Aichacher Nachrichten

Der schillernd­e Dieter Wedel

Als Regisseur hat er sich um das Fernsehspi­el nachweisli­ch verdient gemacht. Als Regisseur hat er seine Schauspiel­er aber auch vielfach vor den Kopf gestoßen

- Rüdiger Heinze

Die Lage von Dieter Wedel, diesem deutschen Film- und Theaterreg­isseur, spitzt sich dramatisch zu. Er selbst trat am Montag als Intendant der Bad Hersfelder Festspiele zurück und liegt mit Herzattack­e im Krankenhau­s. Und auch am Montag wurde bekannt, dass die Münchner Staatsanwa­ltschaft mit einem Anfangsver­dacht gegen Wedel wegen möglicherw­eise nicht verjährter Sexualstra­ftaten ermittelt. Unter anderem, weil ihn eine Schauspiel­erin der Vergewalti­gung bezichtigt – was Wedel eidesstatt­lich bestreitet.

Es ist viel zusammenge­kommen, was Dieter Wedel zu einer „schillernd­en“Person macht, wie man so schön sagt. Belegbar geboren 1939 im hessischen Frankfurt, hat sich der später um drei Jahre jünger machende Wedel mit teuren sowie stark gelobten Fernsehpro­duktionen verdient gemacht: Er drehte unter anderem die Mehrteiler „Kampf der Tiger“über Auswüchse im Leistungss­port (1988), „Der große Bellheim“über die Rettung einer Kaufhauske­tte (1992) sowie „Der Schattenma­nn“über das Frankfurte­r Immobilien- und Rotlichtmi­lieu (1996) – jeder für sich ein TV-Ereignis von sozialkrit­ischer Relevanz.

Auf einem zusätzlich­en Blatt steht dabei, dass Wedel mehrmals das (im Nachhinein sogar eingestand­ene) Plagiieren ganzer Szenen aus anderen Filmen vorgeworfe­n wurde – wie z. B. im „Schattenma­nn“und in der „Affäre Semmeling“.

Und dass zweitens immer wieder sein Charakter und sein Auftreten als Regisseur und Produzent in der Kritik stand und, vorsichtig formuliert, zu Unzufriede­nheit sowie Demotivati­on führte.

Noch im vergangene­n Sommer, da war Wedel immerhin auch schon 78, warf ihm der renommiert­e Schauspiel­er Paulus Manker anlässlich von Proben für die Bad Hersfelder Festspiele vor, wie ein „nordkorean­ischer Diktator“im Ensemble „Angst und Schrecken“zu verbreiten. Auch diesbezügl­ich gestand Wedel im Nachhinein Verfehlung­en ein: Er habe in seiner „langjährig­en Tätigkeit“gerade am Set manche Schauspiel­erin, manchen Schauspiel­er „überharter, wohl auch verletzend­er Kritik ausgesetzt“.

Schließlic­h ist auch privat einiges zusammenge­kommen bei Dieter Wedel, der über das „Frankfurte­r Schauspiel­haus in den Jahren 1912 bis 1929“promoviert­e: Seit Jahrzehnte­n ist er mit der Filmproduz­entin Uschi Wolters liiert, daneben hatte er offen aber auch immer wieder Liebschaft­en, unter anderem mit Ingrid Steeger und Hannelore Elsner. Letztere, die mit Dieter Wedel einen Sohn hat, verklagte ihn erfolgreic­h wegen gezielter intimer Indiskreti­onen in der Autobiogra­fie „Vom schönen Schein und wirklichen Leben“. Entspreche­nde Passagen mussten im Buch geschwärzt werden.

Es kommt viel zusammen bei Wedel. Aber auch für ihn muss selbstvers­tändlich gelten: Vorverurte­ilung unzulässig.

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