Zwar gibt es keine Delegierten aus dem Landkreis, dennoch ist auch hier die Stimmung angespannt.
„Wirklich begeistert ist bei uns niemand über die bisherigen Ergebnisse“, sagt SPD-Kreisvorsitzender Bernd Bante. Das habe sich auf einer Vorstandssitzung gezeigt. Die Meinungen reichten von absoluter Ablehnung einer Großen Koalition bis hin zu der Einstellung, endgültige Ergebnisse abzuwarten. „Ich wage keine Prognose, in welche Richtung es letztendlich geht“, so Bante. Er selbst plädiert dafür, in die Koalitionsverhandlungen einzutreten. „Erst wenn der Koalitionsvertrag vorliegt, kann man eine Beurteilung abgeben und eine endgültige Entscheidung treffen“, betont der SPDKreisvorsitzende. Dass sich die Jusos noch vor den Verhandlungen gegen eine Große Koalition aussprechen, hält er für falsch. „Die Forderung zu stellen ist okay, aber wir stehen in der Verantwortung für dieses Land, und die sollten wir auch übernehmen“, so Bante.
Man habe aber auch noch eine andere gesellschaftliche Verantwortung, kontert Wolfgang Holzhauser, der im Vorstand der Jusos AichachFriedberg aktiv ist. Denn sollte die SPD in die Regierung eintreten, dann wäre die AfD im Bundestag Oppositionsführer: „Und wollen wir einer in Teilen rechtsradikalen Partei wirklich das Sprachrohr der Opposition überlassen?“, fragt der Aichacher. Holzhauser wertet das Ergebnis der Sondierungsgespräche als Misserfolg für die SPD: „Es ist ja mal die Mindestforderung der Bürgerversicherung übrig geblieben.“Auch im Bereich Migration und Flucht sei man zu stark von der eigenen Linie abgekommen. Ein „Weiter so“in einer möglichen Großen Koalition kommt für ihn deshalb nicht infrage. Besser gefiele ihm eine Minderheitsregierung etwa nach schwedischem Vorbild. Eine Politik, die sich stärker an Themen orientiert und nicht so sehr die Parteien in den Vordergrund stellt, so Holzhauser.
Auch Merings Bürgermeister Hans-Dieter Kandler von der SPD ist alles andere als zufrieden mit den bisherigen Ergebnissen. Ihm gefalle es nicht, dass die SPD mit denselben Protagonisten wie bisher weiterwurschteln soll. Es sei eine Unverschämtheit, wie manche Mitglieder der Union mit der SPD umgehen. „Wenn man miteinander regieren will, verhält man sich nicht so“, betont Kandler. Die Union müsse zu einem sachlichen Ton zurückfinden. Die SPD habe immer bewiesen, dass sie eine staatstragende Partei ist und ihrer Verantwortung nachkommt. „Das werden wir aller Wahrscheinlichkeit auch diesmal tun und notgedrungen eine Koalition bilden, aber begeistert bin ich nicht davon“, erklärt Kandler. Die Bildung einer Großen Koalition grundlegend abzulehnen, hält auch er für schwierig. Man könne nur dann Politik machen, wenn man die Wahl gewinnt. Wenn dem nicht so sei, müsse man eben Kompromisse eingehen.
Dem kann sich Kissings Bürgermeister Manfred Wolf von der SPD nur anschließen. „Ein Kompromiss ist immer grausam, aber letztendlich braucht Deutschland eine vernünftige Regierung“, so Wolf. Es führe kein Weg daran vorbei, dass die SPD in Koalition mit der Union diese Verantwortung übernehme. Der Forderung der Jusos stellt er entgegen: „Ich weiß nicht, wie viel Erfahnicht rung sie mit Realpolitik haben, aber Nein-Sager haben die Welt noch nie weitergebracht.“
Für Kompromisse spricht sich auch die Aindlinger Gemeinderätin Helga Holland aus. Grundsätzlich hält sie als SPD-Mitglied eine Einigung über eine mögliche neue Große Koalition schon für möglich. Allerdings ist sie „sauer“und „sehr, sehr verärgert“darüber, dass der CSUPolitiker Alexander Dobrindt von einem „Zwergenaufstand“in der SPD gesprochen hat. In ihren Augen ist die demokratische Auseinandersetzung an der SPD-Basis enorm wichtig. „Die Jusos verdienen ganz viel Respekt“, so Holland. Ein paar Jahre in der Opposition würden der SPD nicht schaden, glaubt Holland. „Auch aus dieser Rolle heraus kann man Dinge vorantreiben.“Als einzige Vertreterin der SPD im Aindlinger Marktgemeinderat könne sie das aus eigener Erfahrung bestätigen.