Aichacher Nachrichten

Der Unverfrore­ne

Sport Einmal im Jahr springen Eisschwimm­er beim Donauschwi­mmen in Neuburg vor großem Publikum ins Wasser. Anton Weggler aus Neuschwetz­ingen bei Karlshuld macht das jeden Tag – und zwar seit 25 Jahren sommers wie winters

- VON CLAUDIA STEGMANN

Weichering/Karlshuld Es war im Winter 1993, als Anton Weggler krank im Bett lag. Ein grippaler Infekt hatte ihn erwischt und sein Immunsyste­m war nicht stark genug, sich dagegen zu wehren. Die Folge: Husten, Schnupfen, Gliedersch­merzen – das Übliche eben. Nun ist so eine Erkältung nichts, das einen unruhig werden lassen müsste. Doch Anton Weggler dachte sich: Das war das letzte Mal! Ab jetzt wird das Immunsyste­m abgehärtet!

So kam es, dass der Karlshulde­r mit einem Training begann, das er bis zum heutigen Tag eisern durchzieht. Er zog nicht mehr nur im Sommer seine Bahnen im Weichering­er See, sondern verlängert­e die Badesaison bis in den Oktober und November hinein. „Irgendwann hab’ ich gemerkt, dass sich der Körper daran gewöhnt“, erinnert er sich. Und an diesem Punkt dachte er sich: Warum nur im Sommer schwimmen und nicht das ganze Jahr?

Seitdem fährt er jeden Tag an den Weichering­er See zum Schwimmen – sommers wie winters, von Januar bis Dezember, seit 1993. Ausreden gibt es keine, „außer ich bin im Urlaub“, schränkt er ein. Und selbst da hat er immer eine Badehose im Gepäck: „Wenn ich in den Bergen bin und an einem Bergsee vorbei komm’, dann spring ich rein.“Zu Hause überlässt er sein Vorhaben allerdings nicht dem Zufall: Jeden Tag fährt er von Neuschwetz­ingen die zwei Kilometer zum Weichering­er Weiher – egal, ob es regnet, schneit oder stürmt. Die meiste Zeit steigt er dafür aufs Rad; nur wenn es wirklich Hundswette­r hat, nimmt er das Auto.

Wegen des bisschen Nieselrege­ns holt Anton Weggler an diesem Tag allerdings nicht sein Auto aus der Garage. Es hängen graue Wolken am Himmel und der Wind pfeift kalt über den See. Drei Grad hat es heute, das Wasser ist gerade mal ein Grad wärmer, weiß Weggler, denn erst vor wenigen Tagen hat er die Temperatur gemessen. Am Ufer des kleinen Weihers stellt er sein Rad ab und breitet eine Decke aus. Der drahtige 63-Jährige legt sein Handtuch griffberei­t und zieht Schuhe, Socken und ein Kleidungss­tück nach dem anderen aus.

Dann geht er mit einer Entschloss­enheit los, die kein Zaudern zulässt: In einem Rutsch taucht er Zentimeter um Zentimeter in das klirrend kalte Wasser ein und taucht schließlic­h für einen kurzen Moment ganz unter. „Da darf man nicht lange warten, sonst wird es nur noch schlimmer“, sagt er. Nach so vielen Jahren ist Anton Weggler nicht mehr zimperlich. Doch „wenn ich schon nass am See ankomm’ und es mir den Schneerege­n im Wasser ins Gesicht treibt, dann ist es nicht so angenehm“.

Wenn das Wasser so kalt wie jetzt ist, hält sich der Rentner, der früher als Logistiker bei Audi gearbeitet hat, sicherheit­shalber in der Nähe des Ufers auf – „für den Fall, dass ich vielleicht doch mal Kreislaufp­robleme oder einen Krampf bekommen sollte“, erklärt er. Bislang sei das zwar noch nie vorgekomme­n, aber man könne ja nicht wissen. Weggler ist außerhalb der Badesaison in aller Regel allein beim Schwimmen und an Tagen wie diesen verirren sich nur wenige Spaziergän­ger in das Naherholun­gsgebiet.

Etwa 150 bis 200 Meter schwimmt Weggler entlang des Ufers auf dem Rücken. Dann kehrt er um und krault zurück. Zwei, drei Minuten dauert sein Abhärtetra­ining, bevor er wieder aus dem Wasser steigt.

„Das fühlt sich jetzt an wie 20 Grad“, sagt er, während er sich auf seiner Decke abtrocknet. Das hat folgenden Grund: Der Körper reagiert auf Kälte mit einer Verengung der Gefäße. Um sich zu erwärmen, weitet er diese aber wieder. Die Folge: Haut und Schleimhäu­te werden verstärkt durchblute­t. Und das wiederum führt dazu, dass Viren auf feuchten, gut durchblute­ten Schleimhäu­ten, wie etwa im NasenRache­n-Raum, schlechter andocken können. Mit anderen Worten: Man wird seltener krank.

Bei Anton Weggler zeigte das Training seine Wirkung. Als er 1993 mit seinem ganzjährig­en Schwimmtra­ining begann, war er in den folgenden 24 Jahren kein einziges Mal mehr krank. Erst vergangene­s Jahr verhagelte ihn der harte Winter die Bilanz: Das Thermomete­r fiel so tief, dass der Weichering­er See zugefroren war. Sieben Wochen lang musste der Karlshulde­r zwangspaus­ieren – und genau in dieser Zeit erwischte ihn prompt eine Erkältung.

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Fotos: Claudia Stegmann Das Bad im Weichering­er See ist für Anton Weggler seit 25 Jahren tägliche Routine. Von Januar bis Dezember schwimmt er dort seine Bahnen mit dem Ergebnis, dass er sich bester Gesundheit erfreut.
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Jetzt im Winter ist er dort völlig allein – von dem ein oder anderen Eisschwimm­er abgesehen, der sich fürs Donauschwi­m men vorbereite­t.
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Im gerade mal vier Grad kalten Wasser schwimmt er etwa zwei, drei Minuten lang.
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Mit dem Rad fährt Anton Weggler von Neuschwetz­ingen an den See.

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